Trickfilme aus Neuseeland

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Thomas Kleinhans, 19, nennt sich in der Szene Tom Cat. Das letzte halbe Jahr hat er in Neuseeland verbracht, um seine Skatertricks zu filmen und sein Englisch zu verbessern. Als ihm das Geld ausgeht, gibt er Skate-Workshops für Kinder.

Bad Tölz – Am U-Bahn-Gleis an der Fraunhoferstraße hört man das Geräusch eines fahrenden Skateboards. Die Aufmerksamkeit der Fahrgäste richtet sich auf den jungen Mann mit weißem Hemd und Locken. Er beschleunigt, fährt zu einer Säule, macht während der Fahrt einen Handstand, sein Skateboard mit einer Hand fest im Griff, um nach wenigen Sekunden wieder auf dem Brett zu stehen. Die bewundernden Blicke sind Thomas Kleinhans, 19, sicher.

Das vergangene halbe Jahr hat Thomas, der in der Szene seinen Künstlernamen Tom Cat verwendet, in Neuseeland verbracht. Mit Freundin und Skateboard reiste er um die halbe Welt, um dort zu skaten und sein Englisch aufzubessern. Denn Tom möchte als Skater und Model Karriere machen. Rund 18 000 Kilometer entfernt macht Tom genau das, womit er auch in Bad Tölz seinen Tag am liebsten verbringt: Er skatet.

Vor elf Jahren ist Tom mit seinem Vater an einem Skatepark vorbeigefahren. Vom Autofenster aus sah er, wie jemand einen Trick auf dem Skateboard vorgeführt hat. Von diesem Moment an ließ er seinen Eltern keine Ruhe, bis sie ihm ein Board kauften. „Ich habe aus Faszination angefangen zu skaten. Mich hat beeindruckt, wie man die Schwerkraft so ästhetisch nutzen kann“, sagt Tom. Er ist ein stiller Typ, denkt lange nach, bevor er antwortet. Sehr bedacht, sehr knapp: „Skaten ist für mich Kunst, Freude und Mediation – kein Wettbewerb.“ Wie in anderen Szenen merke man den Konkurrenzkampf, aber es geht ihm um den Spaß. Und wenn man Freude beim Skateboarding hat, sei auch die Teilnahme bei Contests okay.

In Neuseeland reisten Tom und seine Freundin, bevor sie sich ein Auto gekauft haben, mit dem Longboard. Den Rucksack stellten sie zwischen ihre Beine aufs Brett und fuhren an der Küste entlang. Nach ein paar Monaten ging Tom das Geld aus. In einem Holiday-Park sah er eine kleine Rampe stehen. Ohne lange nachzudenken schnappt er sich einen Stift und Papier und kündigt einen Skate-Workshop für Kinder an. „Es war ein super Erlebnis, in einem fremden Land etwas anzuwenden, was ich in Deutschland gelernt habe“, sagt Tom.

Halbtags arbeitet Tom in einem Fashion-Store für Skater-Klamotten in Bad Tölz. Somit hat er Zeit für seine Workshops. Mit seinem Kumpel Tobias Kupfer bringt er Kindern das Skaten bei. Den Zehn- bis Fünfzehnjährigen zeigt er, wie sie die Füße richtig aufs Skateboard stellen und richtig fallen, um sich nicht wehzutun. „Da hocken sie nicht vor der Playstation, sondern sind draußen und bewegen sich“, sagt er.

Zeit in der Natur zu verbringen, ist ihm sehr wichtig. In Bad Tölz, wo er noch bei seiner Mutter wohnt, kann er gleich raus aus dem Haus und skaten – und im Winter snowboarden. Besonders die Natur von Neuseeland habe eine Anziehungskraft auf ihn gehabt. „Dort hat man alles: Berge mit Schnee und Urwälder, wo man an Lianen schwingen kann.“ An schönen Plätzen auf seiner Reise stellte er ein Stativ auf und befestigte daran sein Handy. Mit der Kamera filmte er seine Tricks und teilte die selbst aufgenommenen Skate-Videos in sozialen Netzwerken. Kommerzielle Zwecke verfolgte er damit nicht, er wollte seine Freunde anspornen, auch so eine Reise zu machen.

Trotz der schönen Erfahrungen merkte Tom, dass er nach sechs Monaten in der Ferne seine Familie und sein Zuhause vermisst. Obwohl er die neuseeländische Mentalität der deutschen vorzieht, überfällt ihn das Heimweh nach Bad Tölz. „Dahoam ist eben dahoam“, sagt Tom und wechselt vom Hochdeutschen ins tiefste Bairisch. Nur um im nächsten Moment hinterher zu schieben, dass er nach schon zwei Wochen wieder Fernweh hat und seine nächste Reise auf Bali plant.

Foto: www.philpham.de

Stefanie Witterauf