Die SZ Junge Leute Playlist des Jahres 2017

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Das
Jahr 2017 macht seine letzten Atemzüge und wieder hat es ein ganzes Bataillon
von unvorhergesehenen Ereignissen gebracht. Konstanter war unsere Playlist, jeden
Monat haben wir Euch unsere aktuellen Lieblingslieder präsentiert, kurz und
knackig und auf Spotify zum Nachhören. So ist es nur konsequent, wenn heute
unsere Lieblingslieder des Jahres kommen, wie immer ein bunter Mix für alle
Geschmäcker!

Nick
Yume – Paper Love

Nick Yume fasziniert immer wieder mit authentischer
Pop-Musik, die durch seine Soul-Stimme, den sanft elektronischen Klängen und
den Lyrics, die zum Teil aus seinen Träumen stammen, überzeugt. Mein absoluter
Favorit in diesem Jahr ist Nicks EP “Paper Love”!

Laura-Marie
Schurer

Mumford
and Sons – Winter Winds

Winterliche Gemütlichkeit gemischt mit tiefgründigem
Text und folkiger Musik – dafür steht für mich dieser Song. Die Mandoline
treibt den Song voran, die warmen Töne des Akkordeons geben ihm etwas
Gemütliches. Wenn es draußen kalt ist, die „Winter Winds“ draußen den Schnee
durcheinanderwirbeln, und man mit einer Tasse heißem Tee im Warmen sitzt, passt
dieses Lied einfach perfekt. Viele Songs waren für mich in diesem Jahr wichtig,
den einen Song des Jahres zu finden, ist eine echt schwere Aufgabe. Aber dieser
hier passt einfach perfekt zu dieser Jahreszeit. Deshalb ist „Winter Winds“ für
jetzt mein Song des Jahres.

Stephanie
Albinger

Marteria
– El Presidente

„Werd’ doch einfach Präsident / Du hast dafür genug
Talent.“ 2017 wurde leider bewiesen, dass scheinbar jeder Präsident werden
kann, egal wie frauenverachtend, rassistisch, größenwahnsinnig, ungebildet und
undiplomatisch man sein mag. Marteria bringt das in „El Presidente“ auf den
Punkt – und davon abgesehen auch mit seiner Roswell-Tournee wieder
Hunderttausendende Marteria-Girls (und Boys) zum Durchdrehen: Mein
Konzerthighlight dieses Jahr war im Dezember, als Marteria nach einer
Wahnsinns-Show mit alten und neuen Songs sowie Marsimoto-Einlagen noch eine
megafette Zugabe gab – und den Zenith komplett zerstörte. Der Typ ist für mich
definitiv „El Presidente“ des deutschen Rap.

Anna-Elena
Knerich

Casper
feat. Drangsal – Keine Angst

Für mich war 2017 irgendwie ein ambivalentes Jahr.
Viele schöne, viele herausragende Erlebnisse, aber auch viel mit dem man zu
kämpfen hatte. Und eigentlich belächle ich ja immer die Leute, die Kraft aus Paulo-Coelho-Gedächtnis-Kalenderspruch-Liedern
ziehen. Aber gerade in diesem turbulenten Jahr, war es mal gut, dass jemand „Keine
Angst“ gesagt hat. Und keiner hat das schon getan, wie Casper und Drangsal.
Bleibt am besten gleich das Motto für 2018.

Philipp
Kreiter

 

Joelistics
– Last night

Diesen einen, persönlichen Soundtrack 2017 gibt es
dieses Jahr irgendwie nicht. Zu viele verschiedene Episoden und Stationen, zu
viel unterschiedliche Gefühle und Stimmungen, das nicht einmal der beste Song
der Welt sie alle in sich vereinen könnte. Aber was immer geht: Joelistics. Und
„All i need to get me through is sunlight, coffee and a picture of you“ ist
wohl auch eine Zeile, die irgendwie immer passen wird. Sei es an Neujahr oder
jedem x-beliebigen anderen Tag. Denn vergesst eines nicht: Silvester wird nicht
die beste Nacht des Jahres, weil schon jeder Tag der beste Tag eures Lebens
ist.

