Eine Show mit vielen Höhepunkten

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Beim Festival „Sound Of Munich Now“ feiert sich die Szene – und zeigt, wie spannend Musik in München sein kann.

Die Mieten für Proberäume sind hoch. Die Zahl möglicher Spielstätten sind überschaubar. Aber Musik möchten sie trotzdem machen. Sie müssen Musik machen, Musik, um damit Menschen zu erreichen. „Wir haben dieselben Ziele, wir kommen nur von unterschiedlichen Orten“, sagt Adrian Lo, Singer-Songwriter aus Hongkong. Zum ersten Mal in der Geschichte des Festivals „Sound Of Munich Now“, das das Feierwerk und die Süddeutsche Zeitung seit nunmehr neun Jahren veranstalten, stehen – neben 31 Bands aus München, Erlangen und Traunstein sowie 14 VJs und DJs – zwei internationale Bands auf der Bühne und präsentieren zuvor in einer Gesprächsrunde, was den Sound Of Hongkong prägt, welche Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten Musiker dort haben.

Im Backstagebereich sitzen am Samstagnachmittag Musiker von TFVSJS und Ni Sala zusammen und tauschen sich aus, am Sonntag jammen sie sogar gemeinsam im Proberaum. Der Singer-Songwriter Adrian Lo holt sich Tipps von Cornelia Breinbauer, Sängerin von Tiger Tiger. Ganz angetan ist Adrian Lo von der kulturellen und musikalischen Diversität Münchens, die er tagsüber bei Spaziergängen und jetzt natürlich auf der Veranstaltung wahrnimmt. Er merkt an, dass es am Ende ja nicht um gutes Marketing ginge. „Wenn Menschen deine Musik mögen, dann mögen sie deine Musik“, sagt er und verweist auf die Traunsteiner Band Heischneida, die mit Bläsersatz in feinster Ska-Manier und bayerischem Dialekt das Publikum in der Kranhalle zum Hüpfen bringt.

Ähnliches ist auch nebenan im Hansa 39 zu beobachten. Hier eröffnet der Münchner Kneipenchor unter Leitung von Jens Junker die Münchner Bühne, zum ersten Mal live unterstützt von der Trommelgruppe „Drummer Dama“. Mit Bier in der Hand und einem beeindruckenden Sousaphon im Rücken zeigen die gut 50 Sänger, dass selbst Paul Kalkbrenners Technohymne „Sky and Sand“ nicht vor ihnen sicher ist – das Publikum tobt. „Das Tolle an diesem Festival ist die außergewöhnlich schöne Stimmung. So viele Bands treffen sich – zum Kennenlernen, austauschen, Spaß haben und das Genre unabhängig“, sagt Julia Viechtl, vormals selbst Musikerin bei der Band Fertig, los! und nun bei der Fachstelle Pop dafür zuständig, dass aufstrebende junge Musiker die Förderung erfahren, die sie brauchen. „Pop kommt ja nicht von populär, sondern von popular“, sagt sie, „man muss sich deshalb vergegenwärtigen, was diese Musik alles leistet. Sie ist so nah dran an den Menschen, setzt sich mit der Gesellschaft auseinander.“

Wie nah die Musik beim Sound Of Munich Now tatsächlich an den Menschen ist, offenbart sich schon bald und zieht sich wie ein roter Faden durch den Abend. Um 20.40 Uhr versammeln sich ungewöhnlich viele Leute vor dem Festivaleingang, freiwillig strömen sie hinaus in die Kälte und stehen bibbernd dicht aneinander gedrückt – mit breitem Grinsen im Gesicht. Ein unerwarteter Höhepunkt hat sich soeben ergeben, keiner möchte es verpassen: Der Münchner Kneipenchor stimmt noch einmal zur Spontaneinlage an, in Reih und Glied aufgestellt, doch anders als zuvor auf der Konzertbühne diesmal in dicke Daunenjacken verpackt und mit bunten Mützen auf den Köpfen. Es schallt „Bologna“ der Wiener Band Wanda durch die Nacht und alle singen mit, natürlich auch das Publikum.

Der Abend ist dort angekommen, wo er hinwollte: in einem gemütlichen und fröhlichen Beisammensein, das die Musik feiert. Das zeigt sich in vielen kleinen und besonderen Momenten. Zum Beispiel, wenn Marie Bothmer, aufstrebender Stern am Pop-Himmel, ihr Set umstellt, so angetan ist sie von der Stimmung im Raum. Statt des vorgesehen melancholischen Songs spielt sie ein Cover, „Toxic“ von Britney Spears. Oder wenn das Publikum hartnäckig eine Zugabe von Swango fordert, weil es so begeistert ist von der besonderen Mischung aus Rap und Stepptanz-Percussion – schon beim Soundcheck sind unzählige Handyvideos gedreht worden, die vielleicht gerade in China viral gehen. Oder wenn Sportfreunde Stiller-Manager Marc Liebscher beim Auftritt von Todeskommando Atomsturm sein Liebe für Punkrock entdeckt.

