Endlose Playlist

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Tapefruit bietet eine riesige Song-Wiedergabeliste, an der jeder, der sich auf der Seite, die wie ein Blog funktioniert, registriert, mitarbeiten kann.

München – Musik, und die Leidenschaft, sie anzuhören, selbst Musik zu machen und neue Musik zu entdecken, das ist es wohl, was Matthias Schmidt, 26, bis heute so fasziniert. Zu Schulzeiten, in seiner Klasse und mit der Parallelklasse, habe es einen regen Austausch über Musik gegeben, alle waren offen gegenüber dem Musikgeschmack der anderen, alle hörten gern „den coolen Sound aus der anderen Ecke“. Dem drohte dann allerdings das Ende, als es auf das Abitur zuging. Dies wollten er und sein langjähriger Freund Fabian Nußberger verhindern und beschlossen, eine Seite zu erstellen, die genau dieses Konzept weiterführt: „Die Idee war, eine endlose Playlist zu erstellen“, sagt Matthias.

„Tapefruit“, oder vielmehr das siebenköpfige Team rund um Matthias, sehen sich zwar als den klassischen Blog, zum anderen aber auch als eine Art Community. Das Ziel ist es, eine Playlist zu erstellen, mit Songs, die alle völlig unabhängig von Genregrenzen, Bekanntheitsgrad, Alter der Künstler oder Alter der Aufnahme hinzugefügt werden. „Es gibt Videos, die 40 Klicks bei YouTube haben, und Videos, die 4,5 Millionen Klicks haben, die bei uns auf der Playlist landen“, sagt Matthias.
Wie die Seite denn funktioniere? „Die Playlist wird in zwei Schritten erstellt: Vorschläge, dann das Voting, und so wird die Playlist erstellt. Wer die Playlist mitgestalten will, kann sich als Nutzer registrieren und von da an jede Woche einen Song für die Liste vorschlagen. Wichtig ist, dass der Song irgendwo im Netz zu hören sein muss“, erklärt Matthias. Alle Vorschläge, die in einer Woche gesammelt wurden, stünden in der darauffolgenden Woche zur Wahl für die Playliste und jeden Sonntag würden dann die Stimmen ausgezählt; der Gewinner erhalte seinen Ehrenplatz auf der Playliste, die inzwischen fast 400 Titel umfasst.

Aber Tapefruit ist nicht nur eine Seite mit einer endlosen Playlist. Irgendwann kam dem Team der Gedanke, die Kontakte, auch zu regionalen Bands oder Musikern, die sich über die Seite ergaben, zu nutzen. Und so beschlossen sie, selbst einmal eine Konzert- und Party-Reihe zu veranstalten – etwa alle drei Monate. Die erste Veranstaltung fand in der Zwischennutzung „Die Repüblik“ statt, dann ging es im Cord Club weiter, mittlerweile sind sie in die Milla umgezogen. Meist mit Bands aus München oder Bayern, zu denen sie durch Song-Vorschläge Kontakt haben oder die selbst auf das Tapefruit Team zugekommen sind. Anschließend wird aufgelegt. Die nächste „Tapefruit-Party“, wie Matthias sie nennt, wird voraussichtlich Ende November stattfinden, nach der Abgabe seiner Masterthesis.

Aber nicht nur er selbst beteiligt sich am Fortbestehen der Seite, derzeit seien bis zu 15 User regelmäßig aktiv, sagt Matthias. Das bedeutet, sie reichen Vorschläge ein und stimmen für die Playlist ab. „Ich kann behaupten und das freut mich sehr, dass es noch nie Zeiten gegeben hat, in denen keine Vorschläge eingingen“, sagt er und lacht. Zudem besuchten bis zu 200 Leute die Seite pro Tag. Es gebe außerdem auch noch viele, die die Seite regelmäßig besuchen, aber eben nicht als Benutzer angemeldet und aktiv seien.
Zudem gibt es neben der Seite und den regelmäßigen Konzert-und Partyreihen einen Blog, auf dem pro Woche ungefähr ein bis zwei Artikel zu musikalischen Themengebieten veröffentlicht werden.

Und doch, der Wunsch, „mal etwas in der Hand halten zu können“, Tapefruit zum Anfassen sozusagen, ist geblieben, und so plante er zusammen mit Thomas Schamann eine Print-Ausgabe, die Anfang Juli diesen Jahres erschienen ist. Das kleine Heft im Hosentaschenformat bietet auf 32 Seiten verschiedene musikalische Inhalte wie etwa ein Interview mit der Band „Karaba“. In der Print-Ausgabe steckt viel Herzblut, das merkt man, wenn Matthias davon spricht, die Themenauswahl ist sehr persönlich, gründlich von den Tapefruit-Mitgliedern ausgewählt. Das Layout hätten sie an einem Wochenende „durchgeprügelt“. „Es gibt leider keinen so richtig organisierten Vertrieb“, sagt er. Sie hätten die Hefte dabei und legten sie dann alle immer mal wieder an der Uni, in verschiedenen Cafés und Bars, wo sie selbst auch öfter mal sind, aus. Und im Milla kann man sie natürlich bekommen.

Wie genau es mit Tapefruit weitergeht, das wisse er selbst noch nicht so genau, sagt er, aber natürlich solle die Seite fortbestehen, das sei ihm sehr wichtig. „Konkrete Termine gibt es nicht, aber viele Ideen“, sagt Matthias schmunzelnd. Eine Radiosendung etwa. Und natürlich hofft er darauf, dass auch in Zukunft immer weiter Vorschläge eingereicht werden. Und dass es aktive User gibt. Er werde sicher weitermachen: „Meine Faszination für Musik werde ich nicht so schnell verlieren!“  

Stephanie Albinger

Foto: Victoria Männel