Jacqueline
Lang

 

Fishbach
– Un autre que moi

Mein Song des Jahres war auch schon mein Beitrag in
dieser Playlist im Juni. Sechs Monate später ist “Un autre que moi”
immer noch so wuchtig, macht so süchtig. Großartig.

Matthias
Kirsch

Pond
– Waiting around for Grace

Gegründet unter anderem von zwei Mitgliedern von
Tame Impala, ist Pond mehr Kollektiv als Band mit fester Besetzung. Auch sonst
geht es den Musikern aus Perth mehr um ihren Sound, als um Regeln. Eine
Strategie, die sich auszahlt: Sie waren unter anderem schon Vorband für die
Arctic Monkeys. „Waiting around for Grace“ ist zwar schon zwei Jahre alt, aber
trotzdem immer noch ein Ohrwurm.

Marina
Sprenger

 

Ben
Howard – Keep your head up

Das Lied 2017, um im Regen  zu tanzen, unter Tränen zu lachen, sich in
der Bib nach einem langen Tag umzuschauen, mit dem Kopf  mitzuwippen und sich langsam durch die Ohren
wieder Leben einhauchen zu lassen, mit dem Fahrrad durch die lichtererleuchtete
Nacht zu rauschen, zu lächeln, wenn die Melodie wie 1000 kleine Ameisen durch
den ganze Körper kribbelt und mit unbedinger Lebendigkeit erfüllt.

Anne
Gerstenberg

 

The
Chainsmokers & Coldplay – Something Just Like This

Es ist bestimmt kein Zufall gewesen, dass das Lied
einen Tag vor meinem Geburtstag veröffentlicht wurde. Ein verfrühtes
Geburtstagsgeschenk – nur für mich. Seitdem ist es nämlich mein Lieblingslied.
Egal, ob ich traurig bin und Aufmunterung brauche oder ob ich gerade in Glück
bade, das Lied macht mich happy. Außerdem spricht der Song jedem aus dem
Herzen. Wer braucht denn nicht ein bisschen Liebe?

Lena
Schnelle

 

Bruno
Mars – 24k Magic

Zugegeben, dieses Mal war ich etwas langsam. Denn
Brunos “24k Magic” gab’s auch schon 2016. Doch entdeckt hab ich den
Song erst Anfang diesen Jahres. Warum? Ich war wohl etwas zögerlich, weil mir
die ersten beiden Platten des hawaiianischen Megastars nicht sonderlich
zugesagt haben. Ganz anders sein drittes Werk – Synth-Funk mit Vintage-Sounds,
gemischt mit modernster Produktionstechnik. Genau mein Ding. Dass es in jedem
Song des Albums um genau das Gleiche geht – Geld, Partys und Frauen – kann ich
dabei schon mal verzeihen. Deshalb jetzt “Players only – put your pinky
rings up to the moon” – die Magie der dicken Klunker ist mein “Song
des Jahres”.

Max
Mumme

 

Frank
Ocean – Biking (Solo)

Frank Ocean ist ein Musiker, der sich nur schwer
einordnen lässt. Sein letztes Album vereinte R&B, Rap, Folk-Rock,
elektronische Fahrstuhlmusik und Gospel, teilweise in ein und demselben Song.
Seine Texte bleiben meist rätselhaft, ich verstehe eigentlich nie, wovon genau
er singt. Musik, die so assoziativ ist, kann streckenweise anstrengend sein.
Manchmal aber klappt es ganz hervorragend mit der Entführung in Oceans
verschwommene Traumwelten. Biking (Solo) ist das beste Beispiel.