Währenddessen versammeln sich mehr und mehr Musikliebhaber, um noch eines der begehrten Festivalbändchen zu ergattern, die Schlange vor dem Einlass wird immer länger. Für viele ist es das erste Mal auf dieser Veranstaltung, so wie bei Michael. Obwohl er bereits seit drei Jahren in München lebt, hat er es noch nicht zum „Sound Of Munich Now“ geschafft. Er ist wegen Rey Lenon gekommen. Auch Michael ist Musiker, teilt sich einen Proberaum mit Blue Haze und der Lischkapelle. Auch sie stehen an diesem Abend auf der Bühne. „Ich finde das Angebot toll, ich wollte mir ein Bild davon machen“, sagt er. Lange hat er in Regensburg Musik gemacht, jetzt stellt er mit Blick auf München fest: „Die Vernetzungsmöglichkeiten sind da, wenn man sie wahrnimmt.“

Kilian Unger alias Liann kann nur zustimmen: „Wenn du oft genug spielst, kommst du mit den Leuten in Kontakt.“ Doch von dem Ziel, einmal von der Musik leben zu können, ist er noch weit entfernt und deshalb auf Leute angewiesen, die ihn professionell unterstützen, ohne „viel Geld zu kriegen“. Warum sie das machen? „Weil sie’s feiern und mich einfach gut finden.“ Die Szene ist ja da in München, sie ist offen und lebendig.

Auch am Abend zuvor, beim Sound Of Munich Now Electronica, kann man das feststellen. Untermalt von stimmigen, bunten Visuals, immer passend auf die Musik zugeschnitten, ist die Kranhalle voll mit Tanzwütigen, die zu Sets von Sam Goku oder COEO feiern. Die Electronica-Künstler tun sich mit der Stadt da sogar etwas leichter, auf teure Proberäume sind sie nicht angewiesen, um ihre Musik zu produzieren. Und der Erfolg gibt ihnen Recht. Doch eines wird deutlich: Junge Musiker, ob Bands oder DJs auf Leute angewiesen, die an sie glauben und sie über bis an die eigene Schmerzgrenze unterstützen. Weil sie Musik lieben. In München. In Hongkong. Überall.

Das Konzert zum Nachhören gibt es unter sz.de/somn17 und hier alle Eindrücke in einer Bildergalerie.

Text: Yvonne Gross

Foto: Johannes Simon

Traunstein, du musst nicht traurig sein

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Wiederkehrende Gesichter,
Nebelmaschinen und eine Trompete. Beim Sound of Traunstein Now stellen sich
fünf Bands aus Oberbayern dem Münchner Publikum. Und beweisen, dass es
musikalisch überhaupt kein qualitatives Stadt-Land-Gefälle gibt.

Die roten Schuhe gleiten
über den dreckigen Boden der Kranhalle. Mal nach rechts, dann wieder einige Schritte
vorwärts, zur Bühne hin. Die dazugehörenden Beine, verpackt in
bordeaux-farbenen Jeans, sind seltsam verschlungen. Der junge Mann, vielleicht
Ende Zwanzig, vielleicht Anfang Dreißig, tanzt, tänzelt leichtfüßig. Seine Arme
bewegen sich wild im Rhythmus von Fendt’s „slowmotion pop“, die Bewegung hat
etwas von Mick Jagger. Der einsame Tänzer steht bezeichnend für die Kurve die
das Sound of Traunstein Now mit dem Auftritt von Fendt nimmt. Es wird ruhiger,
selbstbewusster. Aber auch düsterer, vielleicht sogar etwas traurig.

Mit Fendt, The Marble Man
und Allaend North werden die Künstler älter, einige spielen für zwei
verschiedene Bands, und auch das Publikum verändert sich. Die erste Reihe tanzt
nicht mehr wild, sondern eben in sich gekehrt. Oder setzt sich ganz hin, hört
zu. Zwischen Noise und Melancholie werden mit Fendt und Sänger Fricko Friese
die Solos länger, die Beschäftigung mit den Zuschauern kürzer. Die fühlen sich
dennoch abgeholt, ob einsame Tänzer oder gemeinsame Lauscher.

Auch dass The Marble Man
nach anderthalb Jahren ohne Live-Konzert nichts verloren hat, daran hat niemand
gezweifelt. Experimente sind immer noch gerne gesehen, sei es eine E-Gitarre
mit Bogen spielen oder ein Schlagzeug zu zweit. Mit sehr präsentem Keyboard und
einer melodischen Note, die gut tut, nimmt man das Tempo aus dem Abend. Die
Kranhalle wird zum Gegenstück zur Hansa39. Das Selbstbewusstsein in den eigenen
Sound ist in jeder Note zu spüren, und das Publikum weiß die Erfahrung und
Reife zu schätzen.

