Von Kabarett bis Dino-Streicheln

Der dritte Sonntag im Farbenladen brachte so manchen Gast zum herzhaft Lachen. Das lag an den wunderbaren Kabarett- und Musikdarbietungen sowie an einer neuartigen gesellschaftlichen Vergnügungsform: der Powerpoint-Karaoke.

“Fotografieren
ist ein Moment zwischen zwei Personen”, sagt Jean-Marc Turmes im Gespräch
über die Ausstellung “10 im Quadrat”. Ob Model, Schauspieler oder
Musiker, für ihn macht es wenig Unterschied, wen er fotografiert. Stattdessen
gibt er zu, regelmäßig Angst zu haben vor Shootings, weil er nie weiß, wer oder
was ihn erwartet. “Aber wir haben uns gleich gut verstanden”, wirft
Kilian Unger, Musiker und Model der Ausstellung, ein und Fotograf Michael
Färber kann ihm nur zustimmen. Auch bei den beiden lief das Shooting sehr gut.
Färber fotografiert auch professionelle Models, an die Shootings mit den Models
der Ausstellung ging er aber nach eigener Aussage ganz genauso heran, wie an
ein professionelles Projekt.

Der
Abend beginnt mit Kabarett. Julian Wittmann, ein Bayer mit strubbeligem Haar
und Out-of-Bed-Outfit bringt das Publikum mit seiner sehr angenehmen rauen
Stimme und bayrischem Blues mit ironischen und saukomischen Texten zum Lachen.
Themen sind der betrunkene Heimweg nach Hause und Protest gegen die Eltern.
Danach ist Alex Döring dran, der seine teils gesellschaftskritischen und teils
einfach nur lustigen Themen in beißend sarkastischen Songs mit viel schwarzem
Humor verpackt. Die Schwiegermutter muss informiert werden, dass er ihre
Tochter in die Gefriertruhe gepackt hat? Alex Döring weiß, wie man dieses
Problem löst: Man packt die Schwiegermutter einfach dazu.

Als
dritter Kabarettist tritt Michael Mauder auf, mit einem Programm über
vergebliches Werben um die Mitbewohnerin, vergebliches Tindern auf dem Lande
(“irgendwann wird der Bildschirm schwarz und da steht ‘sie haben tinder
durchgespielt’”) und den Alltag als Rezeptionist in einem Hotel. Lustige
Anekdoten mischen sich mit amüsiertem Mitleid für den hoffnungslosen Single.

Auch
nach dem Kabarett geht es lustig weiter: mit Power-Point-Karaoke. Für alle, die
dieses Spiel nicht kennen: Ein Freiwilliger hält einen Vortrag zu einer
Power-Point-Präsentation, die er zufällig auswählt und vorher noch nie gesehen
hat. Wir erfahren einiges über Spannbeton und Teilchenbeschleuniger, auch die
vegane Ernährung von Hipster-Tauben ist ein Thema und das Streicheln von
Dinosauriern, die mit 16 ihre typische blaue Farbe annehmen (!). Das Publikum
geht begeistert auf die improvisierten Vorträge ein und fängt bald an, ebenso
absurde Fragen zu stellen.

Den
Abschluss des Abends bildet Kilian Unger mit seinem Musikprojekt Liann. Die
Deutsch-Folk Songs mit Begleitung aus Akustikgitarre, Cajon und Kontrabass
machen die familiäre Atmosphäre des restlichen Programms noch intimer. Wenn die
Musiker sich während dem Spielen angrinsen und ohne Worte absprechen, über
kleine Fehler schmunzeln oder einfach nur Spaß haben, dann färbt diese
Begeisterung auch auf das Publikum über. Besonders, als Kilian beim Blick aus
dem Fenster grinsen muss, und kurz danach ein weiterer Musiker zur Tür
hereinkommt: Roland alias Buck Roger schlendert mit Geige und Lederhose an
seinen Platz und kommt damit grade rechtzeitig zu seinem Geigensolo. Eine
Überraschung sowohl fürs Publikum als auch für Kilian. Und man merkt: Nicht nur
Fotografieren, sondern auch jede andere Art von Kunst ist immer ein Moment
zwischen Menschen.

Text: Marina
Sprenger

Fotos: Amelie Völker