Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Friederike

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Auch diese Woche hat Friederike viel vor. Allesamt günstige oder sogar kostenlose Veranstaltungen stehen auf ihrem Plan, wie der

Hofflohmarkt im Glockenbachviertel, das

Gipfeltreffen der Stars auf dem Königsplatz oder das

Uni-Sommerfest. Mit dabei: auf jeden Fall ihr Mitbewohner- 

warum? Einfach weiterlesen… 

Ich habe ja meine Prinzipien. Zum Beispiel finde ich das Bairische
eigentlich doof. Problem dabei: Das ist nicht einfach nur ein Dialekt. Ein
Stück weit ist das dieses Lebensgefühl, das einen – egal, woher man einmal kam
–irgendwann einnimmt. Und so schwirrt jetzt dieses Wort, mit dem man mich einst
kopfschüttelnd begrüßte, durch meinen Prinzipienkopf. Irgendwie unfreiwillig.
Irgendwie selbstverständlich. „Zuagroaster“. Zugegeben, aussprechen würde ich
das nie. Das wäre dann doch zu sehr gegen meine Prinzipien und ein Problem für
meine Dialektlosigkeit. Aber es ist jetzt da, wenn mein Mitbewohner, Praktikant
bei BMW, über den ständigen Regen, die teuren Bierpreise und das Bairische
lästert. Muss man sich doch nur die günstigen Veranstaltungen rauspicken, die
richtigen Leute kennen und die biologische nach der Alpen-Wetter-Uhr
ausrichten. Eine Woche lang werde ich ihn nun zu allen günstigen, coolen
Locations schleppen, ihn in der Sonne brutzeln und in die Isar springen lassen,
bis er sich die bayrische Identität einverleibt. Oder zumindest nicht mehr so
motzt.

Deshalb in aller Kürze – mit dem bescheidenen Auftrag uns
Folge zu leisten und den armen Norddeutschen umzustimmen – meinen Wochenplan
von mir für ihn. Und euch.

Selbst mal im Norden der Stadt gewohnt, kenne ich den
Olympiapark in- und auswendig. Besuche sind mittlerweile nur noch selten. Heute,
am Freitag, zeigt das Kino am Olympiasee für nicht ganz so günstigen Eintritt
Felix Starcks spannende Reise auf dem Fahrrad um die Welt. 

Im Glockenbachviertel ist am Samstag tagsüber Hofflohmarkt
und am Abend auf dem Königsplatz das Gipfeltreffen der Stars. Kaufmann,
Netrebko und Hampson beschallen den Platz mit klassischer Musik. Karten sind
unnötig, hört man doch auch von den umliegenden Wiesen genug. In einem der Höfe
versprechen Freunde selbstgemachtes Eis! Vielleicht kommt ihr ja dort vorbei.

Am Sonntag  machen wir
eine kurze Joggingrunde zum Outdoor-Fitnessstudio südlich der
Wittelsbacherbrücke. Kostet nichts und ist viel gesünder. Anschließend besuchen
wir die Offenen Ateliers in der Baumstraße und schauen auf der Praterinsel
vorbei. Wenn uns die Musik beim Mädchen Openair taugt, werden wir dort
verbleiben.

Ich habe per se nichts gegen Montage. Aber bei 24 Grad muss
man ja noch nicht gleich die Uni schwänzen. Da gehen wir unserem normalen
Alltag nach, oder habt ihr noch Ideen für den Abend? Sonst werden wir den Grill
anschmeißen und uns in der Isar abkühlen.
Bei Grillido bestellen wir uns außergewöhnliche Bratwürstchen für den
Nachmittag an der Isar. Ich will Spinat- und Sauerkraut-Geschmack ausprobieren.
Mein Mitbewohner präferiert die eiweißreichen Sorten. 

Am Dienstag ist es bei versprochenen 26 Grad mit der Uni jetzt schon
schwieriger. Aber nach getaner Arbeit schmeckt das Radler sowieso besser. Gegen
Abend spazieren wir zum Gasteig. Im Courtyard wird um 22 Uhr SWING von Martin
Guigui
gezeigt. Eintritt ist –
natürlich – frei.

