Zeichen der Freundschaft: Mittwoch

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Man sagt, Männerfreundschaften funktionieren anders, als Frauenfreundschaften. Bei Matthias und Philippe reichen auf jeden Fall wenige Worte, ein festes Ritual und ein paar kleine oder große Biere. Eine weitere Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Wir schlendern durch die Stadt, am Maximilianeum vorbei,
längs der Isar. Dann Muffathalle, Gasteig, stadteinwärts. Die gleiche Route mit
allen, die mich in München besuchen. Aus einer fernen Stadt an einem fernen See
ist es diesmal Philippe. Die Kälte mag keiner von uns beiden. Nach dem
Deutschen Museum geht es Richtung Ludwigsbrücke. Auf dem Weg kommen wir am
Lichtspiele vorbei, meinem Lieblingskino. „Sollen wir?“, fragt Philippe.
„Nein“. Das klingt kalt, unhöflich. „Warum?“ – „Ist nicht Mittwoch“. Wir gehen
weiter.

Der Studienbeginn bringt für die meisten jungen Menschen
große Umstellungen mit sich. Ich hab im ersten Semester zum ersten Mal allein
gewohnt, zumindest nicht mehr im Hotel Mama. Die Uni kann Angst machen, vor
allem, weil einem nicht alles auf einem Tablett serviert wird. Und man wird in
ein neues soziales Umfeld geworfen – da vermisst man die alten Routinen schon
gerne. Jeder hat sie, die festen Termine. Momente, die mit den gleichen Leuten
immer wieder funktionieren.

Ein solcher Moment war für Philippe und mich der
Mittwochabend. Knapp zwei Jahre lang wanderten wir in regelmäßiger
Regelmäßigkeit zur Mitte der Woche ins Kino, zwei Tickets zum Preis von einem.
Jedes Mal im Utopia Kino, mitten in Luxemburg-Stadt, unserer alten gemeinsamen
Heimat. Dabei war das eigentlich nicht so geplant – eigentlich wollten wir nur
ganz normal ins Kino, mit allen, wie das in einem Freundeskreis so ist. Ich erinnere
mich nicht mehr ganz, welchen Film wir uns anschauen wollten. „Ich auch nicht“,
murmelt Philippe, als wir uns vor kurzem wieder gemeinsam daran erinnert haben,
„ich weiß nur, dass keiner außer uns den Film sehen wollte!“ Wir lachen. So war
das, und so wurde das dann eine Tradition. Fast jeden Mittwoch, kleines Kino,
kleine Filme, danach ein kleines Bier, oder zwei.

Mittlerweile studieren wir beide seit mehr als dreieinhalb
Jahren, etwa 500 Kilometer voneinander entfernt, ich hier, er in Lausanne. Wir
sehen uns an Weihnachten, in den Semesterferien – und wenn Philippe nach
München kommt. Das macht er gerne. Mittwoch gehen wir dann ins Kino. Nicht aus
Nostalgie, nicht gezwungen. Es ist halt einfach so. Mittwochabend, kleines
Kino, kleiner Film. Nur das Bier ist in München größer als in der Heimat, auch
das zweite, aber das stört uns nicht. 

Foto: Yunus Hutterer

Von: Matthias Kirsch