Band der Woche: Liz and the fire

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Mit Kanten und Brüchen – Liz and the fire machen Wüstenrock, rau und uneben. Gerade für die Sängerin Elizaveta Porodina ein markanter Kontrast zu ihrem eigentlichen Beruf als (Mode-)Fotografin. Im September hat die Band ihre erste gemeinsame EP veröffentlich. Es dreht sich um alltägliche Abgründe und Wiederauferstehung.

Eine Turnerin mit einem Gesicht wie auf einem Gemälde Rembrandts. Oder altmodische Frisuren und seltsame Klamotten vor dem Hintergrund beeindruckender Natur. Das sind Bilder von schwerem Pathos und starkem Aussagewillen. Elizaveta Porodina ist Fotografin, macht Kunstserien und inszeniert Modestrecken für bekannte Magazine wie Elle oder Vogue. Auf diesen Bildern trifft die Mitte-Zwanzigjährige einen Ausdruck, den viele Modefirmen gerade suchen: ein seltsames Gemisch aus Ernsthaftigkeit, Bedeutungsschwere und leichter Sexyness. Aber eigentlich schießt Elizaveta ein wenig über diese Grenzen hinaus. Als musikalisches Pendant dazu fällt vielleicht als erstes Rammstein ein, die in einer ganz ähnlichen Art einen hyperkünstlichen Realismus zur Gänze ausformulieren. Doch nun hat Elizaveta selbst eine Band gegründet und mit ihrer Musik hat ihr eigensinniges Kunstgespür einen völlig anderen Ausdruck gefunden. Denn im rauen Rock-Gewand zeigt Elizaveta nun all die Brüchigkeit und Unebenheit des menschlichen Daseins, die sie auf ihren Fotos so gut zu kaschieren und in hyperrealistische Märchenwelten umzumünzen weiß.

Mit vier Jungs zusammen macht sie als Liz and the fire Wüstenrock. Aber nicht dessen durchinszenierte Spielart, die, spätestens seit Tarantino-Filmposter in jeder WG-Küche hängen, wieder angesagt ist. Die Musik von Elizaveta und ihrer Band ist karg, altmodisch und etwas spröde. Elizavetas Stimme ist dunkel, breit und emotional höchst in das Wah-Wah-Gitarrenspiel ihres Gitarristen Qi Li involviert. Allein ein Wah-Wah, dieses Effektgerät, das den stehenden Gitarrenton seltsam quäken lässt, hat man seit Ende der Achtzigerjahre nicht mehr derart exzessiv benutzt gehört. Doch seit 2014 pustet die Band, die in unterschiedlichen Konstellationen schon seit etwa zehn Jahren zusammen spielt, das wieder in die Clubs. Die vier Musiker in klassischer Rockbesetzung seien zuvor auf der Suche nach neuen Einflüssen gewesen, lassen sie wissen, und dabei der Fotografin Elizaveta begegnet. Und hätten entdeckt, dass diese – abseits der tiefen Singstimme – auch ein gewisses Faible für Abgründe habe und „leidenschaftlich gerne Songs über in uns loderndes Feuer, die ganz alltäglichen Abgründe und Wiederauferstehung“ schreibt. Nach einer ersten Session seien sie sich einig gewesen und hätten begonnen, an der ersten EP zu arbeiten, die sie im September 2015 veröffentlicht haben. Darauf schwere Titel wie „Phoenix“, „Harvest“, „Green Eyed Devil“ oder „Masters“ – man merkt: Hier meinen es fünf Musiker richtig ernst, wenn Elizaveta etwa in „Desert Shadows“ über vier Minuten hinweg zu dem finalen Satz gelangt: „In the desert time stands still.“

Das ist bisweilen etwas langatmig, schafft es gleichzeitig aber auch, den wunderbaren Gegensatz zu vermitteln, von dem jeder gut gemachte Wüstenrock lebt: Rebellion und gleichzeitiges Phlegma, Aufstand im Inneren, während der Körper in der trockenen Hitze seltsam gelähmt bleibt. Elizaveta schöpft dafür aus eigenen Erfahrungen. Immerhin jettet sie als Fotografin tatsächlich bisweilen in die Wüste – gerade hat sie dort ihre Serie „California Love Trip“ geschossen: „Die Fotoserien und die Lieder sind oft unzertrennlich miteinander verknüpft und voneinander geprägt“, erklärt sie. Doch während auf den Fotos eben in grellen Farben der menschliche Körper zelebriert ist, fungiert die Musik eher als dunkler Schatten dazu, der so ein wenig grotesk darauf hinweist, dass eben nicht immer alles so glatt ist wie auf der Oberfläche ihrer Fotos. Dazu passt auch die seltsame Ästhetik, die sich Liz and the Fire zur Präsentation ihrer Band ausgesucht haben: Im Wolpertinger-Prinzip wurden für das Cover-Artwork der EP die Gesichter der fünf Bandmitglieder collagiert. Aber nicht im futuristischen Morphing-Prinzip, damit die Unterschiede verschmelzen würden, sondern die Kanten und Brüche bleiben sichtbar. 

Stil: Rock

Besetzung: Liz aka Elizaveta Porodina (Gesang), Qi Li (Gitarre),

Wolfgang Siegmund (Gitarre), Josef Beyer (Bass), Fabian Schüssel (Schlagzeug)

Aus: München

Seit: 2014

Internet: lizandthefire.bandcamp.com

Von Rita Argauer
Foto: Milena Wojhan