Gut tut auch, dass mit
Allaend North zum Abschluss des Sound of Traunstein Now die erste Künstlerin
auftritt – bis kurz vor 0 Uhr war die Moderatorin als einzige Frau auf der
Bühne. Anna’s (The Unused Word) enorm kraftvolle, tiefe Stimme dringt durch das
Feierwerk und füllt die Halle ein letztes Mal. Spannende Drumsolos und die
Vielseitigkeit der beiden Sänger bleiben in Erinnerung, genau wie der barfüßige
Kontrabassspieler und die ungeschickten Songansagen. Doch auch die Traurigkeit,
die sich durch die Auftritte von The Marble Man und Allaend North gezogen hat,
bleibt hängen. Ist es Traunstein, das diese Noten aus den Künstlern zieht? Oder
liegt es an der Generation, die das „new weird bavaria“ geprägt hat?

Zu Beginn des Festivals
im Münchner Feierwerk ist von Traurigkeit zumindest nichts zu spüren. Color
Comic und Heischneida, beide junge Bands, beide sehr verschieden, wollen sich
eher dem Publikum ankündigen. Nur zwei Songs braucht der Schlagzeuger von Color
Comic, dann fliegen die ersten Drumsticks. Sie bleiben auf der Bühne liegen.
Das mitgereiste Traunsteiner Publikum, so scheint es, johlt auf. Die
Dschungel-Drums sind gemütlich und sehr gut, der Insel-Indie-Sound sehr
melodisch. Dem Auftritt fehlt etwas die Energie, auch wenn sich Gitarrist,
Drummer und Frontmann (mit Marco-Wanda-ähnlichen Moves) reichlich Mühe geben.
Es ist aber auch nicht leicht direkt vor einem geladenen Bündel Oberbayern
aufzutreten.

Denn mit Heischneida
kommt der Abend richtig in Fahrt. Dank ausufernder Nebelmaschine sieht man
davon erstmal nichts, hört aber reichlich. Ob Rocknummer oder Ska, die sechs
Jungs heizen dem Publikum im Handumdrehen ein. Mitmachaktion, Trompetensolo,
dann wird Akustikgitarre gegen Akkordeon getauscht. Selten hat eine Band die
Kranhalle so vielseitig, und doch so kraftvoll, zum Tanzen, Hüpfen, Mitsingen
gebracht. Auch die jüngeren Traunsteiner Bands beweisen, dass sie sich vor
München nicht verstecken müssen. Wer zwischen Songs dann noch mit
oberbayrischem Slang so zum Lachen bringt wie der mächtig vollbärtige Wenz
Karger, hat alles dabei. Dass sie die Traunsteiner Melancholie trotzdem auch
draufhaben, beweist Heischneida mit ihrer Abschlussnummer. „Magdalena“
durchbricht die gute Laune und die Band beweist ganz viel Gefühl. Und die
Trompete, diese wunderbar präsente Trompete, trägt den Widerspruch von Energie
und Melancholie durch den ganzen Abend.

Text und Foto: Matthias Kirsch

Intim bis ekstatisch

Fünf Bands auf enorm hohem Niveau gestalteten den Sound of Erlangen Now im Orangehouse des Feierwerks. Sie nahmen das Publikum mit auf eine Reise von Intimität bis Ekstase – und zurück.

Es liegt eine Spannung in der Luft. Schon den ganzen Abend. Und gerade in diesem Moment scheint sie sich zu entladen. Dem Moment, als beim Song “Kopfhörer auf” der Band Angiz die ganze Halle auf dem Boden kniet und auf den Einsatz des Beats wild ekstatisch tanzt, springt, feiert. Doch auch das bringt nur kurzfristig Erleichterung – die Spannung hält an.

Schon zu Beginn scheint es eine ungewohnte Energie zu sein, die den Auftritt von Felix Käppner begleitet. Begonnen vor einem fast leeren Orangehouse zieht es immer mehr Menschen in die etwas abgelegene Location des Feierwerks. Es wird intim, ja fast romantisch, als sich das Publikum geschlossen auf den Parkettboden der Halle setzt, um schweigend den virtuosen Fingerpickings zu lauschen, mit denen der Singer-Songwriter seinen bluesigen Gesang untermalt.

Eben diese Energie aufgesaugt zu haben scheinen dann im Anschluss die Musiker von Sound Organic Matter. Mit einer an die Kings Of Leon erinnernden Stimme über treibende Indierock-Riffs brennt das Quartett ein Feuerwerk ab, das Lust auf mehr macht. Und das an Tag vier ihres sechstägigen Tourmarathons zum neu erschienenen Album “Love Hate Hope Fate”. Kein Anzeichen von Müdigkeit.

Der Auftritt der dritten Band Angiz sorgt für einen kurzfristigen Einlassstopp im Orangehouse. Die Zuhörer, die es rechtzeitig in die Halle geschafft haben, erleben ein emotionales Wechselbad aus Melancholie, wie etwa beim Song “Vollmond”, bei dem sich die von Rapper Mario in kratziger Stimme vorgetragene Verse in kraftvoll flächigen Gitarrensounds entladen, und Ekstase, als im schnellen Tempo an Balkan-Ska erinnernde Offbeat-Rhythmen zum Springen, Tanzen und Pogen nahezu zwingen.