Wolfgang
Westermeier

Kentucky
Schreit – Paarungsversuch

Als Goethe und Schiller sich 1799 auf den
informellen Kodex “Lieber widerlich als wieder nicht” einigten,
hatten sie nicht bedacht welche Ausmaße diese Absprache annehmen würde. Die
Münchner Ska-Poppunk-Band KENTUCKY SCHREIT nahm sich diesem Thema an und
verarbeitete es unter Anbetracht des heutigen Zeitgeistes zu einer lebendigen
Kritik an der gelebten Flirtkultur – ein Muss vor jedem Clubbesuch.

Tobias
Weiskopf

Rolling Stones – Sympathy for the Devil

Als langjähriger Fan der Rolling Stones habe ich
mich riesig gefreut, als im Frühjahr ihr Konzert im Münchner Olympiastadion
angekündigt wurde. Bis dahin habe ich mir nämlich nicht verziehen, sie drei
Jahre zuvor in Wien nicht gesehen zu haben. Ein neues Album kam von den Stones
auch raus, doch nichts geht über einen Klassiker wie “Sympathy for the
Devil”, das mein Lieblingslied von ihnen ist und mit dem das fast
dreistündige und megacoole Konzert begann, das definitiven mein Highlight des
Jahres war. Daher ist das Lied mein Song des Jahres 2017.

Serafina
Ferizaj

 

Todeskommando
Atomsturm – Früher war da doch mal Hass

Die schönste Entdeckung beim Sound Of Munich Now,
ein paar Wochen später dann ein sensationelles Konzert im Sunny Red!

Michael
Bremmer

Die SZ Junge Leute Spotify  Playlist im November

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Sehr bald ist es soweit – die Adventszeit beginnt und ist mal wieder voll mit Helene-Fischer-Weihnachtsalben, mittelmäßigen Charity-Bands und natürlich „Last Christmas“. Musikalische Herausforderungen also soweit das Auge reicht und deshalb empfehlen wir diese Playlist!

Teleman

Düsseldorf

Es lebe Spotifys Mix der Woche, ist er doch Quelle an
Inspiration und serviert in regelmäßigen Abständen echte musikalische
Entdeckungen. Zuletzt für mich dabei: “Düsseldorf” von Teleman. Die
Band ist Spin-Off der britischen Indie-Band Pete and the Pirates und hat mit
“Düsseldorf” einen Song geschrieben, der mich sofort in eine
graue, melancholische Ruhr-Metropole katapultiert und damit atmosphärisch auch
an “Strasbourg” von The Rakes erinnert

– und ja, ich weiß, dass weder
Düsseldorf noch Straßburg im Ruhrpott
liegen. Jedenfalls ist der Sound von Teleman in diesem Fall so eingängig atmosphärisch und dabei subtiler melancholisch als
der von den Rakes, dass die catchy Gitarrenriffs um die
dringende Frage „Don’t you want to know why i left you there, all alone on the
carousel spinning away?” tänzeln können, so viel sie möchten – kaschieren können sie
sie am Ende nicht.

Yvonne Gross

Adam Barnes – Everything

„Everything“ – dieser Song des britischen Songwriters &
Performers Adam Barnes ist everything and more: Ein Indie-Folk-Song über das
Verliebtsein, die Liebe und die Hoffnung, dass alles gut wird und nichts an
Allem falsch ist. Sich Zeit nehmen, von etwas ganz Großem zu träumen.

