Band der Woche: Xavier Darcy

Xavier Darcy, der Frontmann der Retro-Hardrockband “The Charles” Startet nun mit seinem Soloprojekt durch. In seinem Debüt-Album geht es ums Erwachsenwerden, angelehnt an den Jugendlichen Spirit der Achziger. 

Den Torso vergrößerte man mit Schulterpolstern, den Kopf mit einer Dauerwelle und die Brust mit Push-up-BHs. Es ist interessant, dass es diese Insignien eines originalen Achtzigerjahre-Looks noch nicht wieder in die Mode zurück geschafft haben. Und dass, wo doch die Achtziger schon seit geraumer Zeit wieder schwer angesagt sind. Doch ein genauerer Blick auf diesen derzeitigen ästhetischen Rückgriff zeigt, dass es dieses Jahrzehnt eigentlich nur in homöopathischen Dosen in die Gegenwart geschafft hat. Da es in der damaligen Pop-Ästhetik aber sowieso übergroß zuging, sind selbst die kleinen Zitate, die so viele der heutigen Neuerscheinungen prägen, eindeutig. So reichen etwa musikalisch ein verträumter Synthesizer und ein Drumcomputer aus, vor allem, wenn die dazugehörigen Musiker Leggins und vielleicht noch aufgeknöpfte Hemden samt Brusthaaren tragen, um eine Band als adäquate Retro-Band wahrzunehmen. 

Doch die Großspurigkeit dieses Jahrzehnts kommt gegen die heute dominante Ironie, das Credo des guten Geschmacks und gegen das Understatement nicht an. Außer bei Xavier Darcy. Der britische Wahlmünchner ist in der Szene kein Unbekannter. Seit ein paar Jahren geisterte er als Darcy mit seiner Akustik-Gitarre herum und sang Lieder, die viel zu viel Energie hatten, um alleine von einer Akustik-Gitarre getragen zu werden. Neben einem Ausflug als Frontsänger der Retro-Hardrockband The Charles präsentiert er nun sein erstes Solo-Album in voller Länge. Und das energetische Pensum seines überbordenden Mitteilungsbedürfnisses findet hier sein Pendent in üppigen Arrangements. Eine solche Art der Ausinstrumentierung, der Vollendungen eines jeden musikalischen Gedankens und dem Übereinanderstülpen so vieler verschiedener Stimmen hört man sonst nur in Originalen. Während des Kompositionsprozesses hat Xavier jedoch viele Platten aus den Achtzigerjahren gehört, solche Dinge wie Michael Jackson, David Bowie oder die Talking Heads. „Damals haben sich die Künstler bei ihren Arrangements nicht zurückgehalten“, erklärt er, für sein Album habe er nun genau dasselbe gemacht, es sei ihm darum gegangen „keine Angst vor großem hymnischen Stadion-Pop“ zu haben.

Im Prinzip hat Xavier also seinem Songwriter-Ich die Schulterpolster übergeworfen und hüpft nun im Video zur ersten Single „Big City Dreams“ über die Bühne wie ein Star aus einem 30 Jahre alten Highschool-Film. Doch Xavier, der sich als Songwriter schlicht Darcy nannte, nun aber unter seinem vollen eleganten französischen Namen Xavier Darcy auftritt, weil es so viele Künstler mit dem Namen Darcy bereits gab, hat mit diesem Album, das am Freitag, 24. Februar, erschienen ist, vieles richtig gemacht: Es ist ein Album, dass dem Hörer eine schlüssige, überzeugende und spannende Welt eröffnet. Eine Welt, die zwar etwas seltsam wirkt, weil solch stilistische Mittel wie Fade-Outs, die Mischung von Funk-Gitarren und Hard-Rock-Soli, Reggae-Rhythmen und Synthesizern oder das permanente melodische Stoffgeben heutzutage in Kombination so übergroß aufdringlich wirkt wie eine Dauerwelle samt einer ganzen Dose Haarspray. 

Thematisch bleibt Xavier jedoch konsequent seinem 21-jährigen Selbst treu und erzählt davon, was die Jugend interessiert und umtreibt; in den Achtzigerjahren genauso wie heute: Das erste Aufbrechen in die Welt der Erwachsenen, der erste Schritt ins Leben nach dem Schulabschluss, den man für gewöhnlich ohne elterliche Obhut bestreitet. Oder um es mit Xaviers Songtexten zu sagen: „We grow up and then what?“, fragt er in dem Song, der so euphorisch klingt wie The Cure auf „The Head in the Door“ und mit dem Titel „Burn the Suburbs down“ als kämpferisches Generationsporträt gelesen werden kann. Die Antwort auf diese „Was folgt“-Frage setzt er dann übrigens genauso keck wie schmissig dazu: „You lost your mind and your virginity“, man verliert also das Hirn und die Unschuld. Live ist er am Dienstag, 28. Februar, beim Spiel des FC Bayern Basketball im Audi-Dome, und am Samstag, 25. März, zum Release-Konzert im Münchner Ampere zu hören. 

Stil: Pop
Besetzung: Xavier Darcy (Songrwriting, Gesang, Gitarre), Gastmusiker
Aus: München
Seit: 2011
Internet: facebook.com/xavierdarcy


Text: Rita Argauer

Foto: Lisa Lankes