Nach solch einer Performance ist die Energie aufgebraucht – möchte man meinen. Doch das Trio The Variety Show beweist schon mit dem ersten Akkord das Gegenteil. Nur zwei Songs gespielt, den Rest ihres Auftritts spontan zur Jamsession umfunktioniert, und das Publikum dennoch – oder gerade deswegen

– über die Maßen mitgerissen. “Ich habe mir gerade das Album gekauft, obwohl ich nicht mal ein Wiedergabegerät dafür habe”, sagt Zuhörerin Amelie, und offenbart damit den Geist des Publikums auf dem ganzen Event.

Und zu dieser Einstellung gehört es auch, alle Bands bis zum Schluss zu unterstützen. So darf Willow Child, der letzte Act des Abends, der um 1 Uhr die Bühne betritt, ein gut gefülltes Orangehouse bespielen. Die fünf Musiker machen Rock im Stile der ganz großen

– von The Doors über Deep Purple bis Led Zeppelin. Allerdings mit einem Unterschied: Die Stimme der Band ist weiblich. Doch dass diese den Idolen in nichts nachsteht, beweist das Ensemble gewohnt energetisch.

Die Energie verfliegt erst, als das Publikum die Halle verlässt

– Richtung Bus, Richtung Aftershowparty. Und mit Eindrücken fünf hervorragender Bands aus Erlangen, die hoffentlich nicht das letzte Mal ein Gastspiel in München gaben.

Text und Foto: Max Mumme

Disco-Funk und Lichtermeer

Nach der Gesprächsrunde und dem Sound of Hongkong now ging es direkt weiter mit Musik aus dem Bereich Electronica. Die Künstler kreierten einen bunten Klangteppich aus verschiedensten Sounds.

Bunter Lichterrausch, ein Einhorn-Regenschirm hüpft durch die Menge, große Augen auf kleinen Bildschirmen starren den Tänzern entgegen. Ein bisschen Nebel und ganz viel Bass. Die Atmosphäre ebenso wie die Stimmung scheinen sich wirbelnd zu verändern, abhängig von Stil und Klangfarbe.

Verdammt bunt und funky startet COEO, ein junges Münchner DJ-Duo seinen Auftritt. Der Stil der Tanzenden beginnt sich zu verwandeln. Das Publikum wird grooviger, ein wenig shaky. Man fühlt sich in eine 70er-Jahre-Disco zurückversetzt. Mit weniger Disco und mehr House. Als die Jungs den Auftakt von „Crazy in Love“ Sängerin Beyoncé und Rapper JAY-Z einspielen reagiert die Menge asap. Alles ganz locker, alles ganz smooth.

Die Tracks von COEO scheinen einen perfekten Kontrast zum Slot von Sam Goku zu bilden. Der Münchner DJ gestaltet die Stimmung im Raum mechanisch, treibend und sorgt für teils sehr elektrisierte Spannung. Jeder Übergang sitzt. Die Performance wirkt locker, ganz ohne auch nur einen Hauch von Langeweile. Sam Goku gelingt die perfekte Balance. Der Zuhörer fühlt sich geborgen, schenkt Vertrauen.

Verschnaufpause an der Bar. Auf dem Weg raus stößt man auf drei verschiedene Kunstinstallationen. Das passt: wechselnde Electronica-Auftritte  im Nebenraum, dazu buntes Lichtermeer im Barbereich. Die Stimmung verändert sich in Loops.

Natanael Megersa, dem zweiten DJ des Abends, gelingt es mit sehr vielseitigen Sounds und einer durchzogenen charakteristischen Note eine Brücke zu bauen. Eine Brücke zwischen Sam Goku und der Künstlerin Muun, die das Warm-Up gestaltet. Ganz klassischer Wannda-Sound tönt zu Beginn des Abends durch die Halle. Die Stimmung wirkt kein bisschen aufdringlich. Der Zuhörer wird sanft in den Abend eingeführt. Muun selbst wirkt in ihrer Performance konzentriert, gibt dem Publikum viel Platz zur Eigeninterpretation. Ihre Bewegungen sind langsam, zurückhaltend, ein wenig mechanisch.

So wird das Publikum durch den Abend geleitet. Stück für Stück, Künstler für Künstler. Die Veranstaltung endet mit Sounds von An Wii und Lena Barth, bekannt als Resident-DJane des Harry Klein. Die Musikerinnen schaffen einen gelungenen Ausklang des Festivalauftakts.

Text: Anastasia Trenkler

Band der Woche: Matija

Ob die Vorstellung des Debüt-Albums im ARD-Morgenmagazin dem Coolness-Faktor Abbruch tut? Mit dem Video zu “White Socks” arbeitet die Alternative-Pop-Band jedenfalls eifrig dagegen: Prädikat “seeehr cool” – auch auf dem Sound Of Munich Now.

In den USA haben Late-Night-Shows ein irres Renommée. Wer als Musiker bei Jimmy Fallon, David Letterman oder bei „Saturday Night Live“ ein Album vorstellt, hat es geschafft. Längst sind die Youtube-Clips daraus legendär, etwa M.I.A. mit „Born Free“ und haltlos rüpelnder politischer Botschaft. Oder eine überaus elegante Beyoncé. Über lästige Promo-Auftritte sind diese Shows längst hinaus, vielmehr werden sie mittlerweile als eigenständiges Kunstwerk mit eigener Inszenierung der Künstler wahrgenommen – besonders, sehr exklusiv und sehr populär. So sehr, dass dort sogar Obama im Wahlkampf für Hillary Clinton sang.