Laura-Marie Schurer

Almost Charlie

When Venus Surrenders

Stell dir vor du sitzt im Bus, von Berlin nach München,
leicht verkatert und ziemlich müde, und dann lässt der Busfahrer in voller
Lautstärke einen anstrengengen Radiomoderator aus allen Lautsprechern plärren.
Der absolute Horror? Das geht auch anders: Nämlich wenn der Busfahrer einen
verdammt guten Musikgeschmack hat und statt Radio eine unbekannte kleine Band
namens Almost Charlie spielt. Wenn du verkatert erstmal dein Handy rausholst
und Shazam anmachst, nur um dann diesen einen Song in Dauerschleife zu hören,
dann sind sieben Stunden Busfahrt auf einmal gar nicht mehr so schlimm.
Weiterhin sei der Song “When Venus Surrenders” allen ans Herz gelegt,
die das aktuelle Wetter zwar scheiße, aber auch irgendwie geheimnisvoll finden,
die gerne träumen während sie durchs Fenster in den Schneeregen starren oder in
der Dusche über die wirklich wichtigen Fragen des Lebens nachdenken.

Marina Sprenger

Mighty Oaks – Storm

Machen wir es uns gemütlich. Mit einer großen heißen
Schokolade bewaffnet in eine flauschige Decke kuscheln. Während es draußen
immer dunkler und kälter wird und sich die ersten winterlichen Stürme bemerkbar
machen. Nicht nur namentlich passt da der neue melancholische Song “Storm“ von
den Mighty Oaks perfekt. Schon die ersten Gitarrenklänge ganz in
Mighty-Oaks-Manier versprechen die ideale Sound-Untermalung für so einen
entspannten, faulen Winternachmittag zu werden.

Amelie Völkers

Matija – White Socks

Das mit Spannung erwartete Debütalbum von Matija überzeugt.
Gleich reingehört und mich in die Platte verliebt. Mein Favorit des Albums ist
jedoch die zweite Single “White Socks”, das seit der Live-Performance
auf dem Sound Of Munich Now mein derzeitiges Lieblingslied ist und bei dem
grauen Novemberwetter gute Laune macht.

Serafina Ferizaj

Noel Gallagher’s High Flying Birds – She Taught Me How to
Fly

Man muss den Tatsachen wohl ins Auge sehen: Oasis sind für
immer Geschichte. Und auch ihr Musikstil kann heute wohl nicht mehr das Gleiche
sein wie damals. „Don’t look back in Anger“ wird sich nicht wiederholen, da
kann es Liam noch so hart versuchen, er wird nicht rankommen. Noel hat das
erkannt und liefert in schöner Regelmäßigkeit große Alben ab, die sich vom
Oasis-Sound emanzipieren. Auch die neue Platte ist wieder stark geworden,
stellvertretend für die Entwicklung soll hier „She Taught Me How to Fly“ stehen
– anders und doch so gut!

Philipp Kreiter

James Brown – Cold Sweat

Rückbesinnung auf die Klassiker – zu keiner Zeit wird das
wohl so sehr praktiziert wie an Weihnachten. Aber warum nicht statt
“White/Last/Blue/Holly Jolly Christmas” oder “Christmas
Lights/Song/Waltz/Toast” mal ganz saisonunabhängigen Klassikern gedenken?
Wie zum Beispiel dem Song, mit dem James Brown quasi über Nacht ein ganz neues
musikalisches Genre aus dem Boden gestampft hat.

Max Mumme

Gary Clark Jr.

Stay

Wenn es anfängt so früh dunkel zu werden, dann werde ich
immer traurig. Auch ohne Grund. Aber dann muss ich trotzdem traurige Musik
hören, dagegen kann ich mich nicht wehren. “But every time I see you, it
feels like the first time. And every time I leave you, I lose my mind”,
heult Gary Clark Jr. in diesen Tagen viel in meine Ohren. “That’s why I
need you to stay with me.” Damit ist nicht der Winter gemeint, und auch
nicht die Dunkelheit.

