Unsere Autorin hat diese Woche viel vor in der bunten Kulturszene Münchens. Sie besucht Veranstaltungen von Blues in der Glockenbachwerkstatt bis elektronischer Musik in der Kunsthalle
Von Sophie Kobel
Zwei Packungen Spekulatius und eine Flasche Glühwein. Das legt das Mädchen mit den langen blonden Locken vor mir auf das Kassenband als ich an diesem Freitagmorgen meinen Joghurt- und Weißweinvorrat für das kommende Wochenende in meinen Rucksack staple. Ich dagegen bin noch kein bisschen in Weihnachtsstimmung und packe demonstrativ noch ein Bounty ein für mein Fast-Noch-Spätsommer-Wochende.
Denn im Import Export wird auch Ende Oktober ganz selbstverständlich noch draußen auf den Holzbänken gesessen. Drinnen geht es, wie immer, bunt zu. Heute sind Beats aus dem Balkan angesagt! Die beiden Bands „Pnema“ und „Monsieur Doumani“ teilen sich den ersten Teil des Abends, zweitere hat sich laut eigener Aussage „auf Rauchen, Grappa trinken und Musik aus Zypern spezialisiert“. Anschließend geht es weiter mit „Mahala Disko“. Das Motto des Abends ist Gastfreundschaft und getanzt wird „from Kingston to Bukarest“, wie es auf der Website heißt. Genre-Grenzen gibt es hier nicht.
Der Samstag wird voll. Beim „DIGITALANALOG“-Festival im Gasteig geht es heute bis 4.00 Uhr und nicht wie am Vortag nur bis 1.00 Uhr, könnte also auch einen Absacker wert sein. Außerdem steigt im Rathaus für alle seit kurzem oder auch schon länger volljährigen Münchner die „18.jetzt“ Party im Rathaus. Aber man muss ja Prioritäten setzen, und für mich geht es heute auf ein Event, dass ich mir im Kalender mit orangenem Marker eingekreist habe: Das „Rage4Water“ im Feierwerk ist ein Benfizkonzert, das von dem gemeinnützigen Verein „Viva con Agua“ verantaltet wird. LESTER, IQ Zero und HEATHCLIFF machen den Abend zu einem Mix aus Heavy Pop, den 90er Jahren und Skatepunk mit einer Prise Reaggae. Sämtliche Erlöse des Abends fließen in die WASH-Projekte von Viva con Agua, mit dem langfristigen Ziel, Menschen weltweit Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ermöglichen.
Der Sonntag wird klassisch ruhig. Ob man das Haus heute wirklich noch verlassen soll? Ohja, denn nach zehnminütigem googeln werde ich fündig und stehe um kurz vor fünf Uhr unter den gelben Leuchtbuchstaben des City-Atelier Kinos in der Sonnenstraße. Denn heute ist der letzte Tag des Queer Film Festivals in München. „Portrait einer jungen Frau in Flammen“ spielt Ende des 18. Jahrhunderts an der Küste der Bretagne. Was will man mehr an einem Sonntagabend?
Seit Januar 2008 gibt es jeden dritten Montag im Monat den „Maj-musical Monday“ in der Glockenbachwerkstatt. Muss ja was dran sein.
Am Dienstag habe ich Lust auf einen späten Nachmittag im Museum. Ich entscheide mich für die neue Wechselausstellung im NS Dokuzentrum: „Die Stadt ohne. Juden Ausländer Muslime Flüchtlinge“. Dort kann man aktuelle Zitate von Politikern der Partei zuordnen – ich werde teilweise heftig überrascht. Wenn man allerdings richtig ratet, ertönt die Deutschlandhymne.
Weils so schön war und generell einer meiner Lieblingsorte in München ist, sitze ich am Mittwoch einfach wieder in der Glockenbachwerkstatt. Dieses Mal beim Fish and Blues. Ein Träumchen.
Nach diesen entspannten Herbst-Abenden kann es jetzt wieder ein wenig lauter werden. „Re-Act!“ Harry Klein goes Kunsthalle steht also am Donnerstag auf meinem Programm. „In einem neuen Licht. Kanada und der Impressionismus“ heißt die aktuelle Ausstellung der Kunsthalle München, die sich wieder einmal den Münchner Club ins Haus holt. Kunst neu erlebbar zu machen, ist die schöne Idee hinter dem Konzept. Mit Erfolg.
Den Freitagabend habe ich noch nicht verplant. Vielleicht mal in Münchens Hotspot, der gerade eröffneten „Amore Bar“ auf ein Bierchen vorbeischauen. Falls es nicht zu voll wird. Davor schaue ich endlich mal wieder beim Klimastreik vorbei und hole mir mein Mittagessen auf die Hand. Und, weil es ja für mich Fast-Noch-Spätsommer ist könnte man eigentlich auch auf den Flohmarkt im Olympiapark gehen bevor bald wieder jeder Feierabend am Freitag vor dem Glühweinstand verbracht wird.