Richtig schön bieder wirkt dagegen die Ankündigung, die Münchner Band Matija werde ihr Debüt-Album im ARD-Morgenmagazin präsentieren. Deutsche Indie-Bands im Frühstücksfernsehen, was soll das? Vor gar nicht langer Zeit hüpfte zwar der Schweizer Hipster-Schlagersänger Dagobert durch den Fernsehgarten, das hatte allerdings eine gewisse Konsequenz, immerhin klingt dessen Musik aufs erste Hören nicht viel anders als Helene Fischer. Aber Matija sind junge Männer, Anfang 20, die unter dem Namen The Capitols erste Bühnenluft schnupperten und nun mit „Are We An Electric Generation Falling Apart?“ ein Album vorlegen, das sie zum nächsten großen Pop-Ding der deutschen Szene machen soll. Doch ist die Generation, die hier auseinanderfällt, schon so zersprungen, dass das Frühstücksfernsehen ein geeigneter Ort für junge Musiker ist? Und sind die Hausfrauen und Pensionisten, für die dieses Format ursprünglich in grauer prä-emanzipierter Vorzeit erfunden wurde, das richtige Publikum? Eindeutig nein. Denn beim Hören werden bei Matija unverkennbar coolere Register dazu geschalten.

Breit drückende Synthies treffen auf ein hektisches, Hi-Hat-getriebenes Schlagzeug und eine stampfende Bassdrum. Sänger Matija Kovac singt darauf im Falsett, inspiriert von Bands wie den Editors, also den letzten elektronischeren Ausläufern des Britpops. Im Video zur Single „White Socks“ steigt Matija dann im schicken Schwarz-Weiß in einer Prestige-Karre einer kurz-berockten, jungen Dame nach, während das funkige Gitarrenriff, das durch den Song trägt, an den Signature-Sound des untergegangen Atomic Café erinnert. Hier wird bedient, was bedient werden soll, damit diese Musik funktioniert: Nämlich das extreme Gefühlsleben junger Menschen. Im einen Song gibt es junge Männer, die sich cool fühlen und Frauen, die sie deshalb anhimmeln. Im Nächsten steht die Frau dann als madonnengleiches Objekt der Begierde im Fokus, für das der junge Mann leidet und sich auch mal in den Dreck wirft („Song for Celine“). Die Musiker von Matija wissen dabei ganz genau, was sie tun. Die Erfahrung, die sie als Capitols gesammelt haben, äußert sich in pointiertem Songwriting und ausgeklügelten Arrangements. Diese Band will es wissen und kann es musikalisch umsetzen. Doch ein wenig mehr Überraschung und ein paar Kanten würden die Erfolgschancen vielleicht noch erhöhen. 

Stil: Pop
Besetzung: Matt Kovac (Gesang, Flöte), Jan Salgovic (Gitarre), Johann Blake (Keyboard, Bass), Sami Salman (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2016
Internet: www.facebook.com/matija.world

Text: Rita Argauer

Foto: Rue Nouvelle

Schluss mit Touri-Techno

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Berlin ist arm, aber sexy. Heißt es. Und München? Wer nun nach der aktuellen Münchner Elektroszene fragt, spart sich aber am besten gleich den Verweis auf die Techno-Metropole. Impulse aus München mit dem famosen DJ-Duo COEO.

Berlin ist arm, aber sexy. Heißt es. Und München? Wer nun nach der aktuellen Münchner Elektroszene fragt, spart sich aber am besten gleich den Verweis auf die Techno-Metropole. Denn der Blick auf die Hauptstadt sei „einfach ein bisschen Panne“, sagt Florian Vietz. Gemeinsam mit Andreas Höpfl steckt er hinter dem DJ-Duo COEO, das man beim „Sound Of Munich Now Electronica“ dieses Jahr live erleben kann. Angefangen haben die Künstler aus der Nähe von Deggendorf mit einem „30-Euro-Programm zum Musikbasteln“. Mittlerweile in München angekommen, gelten COEO als erfolgreichster Act des Labels Toytonics, das seit vier Jahren Dance-Musik in Richtung Disco- und Funk-House veröffentlicht und vor allem Künstler aus München betreut.

Und das wird gefeiert: mit einer Labelparty zur Eröffnung des LIT am 17. November im Werksviertel. Denn der Erfolg spricht für sich: 2016 belegte das kleine Label Platz drei der „Bestselling Deep-House Labels“ auf der Online-Plattform Beatport, dem Gradmesser für elektronische Musik. Darin sieht Label-Chef Matthias Modica Anzeichen für einen weitläufigeren Trend: eine Gegenreaktion zum düsteren Berliner Techno, hin zu soul- und funkinspiriertem Elektrosound. München scheint in dieser Gegenreaktion bereits angekommen zu sein, für Modica dank des „positiven, sommerlichen Vibes“, den die einstige Discometropole München verströmt. Auch COEO fühlen sich hier wohl: Die Stadt sei einfach schön und habe die richtige Größe, „um alles zu kriegen, was man kulturell braucht“.