Matthias Kirsch

Asaf Avidan

The Study On Falling

Der Song weckt in mir diese eine Art von Traurigkeit, die irgendwie
schön ist, die weh tut und dir gleichzeitig ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Die perfekte Musik für einsame Spaziergänge durch eingeschneite Märchenwälder,
wenn die Kälte deine Wangen einfrieren lässt und die Sonne deine Nasenspitze
kitzelt. “But still I’m holding you…”

Jacqueline Lang

Tom Misch

Movie

Wer seinen Namen noch nicht kennt, sollte sich ihn
spätestens jetzt merken: Tom Misch. Der 21-Jährige Brite ist Singer-Songwriter,
Komponist, Violinist, Produzent und DJ

bekannt geworden über Soundcloud, hat er zuletzt als Produzent mit Mos Def, Lianne La Havas und Busta Rhymes
zusammen gearbeitet. Sein Sound ist…. ach, hört einfach selbst rein!

Ornella Cosenza

Tash Sultana – Notion

Die australische Gitarristin lieferte mir erst mit ihren
musikalischen Ausschweifungen den perfekten Soundtrack für einen Roadtrip durch
Polen. Nun bringen mich die psychedelischen Soli durch den tristen Winter. Und
wie. Was für eine Wahnsinns-Musikerin!

Louis Seibert

Ebow – Punani Power

“Willst ein Gangster sein weil das so männlich ist, aber ein
echter Gangster ist ein Feminist.“

In your face! Allein dieser Satz ist „Punani
Power“ pur: Auf Ebows gleichnamigem Track zeigt die Münchner Rapperin, wie sehr
sie die Schnauze voll hat vom Schubladendenken. Sie rappe und schreibe Texte
„wie ne Pussy“? Bitteschön! Wenn das heißt, dass diese dann so vielschichtig
sind wie auf ihrem brandneuen Album „Komplexität“… Darauf bedient Ebow sowohl
musikalisch als auch thematisch die verschiedensten Facetten: von R’n’B über
Orient-Sounds bis hin zu Battlerap, von Herzschmerz über Migration bis zu
ebenjener Pussypower. Und alles voller Authentizität. Großes Ding!

Anna-Elena Knerich

COEO – In Motion

Draußen ist es kalt, Schnee wirbelt durch die Luft und um
mit der ganzen Weihnachts-Heilig-Tuerei klar zu kommen, brauche ich
Adventmuffel Gute-Laune-Musik. “In Motion” des Münchner DJ-Duos COEO
brachte mich bisher durch den windigen November und heizt nun auch meinen
Dezember ein. Grooviger Sound mit
Disco-Flair, dazu eine große Tasse Glühwein und schon ist die Vorweihnachtszeit
gar nicht mehr so grausam.

Anastasia Trenkler

Tommy James & the Shondells – Crystal Blue Persuasion

Damit das Aufstehen nicht zu hart ist, jetzt da das Wetter
schlecht und die Lage unsicher ist.

Lukas Haas

Todeskommando Atomsturm – Woran Hältst Du Dich fest

Zeit für ein Outing: Der traurigste DJ der Stadt war in
seiner Jugendzeit Punkrocker! Clash, Sex Pistols, klare Sache. Später war er mal mit den Swoons – wahnsinnig sympathische Punkrocker aus Wolfhagen – eine Woche auf Tour (und kann seitdem keinen Jägermeister mehr sehen). Dann kamen irgendwann die traurigen Liebeslieder, schöne Sache. Bis zum Sound Of Munich Now und dem Hammerauftritt von Todeskommando Atomsturm. Fünf Songs in 15 Minuten, kein Abtasten, einfach loslegen. Wumms!

Michael Bremmer

Foto: Stefan Buhlrich

Eine Show mit vielen Höhepunkten

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Beim Festival „Sound Of Munich Now“ feiert sich die Szene – und zeigt, wie spannend Musik in München sein kann.

