László Breiding kann sich so über München aufregen, dass die Zuschauer an den Kammerspielen jubeln. Und doch gefällt dem erfolgreichen Falckenberg-Schüler die Stadt an der Isar – gerade wegen ihrer zwei Seiten.
Es ist idyllisch hier, in dieser grünen Oase mitten in der Stadt. László Branko Breiding liegt am Schwabinger Bach. Der 22-Jährige genießt die Sonne und die Ruhe im Englischen Garten. Die Ruhe vor dem Sturm.
Er wird gleich brodeln und zwar vor Zorn. Ein Zorn, den diese Stadt in ihm geweckt hat. Während er so von diesem Tag erzählt, rötet sich sein Kopf leicht, seine grünen Augen weiten sich. Er gestikuliert wild, berichtet von unfreundlichen Menschen, nervigen Segway-Gruppen in der Münchner Innenstadt, die den Heimweg blockieren und dem protzigen Reichtum zwischen Bayerischer Hof und den Kammerspielen. „Und dann diese Junggesellenabschiede. Auf dem T-Shirt stand: Ralf heiratet. Ich bin nur zum Saufen hier!“ Am Ende seines Zornausbruchs applaudiert das Publikum in der Kammer 3 der Kammerspiele. An einigen Stellen wurde gelacht, die Zuschauer konnten sich in der Wut des Nachwuchsschauspielers wiedererkennen.
Aber ist hier denn wirklich alles so furchtbar? „Für die Geschichte war das natürlich alles sehr überspitzt dargestellt. Man regt sich ja manchmal über Dinge auf, die total lächerlich sind“, sagt der Schauspielstudent aus dem dritten Jahrgang der Otto-Falckenberg-Schule, der in Karlsruhe aufgewachsen ist. Für Zorn – ein Lieder- und Geschichtenabend – hatten die Studenten unter Leitung von Georgette Dee die Aufgabe, sich mit dem Thema Zorn in gesanglicher und erzählerischer Form auseinanderzusetzen. Die Texte der Monologe schrieben sie selbst.
„Ich lag tatsächlich im Englischen Garten und habe mich gefragt, was Zorn eigentlich für mich ist“, erzählt László. So sei dann die Idee zu seiner Geschichte entstanden: ein Tag in München mit Menschen, die nicht Danke sagen, und alltäglichen Momenten, die vielen Bewohnern dieser Stadt bekannt sind und den Erlebenden immer mehr zur Weißglut treiben. Das alles wirkt lustig und zugleich tragisch: „Es ist eine Komik, bei der einem das Lachen im Hals stecken bleibt“, sagt der Schauspieler. Trotz aller Wut in seiner Geschichte ist er aber zufrieden damit, in München zu studieren: „Die Stadt an sich finde ich total toll. Ich bin froh hier zu sein, es gibt ein breit gefächertes Freizeitangebot.“ Bei der Wohnungssuche hatte László ein Glück, das sich manch anderer verzweifelt erhofft: „Von vier WGs hatte ich am Ende drei Zusagen“, sagt er. Der Münchner Wohnwahnsinn blieb dem 22-Jährigen also erspart. Immerhin, ein bisschen weniger Zorn.
Aus Schauspielersicht schätzt er die Vielfalt der Theaterlandschaft in München. An den Kammerspielen und auch am Residenztheater stand er selbst schon auf der Bühne. Seine erste größere Rolle ist aktuell die des Roller in „Die Räuber“ am Residenztheater.
Den Wunsch, Schauspieler zu werden, hatte er schon in der Schule. Erst spielte er am Schultheater mit, ging dann in den Jugendclub des Badischen Staatstheaters Karlsruhe und wirkte bei verschiedenen Projekten an der Seite professioneller Schauspieler mit. Noch vor dem Abi sprach er an Schauspielschulen vor. Doch er erhielt nur Absagen. Er solle noch ein bisschen warten, er sei zu jung, hieß es. Also hospitierte er am Theater in Karlsruhe und lernte den Theaterbetrieb auch hinter der Bühne kennen.
Nach zwei Jahren klappte es dann: László bekam gleich zwei Zusagen – von der Theaterakademie August Everding und von der Otto-Falckenberg-Schule. Er entschied sich für Letztere. „Das war eine reine Gefühlsentscheidung, die hat sich irgendwie richtig angefühlt.“ Im Sommer 2014, noch vor Studienbeginn in München, stand er vor der Kamera. Für die französische Kinofilmproduktion „En mai, fais ce qu’il te plaît“ (Regie: Christian Carion) mit Filmmusik von Ennio Morricone. In dem Drama geht es um den Vormarsch der deutschen Truppen in Frankreich während des weiten Weltkriegs. Hier durfte der junge Mann mit den goldblonden Locken an der Seite von Thomas Schmauser drehen – und trifft diesen in München an den Kammerspielen wieder. Derzeit arbeiten die beiden wieder zusammen.
László könnte sich vorstellen, auch nach dem Studium weiterhin in München zu bleiben. Aber trotz netter Kollegen, toller Theaterlandschaft und Freizeitangeboten für junge Menschen gibt es eben auch ein paar uncoole Seiten an der Stadt, mal abgesehen von den verheerenden Mietpreisen. München hat wohl einfach zwei Gesichter: „Manchmal fehlt mir in München so ein bisschen das Runtergerockte, der Schmutz, das nicht so Perfekte“, sagt er. Es sei ihm eben ab und zu doch alles zu brav und ordentlich. „Es gibt aber andererseits ja doch auch diese für München vielleicht eher untypischen Ecken, wie zum Beispiel in der Gegend um den Leonrodplatz“, fügt er hinzu. Oder das Container Collective am Ostbahnhof. Dort wird László Breiding im Rahmen der Veranstaltung „München, was ich dir schon immer sagen wollte“ am Donnerstag, 27. Juli, seine zornige Geschichte noch einmal vor dem Publikum präsentieren.
Text: Ornella Cosenza
Foto:
Florian Peljak