Wahrscheinlich ist München eben genau das Dorf, über das man wahlweise schimpft oder schwärmt – und wer sich zu vernetzen weiß, kann Erfolg haben. Das weiß auch Moritz Butschek, selbst DJ und Betreiber des München-Blogs „Tow in a Row“. Für ihn steht fest, dass „sowohl der funky Sound, als auch ganz neue Ausrichtungen elektronischer Musik koexistieren und regen Zulauf haben. Es gibt tolle etablierte Locations, immer wieder spannende Zwischennutzungen und vor allem für fast jeden Geschmack eine Szene mit tollen DJs und Live-Acts.“ Matthias Modica allerdings wünscht sich, dass die großen Münchner Clubs aufhören, den Berliner „Touri-Techno“ zu imitieren. „Vor zehn, fünfzehn Jahren gab es in München weniger Clubs, dafür mehr Vielfalt. Impulse aus München gingen in die Welt“, sagt er. Mit COEO scheint dieser Trend nun hoffentlich wiederbelebt zu sein. 

Text: Yvonne Gross

Foto: Kerstin Rothkopf

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Anastasia

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Unsere Autorin spürt den Herbstblues anklopfen und leitet entsprechend Gegenmaßnahmen ein: “eine gute Mischung aus Entpannung und Aktion”, die ihren Höhepunkt beim Sound Of Munich Now findet.

Irgendwie bin ich müde. Ausgelaugt. Langsam, aber sicher setzt
der Herbstblues ein. Bäh. Meine Woche plane ich also folgendermaßen: Eine gute
Mischung aus Entspannung und Aktion, aus Kopf frei kriegen und spannenden
Eindrücken und vor allem ganz viel Musik.

Gleich am Freitag wird’s aber nichts mit Kuscheldecke und
Entspannung. Auf dem Programm für heute steht Kopf frei kriegen, bzw. frei
tanzen. Ich bin auf einem Geburtstag eingeladen, also Schluss mit Mimimi. Die
Milla ruft und da ist Jammerei einfach fehl am Platz. Der Münchner Live-Club
feiert 5-Jähriges und das Party-Programm klingt vielversprechend. Geboten wird
eine Ausstellung, DJs, Konzerte. Der Milla wird heute Ehre gebührt.

Müde laufe ich am Samstag durchs Glockenbach und zum
Marienplatz. Was ist denn hier los? Bis Weihnachten ist doch noch ein Weilchen.
Ich werde von Eindrücken überflutet. Infostände, viele Reden, Weihnachtsgebäck.
Die Veranstaltung „Weihnachten vegan 2017“ findet hier statt. Das erklärt also
den Spekulatius-Geruch. Die Vorbereitungen fürs Fest sind voll im Gange, nur
dieses mal in einer etwas alternativeren Version. Ich bin nicht der Meinung,
dass uns allen leckeres Vollmilch-Schokoladengebäck und die Weihnachtsgans
verboten gehören, dennoch kann man die Tatsache nicht leugnen, dass unsere
Feiertage ein Todesurteil für sehr, sehr viele Tiere sind. Wieso also nicht ein
bisschen umdenken, oder sich zumindest informieren? Das schadet ja nicht, das ist sogar notwendig. Im Rahmen dieser Veranstaltung will man ein Zeichen setzen.
Ein Zeichen gegen konservatives Festhalten an traditionellen
Weihnachtsgerichten, wie verschiedene Braten, Fisch, Geflügel, Wild, Pasteten
und anderen „Spezialitäten“. Kein Muss, aber ein Angebot. Okay, genug mit kontroversen Gesprächen. Ich verwöhne mich heute
ein wenig. Das macht gute Laune und Shopping hilft bekanntlich gegen
Herbstblues. Spontan entscheide ich mich zwischen dem Midnightbazar und der
Veranstaltung „Vintage Kilo Sale“. Mein Second-Hand-Herz schlägt höher und mit
meiner Ausbeute in der Tasche geht’s heute Abend für mich nun endlich ins Bett
zu Netflix und einer neuen Folge „Riverdale“. Abends wird entspannt.

Sonntagmorgen. Während die ganze Welt verkatert durch dien Tag
strahlt, bin ich super-fit und bestens gelaunt. Positive Energie gehört
genutzt. Nachmittags geht’s zum Pop-Up-Yoga. Tja, da habe ich also meine
Möglichkeit um endlich runter zu kommen. Um 17.30 trifft man sich im Museum
Fünf Kontinente, Yoga-Matte im Gepäck. Mit einem entspannten Om beende ich mein
Wochenende.

Montagmorgen: Routinierte Lektüre der SZ-Junge-Leute-Seite und
vorbildlicher Stundenten-Kram. Abends belohne ich mich selbst mit einem
Event-Highlight: Maeckes spielt im Feierwerk. Die Zusatzshow von „Die Stunde
zwischen Tilt und Gitarre
“ soll den Übergang des Künstlers zwischen seinem
alten und neuen Stil aufzeichnen. Ich freue mich auf einen langen Abend im
Feierwerk, gute Musik und noch bessere Gesellschaft.