Die Mieten für Proberäume sind hoch. Die Zahl möglicher Spielstätten sind überschaubar. Aber Musik möchten sie trotzdem machen. Sie müssen Musik machen, Musik, um damit Menschen zu erreichen. „Wir haben dieselben Ziele, wir kommen nur von unterschiedlichen Orten“, sagt Adrian Lo, Singer-Songwriter aus Hongkong. Zum ersten Mal in der Geschichte des Festivals „Sound Of Munich Now“, das das Feierwerk und die Süddeutsche Zeitung seit nunmehr neun Jahren veranstalten, stehen – neben 31 Bands aus München, Erlangen und Traunstein sowie 14 VJs und DJs – zwei internationale Bands auf der Bühne und präsentieren zuvor in einer Gesprächsrunde, was den Sound Of Hongkong prägt, welche Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten Musiker dort haben.

Im Backstagebereich sitzen am Samstagnachmittag Musiker von TFVSJS und Ni Sala zusammen und tauschen sich aus, am Sonntag jammen sie sogar gemeinsam im Proberaum. Der Singer-Songwriter Adrian Lo holt sich Tipps von Cornelia Breinbauer, Sängerin von Tiger Tiger. Ganz angetan ist Adrian Lo von der kulturellen und musikalischen Diversität Münchens, die er tagsüber bei Spaziergängen und jetzt natürlich auf der Veranstaltung wahrnimmt. Er merkt an, dass es am Ende ja nicht um gutes Marketing ginge. „Wenn Menschen deine Musik mögen, dann mögen sie deine Musik“, sagt er und verweist auf die Traunsteiner Band Heischneida, die mit Bläsersatz in feinster Ska-Manier und bayerischem Dialekt das Publikum in der Kranhalle zum Hüpfen bringt.

Ähnliches ist auch nebenan im Hansa 39 zu beobachten. Hier eröffnet der Münchner Kneipenchor unter Leitung von Jens Junker die Münchner Bühne, zum ersten Mal live unterstützt von der Trommelgruppe „Drummer Dama“. Mit Bier in der Hand und einem beeindruckenden Sousaphon im Rücken zeigen die gut 50 Sänger, dass selbst Paul Kalkbrenners Technohymne „Sky and Sand“ nicht vor ihnen sicher ist – das Publikum tobt. „Das Tolle an diesem Festival ist die außergewöhnlich schöne Stimmung. So viele Bands treffen sich – zum Kennenlernen, austauschen, Spaß haben und das Genre unabhängig“, sagt Julia Viechtl, vormals selbst Musikerin bei der Band Fertig, los! und nun bei der Fachstelle Pop dafür zuständig, dass aufstrebende junge Musiker die Förderung erfahren, die sie brauchen. „Pop kommt ja nicht von populär, sondern von popular“, sagt sie, „man muss sich deshalb vergegenwärtigen, was diese Musik alles leistet. Sie ist so nah dran an den Menschen, setzt sich mit der Gesellschaft auseinander.“

Wie nah die Musik beim Sound Of Munich Now tatsächlich an den Menschen ist, offenbart sich schon bald und zieht sich wie ein roter Faden durch den Abend. Um 20.40 Uhr versammeln sich ungewöhnlich viele Leute vor dem Festivaleingang, freiwillig strömen sie hinaus in die Kälte und stehen bibbernd dicht aneinander gedrückt – mit breitem Grinsen im Gesicht. Ein unerwarteter Höhepunkt hat sich soeben ergeben, keiner möchte es verpassen: Der Münchner Kneipenchor stimmt noch einmal zur Spontaneinlage an, in Reih und Glied aufgestellt, doch anders als zuvor auf der Konzertbühne diesmal in dicke Daunenjacken verpackt und mit bunten Mützen auf den Köpfen. Es schallt „Bologna“ der Wiener Band Wanda durch die Nacht und alle singen mit, natürlich auch das Publikum.

