Das viel beschworene Münchner Sommerloch versucht Theresa in dieser Woche mit einem straffen Wohlfühl-Sommer-Programm zu füllen. Dazu gehört Musik von den Stray Colors unter einem sommerlichen Sternenhimmel, Vintage-Klamotten zum Kilo-Preis im Wanda und Akkordeon-Pop der österreichischen Band folkshilfe auf dem Theatron.
Immer wieder hört man es munkeln: das berüchtigte Sommerloch in München. Zugezogene Studenten pilgern in ihre Heimatorte und die von andernorts heimkehrenden Menschen räkeln sich an den Badeseen im Umland, während die Touristen in Kolonnen durch die Innenstadt walzen.
Mir ist das egal, ich genieße diese schöne, saubere Stadt, bevor ich ihr im Oktober wieder einmal für einige Zeit den Rücken kehren werde, und mache mich auf die Suche nach kulturellem Partyleben trotz vorlesungsfreier Zeit.
Sehr entspannt fange ich damit am Freitag Abend an. Am Stadtstrand bei Young Fast Running Man, einem jungen Mann, der Musik macht, die verdammt alt klingt – nach „traditionellem Blues, Rock der 60er Jahre, Country und Folk“.
Dieser Groove befördert mich dann auch gleich in die richtige Stimmung für den Samstag, an dem ich mich voller Nostalgie und Hipster-Wahn in den Vintage Kilosale im Wanda stürze. Mir werden Levis’ Jeans für 10 Euro versprochen – da lohnt sich das Wühlen in jedem Fall, vor allem weil alle meine Jeans neuerdings Löcher an Stellen aufweisen, an denen keine Löcher sein sollten.
Noch einen Schritt weiter zurück in der Zeit wage ich dann am Nachmittag beim Viktorianischen Picknick vor dem Monopterus im Englischen Garten. Man will sich an den „hübschen Gewändern erfreuen“, heißt es in der Einladung, wobei dezidiert nicht auf historische Korrektheit geachtet wird. Insgeheim hoffe ich ja, dass irgendwo Hugh Grant rumläuft, ganz im Sinne von „Sinn und Sinnlichkeit“. (Es lebe die Wort-Wiederholung)
Am Sonntag spule ich wieder vor in der Zeit und packe meine neuen, alten Vintage-Levis-Jeans von gestern aus, um im richtigen Outfit beim ersten Münchner Indie Air Festival auf einer angeblich „wunderschönen Terrasse“ direkt am Englischen Garten aufzukreuzen. Das Line Up hört sich gut und vor allem sehr indie-sommerlich an. Neben I Heart Sharks aus Berlin, William’s Orbit aus Weiden, The Strayin Sparrows aus Regensburg und Jasper Flynn aus München freue ich mich vor allen Dingen auf die Stray Colors, die ich schon ewig nicht mehr life gehört habe. Danach wird unterm Sternenhimmel getanzt, wie sich das für Indie-Kinder gehört.
Am Montag hole ich nach, was ich im letzten halben Jahr nicht geschafft habe. Und ich meine es erst: ich habe es nicht und zwar niemals geschafft, ins Kino zu gehen. Mit einem dicken Eis und vielleicht sogar Begleitung traue ich mich in „Verräter wie wir“. Wegschauen, wenn’s zu spannend wird, das kann ich eigentlich ganz gut.
Am Dienstag besuche ich die Surfer am Eisbach und lasse mich dann ins kühle Innere im Haus der Kunst schwappen, wo sich die französische Künstlerin Laure Prouvost „einfallsreich und mit unnachahmlichem Humor sowohl auf die Architektur der Mittelhalle als auch auf das Haus der Kunst als Institution bezieht“. Nicht dass ich etwas von Architektur und ihrer Verbindung und Umsetzung mit Humor verstehen würde, aber wirken lassen kann man das Ganze ja trotzdem.
Humorig geht es am Mittwoch weiter, denn ich beschließe, dass eine Band, die sich Fuck Yeah nennt, das Leben nicht allzu ernst nehmen kann. Das Theatron wird mit ihnen zur Kulisse für eine Mischung aus Hunter S. Thomson und Lou Reed, die „sich von Wire, T-Rex, Babyshambles und Velvet Underground die Gitarren verstimmen“ lassen, „um dann Graham Coxon aufs Effektpedal zu kotzen“. Schon allein wegen dieser Bandbeschreibung bin ich gespannt auf die Show.
Davor und danach und dazwischen mache ich einen Abstecher zum Kurzfilmfestival, das zeitgleich auf dem Theatron-Programm steht. Vor allem „Lialou“ hört sich spannend an. Lebensgeschichten, die aus Schuhen gelesen werden und wahrscheinlich auch die Geschichte einer großen Liebe.
Weil es mir so gut gefallen hat, auf der Seebühne, mache ich mich am Donnerstag ein zweites Mal auf den Weg in den Olympiapark, diesmal um herauszufinden, was „Akkordeon-Pop“ ist – und auch warum die drei Österreicher ihre Band folkshilfe klein und mit „f“ schreiben – ich hoffe wirklich, die haben sich dabei etwas wirklich Schlaues gedacht.
Am Freitag wird es noch einmal richtig spannend, denn ich warte darauf, ob ich zur Supper night garden club party im Glockenbach eingeladen werde. Mitgemacht habe ich bei der Platzverlosung, und interessieren würde es mich allemal, wie so ein Supper Club abläuft.
Sollte ich nicht zu den Glücklichen gehören, dann koche ich mir einfach selber etwas zu essen und wenn ich wirklich nett zu mir sein will, dann zaubere ich eine Oreo-Tiramisu. Und das alles nur, weil Sommerloch ist – irgendwie könnte ich mich daran sogar fast gewöhnen.
Theresa Parstorfer
Foto: Emil Fink