Puh, am Dienstag steht ganz viel Uni an. Es wundert mich also
selbst, dass ich abends dennoch genügend Energie habe, und es mich ins Lost
Wekkend lockt. Dort wird weiter gesprochen, weiter informiert und diskutiert.
Das Thema lautet: „Soziale Medien – Schrill, laut und wahlentscheidend?“ Inwieweit sind wir in medialen Filterblasen gefangen oder machen alle mal wieder nur
viel Lärm um nichts? Ich will mir selbst eine Meinung bilden. Um 19.30 Uhr
geht`s los!

Das gehypte Lovelace startet an diesem Mittwoch die neue Reihe „Philosophy of Love, Art and
Technology
“. Ist Musik eine Liebe deines Lebens? In meinem Fall wird die
Frage selbstverständlich mit JA beantwortet. Zu Gast sind die Musiker Claas
Krause und Chris Verworner. Es soll ein Abend voll Philosophie in Form eines
Live-Dialogs und Musik entstehen. Klingt spannend und doch weiß ich nicht so
ganz, was ich mir unter all dem vorstellen soll. Also ausprobieren! Eintritt
ist übrigens frei.

Wer mich etwas besser kennt, weiß folgende zwei Dinge über mich:
Ich bin ein riesen Tollpatsch und hab nur geringfügiges Talent dafür, meine
Fettnäpfchen-Treter zu kaschieren. Das funktioniert mal mehr und eigentlich
sehr oft weniger gut. Scheint so, als wäre ich wie gemacht für die „Epic Fail
Night
“. Im Provisorium wird Donnerstagabend darüber gesprochen, wie es ist auf
die Schnauze zu fallen. Tja, Story of my life.

Neuer Tag, neues Glück, neues Wochenende! Nach dem Fail-Abend
von gestern, der im Grunde alles andere als ein Fail war, wache ich heute mit
einem breiten Grinsen auf. Freitag, wunderschöne sieben Buchstaben. Bevor es
feierlich wird, statte ich dem Museum Fünf Kontinente einen Besuch ab. Immer
wieder faszinieren mich Menschen, die mit einem unglaublichen Sprachentalent
beschenkt wurden. Und auch wenn ich während meiner Schulzeit und im Studium
einige Sprachen kennenlernen durfte, bleibe ich nach wie vor neugierig. Für
einen Crash-Kurs in Tok Pisin konnten das Museum Fünf Kontinente und das
Institut für Ethnologie den amerikanisch-britischen Linguisten Craig Volker
gewinnen. Ich freue mich darauf etwas neues aus zu probieren und neben Sprache
auch kulturelle Einflüsse kennen zu lernen.

Am Abend ist die Luft eindeutig raus. Kopf frei tanzen! Die
Frage nach dem „Wohin?“ muss heute schon mal nicht geklärt werden. Ganz klar,
dass ich mich schnellstmöglich ins Feierwerk begebe. Dort findet in den
nächsten zwei Tagen eines der Top-Festivals im Münchner Raum statt. Den Auftakt
des Sound Of Munich Now will, kann und darf ich mir selbstverständlich nicht
entgehen lassen. Die Line-Up klingt viel versprechend. Gäste aus dem Bereich
Electronica heizen das Feierwerk ein. Noch dazu gibt`s Klänge aus Hong Kong und
eine After-Show-Party. Ganz klar, dass der morgige Tag ein klein wenig müde
wird, dennoch lohnt es sich für diese Veranstaltung zwei Tage einzuplanen, denn
am Samstag geht es weiter mit Musikern aus Erlangen, Traunstein und den
angesagtesten Künstlern unserer Stadt.

Text: Anastasia Trenkler

München und mehr

Ein erster Ausblick auf das „Sound Of Munich Now“-Festival im Herbst – diesmal mit drei weiteren Städte-Bühnen.

München – Sicherlich, München ist nicht Berlin, aber das Festival „Sound of Munich Now“ ist ein Beweis dafür, dass München den Vergleich mit der Bundeshauptstadt auch gar nicht nötig hat, denn die Stadt im Süden hat einen völlig eigenen Klang und einiges zu bieten, was Musik und Innovation, Erfolg und Kreativität anbelangt. 153 unterschiedliche Münchner Bands haben bei diesem Festival bereits gespielt – und dieses Jahr bei der neunten Auflage kommen 21 weitere dazu. 174 Münchner Bands, alleine diese Zahl ist schon beachtlich – das Festival bringt in diesem Jahr aber noch weitere Überraschungen. Hier ein erster Ausblick auf das Festival, das seit neun Jahren das Feierwerk und die Süddeutsche Zeitung veranstalten.