Der Abend ist dort angekommen, wo er hinwollte: in einem gemütlichen und fröhlichen Beisammensein, das die Musik feiert. Das zeigt sich in vielen kleinen und besonderen Momenten. Zum Beispiel, wenn Marie Bothmer, aufstrebender Stern am Pop-Himmel, ihr Set umstellt, so angetan ist sie von der Stimmung im Raum. Statt des vorgesehen melancholischen Songs spielt sie ein Cover, „Toxic“ von Britney Spears. Oder wenn das Publikum hartnäckig eine Zugabe von Swango fordert, weil es so begeistert ist von der besonderen Mischung aus Rap und Stepptanz-Percussion – schon beim Soundcheck sind unzählige Handyvideos gedreht worden, die vielleicht gerade in China viral gehen. Oder wenn Sportfreunde Stiller-Manager Marc Liebscher beim Auftritt von Todeskommando Atomsturm sein Liebe für Punkrock entdeckt.

Währenddessen versammeln sich mehr und mehr Musikliebhaber, um noch eines der begehrten Festivalbändchen zu ergattern, die Schlange vor dem Einlass wird immer länger. Für viele ist es das erste Mal auf dieser Veranstaltung, so wie bei Michael. Obwohl er bereits seit drei Jahren in München lebt, hat er es noch nicht zum „Sound Of Munich Now“ geschafft. Er ist wegen Rey Lenon gekommen. Auch Michael ist Musiker, teilt sich einen Proberaum mit Blue Haze und der Lischkapelle. Auch sie stehen an diesem Abend auf der Bühne. „Ich finde das Angebot toll, ich wollte mir ein Bild davon machen“, sagt er. Lange hat er in Regensburg Musik gemacht, jetzt stellt er mit Blick auf München fest: „Die Vernetzungsmöglichkeiten sind da, wenn man sie wahrnimmt.“

Kilian Unger alias Liann kann nur zustimmen: „Wenn du oft genug spielst, kommst du mit den Leuten in Kontakt.“ Doch von dem Ziel, einmal von der Musik leben zu können, ist er noch weit entfernt und deshalb auf Leute angewiesen, die ihn professionell unterstützen, ohne „viel Geld zu kriegen“. Warum sie das machen? „Weil sie’s feiern und mich einfach gut finden.“ Die Szene ist ja da in München, sie ist offen und lebendig.

Auch am Abend zuvor, beim Sound Of Munich Now Electronica, kann man das feststellen. Untermalt von stimmigen, bunten Visuals, immer passend auf die Musik zugeschnitten, ist die Kranhalle voll mit Tanzwütigen, die zu Sets von Sam Goku oder COEO feiern. Die Electronica-Künstler tun sich mit der Stadt da sogar etwas leichter, auf teure Proberäume sind sie nicht angewiesen, um ihre Musik zu produzieren. Und der Erfolg gibt ihnen Recht. Doch eines wird deutlich: Junge Musiker, ob Bands oder DJs auf Leute angewiesen, die an sie glauben und sie über bis an die eigene Schmerzgrenze unterstützen. Weil sie Musik lieben. In München. In Hongkong. Überall.

Das Konzert zum Nachhören gibt es unter sz.de/somn17 und hier alle Eindrücke in einer Bildergalerie.

Text: Yvonne Gross

Foto: Johannes Simon

Band der Woche: Todeskommando Atomsturm

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Die Münchner Deutsch-Punk-Band Todeskommando Atomsturm macht Musik als
Gegenentwurf zum Mainstream.

Das klingt wunderbar direkt, laut, aber ergreifend.

Zur Zukunft hatten Punks schon immer ein gespaltenes Verhältnis. Natürlich ist der „No Future“-Slogan prägend. Gleichzeitig trägt aber die Wut und das zur Schau gestellte Nicht-einverstanden-Sein mit den bürgerlichen Verhältnissen auch eine Hoffnung, ja einen Anspruch auf eine Selbstgestaltung in sich, die weit entfernt ist vom Nihilismus der Zukunftsverweigerung. Punk hat in Deutschland auch erstaunlich viel Zukunft geschaffen. Etwa mit den Hausbesetzungen der Achtzigerjahre. So gibt es etwa in den größeren Städten Deutschlands sogenannte autonome Zentren, abgekürzt AZ. Und heute, wo sich das mit dem finanzierbaren Wohnen in Großstädten zum echten Problem auswächst, werden die ursprünglich in der linken Punkszene entstandenen Modelle der Hausverwaltung – etwa durch Kombinate, neu gegründete Genossenschaften und Selbstverwaltungen – zum Vorbild für gerechtere städtebauliche Konzepte.