Im Rahmen von Filmfest Nights out tritt am Mittwoch LischKapelle
mit „Bavaro Indie Pop“ im Fraunhofer Wirtshaus & Theater. Der Eintritt ist
– natürlich – frei.

Ein Donnerstag mit 28 Grad – da müssen wir uns freinehmen.
Bei diversen Baumärkten im Umkreis lassen sich – wer Zeit und Mühe nicht scheut
– robuste Schlauchboote für knapp 50 Euro erwerben. Damit geht es Richtung
Baierbrunn und dann über die Isar wieder in die Stadt.  Für die Umsteigestellen nehmen wir uns die  praktischen Espadrillos von Shoemates mit. 15
% des Kaufpreises gehen direkt nach Afghanistan, um dort Menschen Schuhe zu
schenken.

Abends nehme ich meinen Mitbewohner mit aufs Kino, Mond und
Sterne
. Der Film #ZEITGEIST läuft im wunderschönen Westpark-Kino, wo man, in
Decken gekuschelt im alten Amphitheater sitzt, nach dem guten Biergartenprinzip
Picknicken darf und nach Sonnenuntergang Filme schaut – begleitet vom Quaken
der Frösche. 

Am Freitag geht es aufs Uni-Sommerfest. Der Eintritt kostet
10 Euro. Wir tragen uns allerdings als Helfer ein. Dafür kommen wir umsonst rein und haben in den Pausen Zeit die
Party zu erkunden.

Friederike Krüger

Zwei Paar Schuh

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Bei der Firma Shoemates lautet die Devise: „Get one, give one“- 15 Prozent des Verkaufspreises gehen direkt nach Afghanistan, damit dort Kinder Schuhe bekommen

München – Ob Springerstiefel, Pumps oder Luftpolstersandale: Mehr als jedes andere Kleidungsstück verraten Schuhe, woher man kommt, wohin man geht oder wohin man gehört. Jedenfalls hierzulande. In Afghanistan sieht die Lage anders aus. Da stapft das einfache Volk meist barfuß über unebene Straßen. Dreck und Geröll stauben Wege ein. Kinder müssen kilometerlang über steinige Pfade in die Schule laufen. Dort, wo der Schuh mehr als anderswo seinen eigentlichen Zweck erfüllen würde, da fehlt er oft. Schnittverletzungen, Infektionen und Krankheiten sind die Folge.

Doch in einem kleinen Dorf, 50 Kilometer westlich von der Provinz Herat, hüpfen immer mehr Kinder in handfestem Schuhwerk herum. Schuhwerk, das Obaid Rahimi bei einer afghanischen Manufaktur in Auftrag gegeben hat. Aber Obaid lebt schon lange nicht mehr in Afghanistan. Inzwischen ist er Münchner und verkauft mit den Studentinnen Theresa Satzke, 20, und Carolin Toni, 22, schnittige Espadrilles. „Shoemates“ nennen sich die drei. Und ihre Kunden sind in der Regel gut bis sehr gut gebildet. Es sind bevorzugt Frauen zwischen 18 und 38, die sich bewusst gegen die Treter beim Primark um die Ecke entscheiden und auf shoemates.de die leichten Sommerschlupfschuhe für 48 Euro kaufen. Und da kommt Afghanistan wieder ins Spiel. Denn die Kunden wissen: 15 Prozent des Verkaufspreises gehen direkt nach Afghanistan, damit dort Kinder Schuhe bekommen. „Get one, give one“ lautet die Devise – und so bestellt Obaid mit jedem verkauften Espadrilles-Paar regelmäßig ein zweites Paar Schuh in Herat.