Zwei Abende lang wird wieder der Frage nachgegangen, wie München klingt. Jetzt. Im Jahr 2017. Die Prämisse für diese Frage ist dabei zum neunten Mal die gleiche, und zwar in Form der Regel, dass keine der auftretenden Bands zuvor schon einmal auf diesem Festival gespielt haben darf. Der Kunst oder der Musik Regeln setzen zu wollen, könnte als paradox bezeichnet werden, allerdings kann diese Voraussetzung zum einen als gewisser Stolz interpretiert werden, auf das, was musikalisch so passiert in der bayerischen Hauptstadt. Zum anderen steht sie jedoch auch für eine Messlatte und den Anspruch der Veranstalter. Denn die Folge ist ja logischerweise, dass im Vorfeld des Festivals jedes Jahr aufs Neue um die 20 Münchner Bands gefunden werden müssen, die vielversprechend, divers und gut genug sind, um die Hansa 39 zu füllen und dann auch die Zuhörer für jeweils 15 Minuten unterhalten zu können.

In den vergangenen Jahren standen mittlerweile etablierte und erfolgreiche Künstler wie Occupanther, Me & Marie, Jesper Munk und Die Sauna auf dem „Sound of Munich Now“ noch ganz am Anfang ihrer musikalischen Karriere. Auch 2017 verspricht spannend zu werden, für alle mit Interesse an der jungen Münchner Bandszene. Aber auch für den, der einfach nur ein Wochenende lang frische Musik hören will, ist das Feierwerk am 10. und 11. November sicherlich die richtige Adresse, denn der Klang von München ist nach wie vor einiges: bunt, abenteuerlich, innovativ, laut, leise, gefühlvoll, ironisch, deutsch, englisch und vieles mehr.

Vielversprechend und erfolgreich, und damit vielleicht so etwas wie ein zugegebenermaßen sehr poppiges Aushängeschild ist dieses Jahr Marie Bothmer. Die 21-jährige Singer-Songwriterin steuerte den Song „Es braucht Zeit“ zum Soundtrack von Cros Film „Unsere Zeit ist jetzt“ bei, der auf Spotify mittlerweile beinahe eine Millionen Mal gehört wurde. Interessant ist, dass Marie Bothmer nur die Spitze des diesjährigen Trends zu sein scheint, vermehrt in deutscher Sprache zu singen. Sowohl der noch jüngere Paul Kowol, 20, als auch Körner und Liann tun das. In gewisser AnnenMayKantereit-Tradition handeln die Lieder dieser jungen Menschen von Liebe, Enttäuschung, Herausforderungen und vor allem den kleinen Dingen, die vielleicht banal erscheinen, den Alltag zugleich aber irgendwie bemerkenswert machen. „Wenn du willst, dann ist es heute noch fast gestern und bis morgen muss noch ganz viel Zeit vergehen“, singt etwa Liann. Das ist große Songwriter-Kunst, ohne auf die Tränendrüse zu drücken.

Auf Englisch – logischerweise, weil das seine Muttersprache ist – aber ebenso authentisch und ehrlich tritt Jordan Prince auf, während Lux & Tom Doolie & Cap Kendricks oder auch Grasime völlig andere Töne anschlagen und damit zeigen, dass München auch Platz hat für innovativen Hip-Hop, der auf Plattitüden verzichtet und stattdessen auf nachdenkliche, durchaus kritische Texte, hypnotische Samples, Basslinien und Drumloops setzt. Wieder sehr anders, sehr punkig und laut wird es mit Lester, rockig, bluesig hingegen mit Ni Sala und treibend poppig mit Matija und fast schon sphärisch mit Tiger Tiger und Blue Haze – an sich verspricht jede der 21 Bands, der Höhepunkt des Abends zu sein.

Auch in diesem Jahr bekommt der „Sound of Munich Now Electronica“ eine Bühne. DJ und Blogger Moritz Butschek hat folgende Electro-Künstler für das Festival ausgewählt: Am Freitagabend spielen COEO, Lena Bart, Muun, Sam Goku, Natanael Megersa und An Wii. Moritz Butschek selbst wird am Samstag bei der Aftershow-Party auflegen.

In München ist man allerdings auch bereit, über den eigenen Tellerrand und die eigenen Stadtgrenzen hinauszublicken. Nachdem es im vergangenen Jahr zum ersten Mal einen „Sound of Regensburg Now” sowie einen „Sound of Augsburg Now” gab, werden 2017 die Städte Erlangen (zum Beispiel mit Angiz mit schnellen, mitreißenden Melodien und ironischen Texten) und Traunstein (etwa mit dem verträumt langsamen, elektronischen Indie-Sound von Allaendnorth) vertreten sein.

Völlig neu ist der Ablauf des ersten Abends: auf dem Festival werden erstmals internationale Bands beim „Sound Of Hongkong Now“ vertreten sein.
Sowohl TFVSJS als auch Adrian Lo kommen aus China angereist. Bei TFVSJS handelt es sich um eine fünfköpfige, instrumentelle Postrockband, deren Mitglieder nicht nur Meister ihrer Instrumente, sondern faszinierender Beats, Melodien und Rhythmen sind. Der Musiker und Filmemacher Adrian Lo komponiert eher melancholische, aber musikalisch vielschichtige Stücke, die zum Träumen und Nachdenken anregen. 

Text: Theresa Parstorfer

Collage: Dennis Schmidt