In vielen dieser selbstverwalteten Wohnhäuser finden auch Konzerte statt. Die bauliche Qualität dieser Häuser schwankt zwar: vom heruntergekommenen Gerber in Weimar zu groß angelegten Wohnprojekten wie dem Bettenhaus in Marburg. Oder von bröckelnden Herrenhäusern wie in der Ludwigstraße in Halle an der Saale zu kleinen, aber stolzen Orten wie dem Kafe Marat und dem Kafe Kult in München.

Die Zukunft von Musik außerhalb eines gierigen Marktes, der sich Sämtliches – egal, ob es alternativ, antikommerziell oder von vorne herein gewinnbringend gedacht war – einverleibt, liegt in genau diesen Orten. Denn Bands können wunderbar autonom von Medien und der Bookingpolitik von Agenturen und Labels durch Europa touren. Durch solche Zentren. In Ljubljana ist das „Metelkova“ gleich ein ganzes Gelände samt Hostel, in Pontevedra findet sich ein einstöckiger Hof samt Garten. Die Münchner Punkband Todeskommando Atomsturm bewegt sich fast ausschließlich in dieser Szene. „Für uns ist es total wichtig, dass es solche Läden gibt“, erklären sie, die die Kriminalisierung dieser Szene ablehnen. Natürlich seien AZs aber politisch, führen sie aus, denn die Betreiber engagierten sich in gleichem Maße für Musik wie gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie. Diese Gedanken und diese Welteinstellung spiegeln sich auch in der Geisteshaltung der fünfköpfigen Band. „Außerhalb der Band gehen wir einem erschreckend geregelten Leben nach“, erklären sie. Sie seien alle berufstätig, versuchten aber sich auch selbst in der DIY-Konzertszene zu engagieren. Denn hier herrscht ein anderes Denken als gewohnt: Die Musik ist nicht dazu da, um damit Geld zu verdienen, sondern als Gegenentwurf zum Mainstream, der seine Freizeit derzeit hauptsächlich auf Instagram verbringen dürfte.

Die Musik, die bei Todeskommando Atomsturm herauskommt, ist wunderbar direkt, laut, aber ergreifend: Punk, ein schnelles Schlagzeug und wütende Gitarren. Natürlich vehementer Gesang mit konkreten Texten, in denen auch mal das Punkklischee in der Gegenüberstellung von bürgerlichem Leben und Punker-Dasein in der Single „Zukunft ist nichts für mich“ von 2012 auftaucht. Aber die Band mit dem Anti-Namen weiß auch um die Wucht, die Melodien haben und setzt diese konstant ein. Ziele hätten sie sich mit der Band nie gesetzt. Sie seien froh und auch ein bisschen stolz, dass das Label „Twisted Chords“ ihre zwei bisherigen Alben veröffentlicht habe und dass sie in ganz Deutschland Konzerte geben. Denn anders als die Münchner Bands, die darauf warten, dass eine Plattenfirma sie endlich auf Tournee schickt, planen Todeskommando Atomsturm das erfolgreich selbst – unabhängig und getragen vor einer gewachsenen und treuen Fangemeinde. 

Stil: Deutsch-Punk
Besetzung: Chrissi (Gitarre), Matze (Schlagzeug), Lea (Gesang), Pölle (Bass), Tobi (Gitarre)
Seit:
2008
Aus: München
Internet: todeskommando.bandcamp.com


Text: Rita Argauer


Foto: Thomas Nibler