Rock wie damals im Atomic Café kann man auch heute noch hören. Die Band The Universe mischt Gitarren-Sound mit Brit-Pop.
Vor mehr als zehn Jahren wäre München beinahe die Wiege einer neuen Rock ’n’ Roll-Bewegung geworden. Damals schälte sich aus den Untiefen des wöchentlichen Britwochs im Atomic Café eine Band hervor, die den dort zelebrierten britischen Gitarren-Sound außerordentlich gut nachspielen konnte. Diese Musik, die irgendwie nach den Sechzigerjahren klang, aber gleichzeitig ganz genau in der Indie-Gegenwart zu verorten war. Diese Band hieß Five! Fast!! Hits!!! Und da Atomic-Café-Chef Christian Heine über seine Booking-Tätigkeit die nötigen Kontakte zu den musikalischen Vorbildern dieser Band hatte, traten Five! Fast!! Hits!!! ziemlich schnell in ziemlich großen Kontexten auf. Dann begannen die Rüpeleien unter den Bandmitgliedern, der Sänger und Frontmann zog schließlich nach London. Der Traum, München könnte musikalisch die britischste Stadt Deutschlands werden, war vorbei.
Doch seit ein paar Jahren gibt es in der Stadt wieder gehäuft Bands, die nach diesem Atomic-Café-Geist klingen. Den Famous Naked Gipsy Circus etwa und dessen Nachfolgeband Ni Sala, die aktuellen Sprungbrett-Gewinner Vertigo oder eben nun The Universe. Doch etwas ganz Grundlegendes hat sich von damals zu heute verändert: Wenn man heutzutage mit seiner Musik Erfolg haben möchte, macht man nicht mehr solche Musik. Aus dem damaligen Erfolgsrezept ist wieder eine Nische geworden. Und wie das so ist, tut die Nische dem künstlerischen Ausdruck ziemlich gut.
Die Songstrukturen der heutigen Retro-Gitarren-Bands sind ein wenig ausufernder, ein wenig psychedelischer. Das hört man auch bei The Universe. Aber denen ist sowieso ziemlich viel egal, und das auf ziemlich angenehme Weise: Sie mischen Cover-Version fröhlich mit eigenen Liedern, sie nehmen all das so schrammelig auf, wie es nur geht, denn es geht ihnen darum, „real“ zu sein. „Autotune und 150 Spuren gibt’s bei uns deswegen auch nicht“, erklärt Sänger und Gitarrist Stefan Deimel und generiert damit die Hochglanz-Pop-Produktion als altes Feindbild des Undergrounds. Aber: Ihre Lo-Fi-Ästhetik sei eine „Momentaufnahme“, generell sei die Eingliederung in Genres für sie genauso unwichtig wie die Definition ihres Sounds: „Wenn wir was clean und brav aufnehmen und es gefällt uns, würden wir es niemandem vorenthalten, nur weil es weniger cool ist“, sagt Stefan.
Aber unter all dem Schrammel-Klang und der ausgemachten Slacker-Haltung, liegt bei The Universe etwas Glitzerndes: Denn das Trio hat einen Hang zu herzensbrecherischen Melodien, zur hingebungsvollen Weichheit und zur unironischen Euphorie. Und die Mischung dieser Komponenten machte einst den Brit-Pop groß. Dass The Universe diese Mischung so gut gelingt, mag vielleicht auch daran liegen, dass sich die Bandmitglieder in ganz anderen Pop-Formationen eine gewisse Gelassenheit angespielt haben. Bassist Rafael Belor und Schlagzeuger Marius Rohne, die beide erst 23 Jahre alt sind, lernten sich 2010 in der Band Absolute Raw kennen – der Begleitband der DSDS-Siegers Prince Damien. Sänger Stefan Deimel hingegen lässt sich vom grenzenlosen Dasein der heutigen Twens treiben, wanderte kurzzeitig nach Bangkok aus, kam zurück nach München, arbeitet beim Teufelsrad auf der Wiesn und lernte an der Munich Jazz School. Und mit dieser etwas ziellosen Gelassenheit spielen sie nun tiefenentspannte Musik, die dennoch unterschwellig brennt und aufbegehrt, oder wie Stefan es ausdrückt: „Punk-Rock-Attitüde ohne Kaputtmachen“. Live spielen sie am Freitag, 9. September, in der Garage im ehemaligen Kunstpark Ost und am Dienstag, 13. September, in der Münchner Glockenbachwerkstatt.
Stil: Brit-Blues-Rock
Besetzung: Stefan Deimel (Gesang, Gitarre), Rafael Belor (Bass), Marius Rohne (Schlagzeug)
Aus: Ismaning, München
Seit: 2011
Internet: www.theuniverse.rocks
Von: Rita Argauer
Foto: Chris Barthold