Weg von der
Entwicklungshilfe, hin zur
wirtschaftlichen Zusammenarbeit

Der 28-Jährige ist Geschäftsführer des bayerischen Start-ups, das in einem BWL-Seminar an der Uni Passau entstand, als Obaid und seine Kommilitonen für den Wettbewerb „5-Euro-Business“ eine Geschäftsidee entwickeln wollten. Es ging den Studenten darum, neben Profitabilität nachhaltig und sozial zu wirtschaften, also einen Teil des Gewinns an benachteiligte Menschen weiterzugeben. Seit einiger Zeit schon führen sie das Projekt „Headmates“: Sie verkaufen Mützen, die strickbegeisterte Omis aus Alpaka-Wolle fertigen. Davon wiederum profitieren im peruanischen Hochland lebende Hirtenvölker, die zu den ärmsten Menschen der Erde gehören.

Bei ihrem zweiten Projekt entschieden sich die Studenten nun für Schuhe, denn „die spendet man in der Regel nicht“, sagt Obaid, der beim Thema Schuh auch gleich an seine Heimat Afghanistan denken muss. „Im Winter kann es minus 30 Grad kalt werden, da sind Schuhe viel wert.“ Die Schuhe für die Schulkinder sollen afghanische Arbeitskräfte vor Ort herstellen, idealerweise entstehen dadurch Arbeitsplätze.

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Innerhalb weniger Wochen finden Obaid und sein Team einen Espadrilles-Produzenten. Die deutsche Außenhandelskammer empfiehlt ihnen einen vom TÜV geprüften chinesischen Schuhhersteller, dessen hohe Qualitätsstandards bei Produktion, Effizienz und Nachhaltigkeit doppelt zertifiziert sind. Und Obaids Onkel Abdul Qader Rahimi, der bei der „Afghanistan Independent Human Rights Commission“ arbeitet, vermittelt den Kontakt zu einer afghanischen Schuhfabrik. Schließlich knobeln Obaid und sein Team noch am Schuh herum, bis er für die Deutschen „unisex“, „evergreen“ und hip genug ist. Der Schuh für die Afghanen präsentiert sich vor allem funktional, stabil und schlicht. „Wir haben dann beim Wettbewerb den ersten Platz gemacht“, erzählt Obaid.
 Der Jungunternehmer ist selbstbewusst, mit einer gewissen Coolness erwähnt er, dass „Beck am Rathauseck“ jetzt Headmates „haben will“, und dass die Espadrilles demnächst „in der Hohenzollern-straße geführt werden“. Mit einem Lächeln erinnert er sich, wie er als Sechsjähriger aus Afghanistan mit seinen Eltern nach Deutschland kam, weil sein Vater politisch verfolgt wurde. „Ich hatte Privilegien, ich habe in Deutschland gelebt und gelernt. Ich kenne die Kultur der Afghanen, ihre Sprache. Ich muss etwas zurückzugeben.“ sagt Obaid.

Die Taliban fürchtet er nicht. „Es ist ganz einfach. Die Schuhmanufaktur liegt im Westen Afghanistans. Die Taliban sprechen die Sprache da nicht. Die fliegen sofort auf“, sagt er und ergänzt: „Ich glaube, dass sich nur etwas verändern wird, wenn die Menschen dort das selbst herbeiführen. Und wir können sie darin unterstützen“. Er betont dabei, dass „Shoemates“ weg will „von der Entwicklungshilfe zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit“. Auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
bewertet es positiv, dass die Schuhe vor Ort produziert werden. „Neuinvestitionen schaffen Arbeitsplätze und Einkommen für die Beschäftigten, durch die Abführung von Steuern auch Staatseinkommen und können so signifikant zur Entwicklung beitragen“, betont Veronika Ulbert, eine Sprecherin des BMZ.

1000 afghanische Kinder haben bereits Schuhe bekommen. Doch das ist dem
Shoemates-Team noch lange nicht genug. Sie suchen Investoren, bald soll es auch Winter-, Damen- und Herrenschuhe
geben. Das Unternehmen wächst weiter und dennoch wird es buchstäblich im-
mer „in den Kinderschuhen stecken“ bleiben.  

Susanne Brandl

Foto: Shoemates