Die Blues-Band Organ Explosion verkehrt Kontexte von innen nach außen und mischt so die Popwelt auf: mit alten Instrumenten, die in Zeiten vorherrschend elektronischer Musikproduktion durch eigenen Klang hervorstechen, haben sie jetzt ein Debüt-Album herausgebracht, das musikalisches Alt und Neu vermischt.
Die Innereien brechen heraus. Vor Freude kann das passieren, dieses innerliche Explodieren. Die Band Organ Explosion (Foto: Christoph Lohr) hatte aber vermutlich anderes im Sinn, als sie sich diesen Namen gab. Immerhin spielt die Orgel als Instrument in ihrer Musik eine größere Rolle als herausberstende Organe – eine schöne Doppeldeutigkeit schafft die Blues-Band aus München damit aber trotzdem, immerhin kehren sie als Jazzer in der Popszene musikalische Genres und Kontexte von innen nach außen.
Seit 2011 spielt das Trio zusammen – Schlagzeug, Bass und Tasten. Aber diese Tasten sind besonders: Denn Keyboarder, Organist, Pianist Hansi Enzensberger spielt ausschließlich alte Instrumente; also keine Cembali aus dem 17. Jahrhundert, doch ein bisschen erinnert die Musik von Organ Explosion tatsächlich an die Form der historischen Aufführungspraxis, die man aus der Klassik kennt. Der Sound von Hammond-Orgeln etwa konnte digital nie richtig nachgeahmt werden, mit dieser Wärme und Weichheit. Oder ein Rhodes-Piano, dass einen Verstärker braucht und deshalb immer leicht, aber nie störend verzerrt klingt. All diese Instrumente hat das Trio ausgegraben und daraus ein Debüt-Album geschaffen, das klingt, als sei es von 1970. Das Songwriting darauf aber weiß sehr wohl, was musikalisch in der Zeit seit den Sechzigerjahren passiert ist. Funk und Blues erklingen als Grundlage, werden aber von der Härte und Kompromisslosigkeit des Punks durchmischt und kennen die akademische Grundlage des Jazz. Da kommen die Musiker auch her. Wie derzeit so viele aufregende junge Bands haben auch Organ Explosion Musik studiert und mischen mit diesem Wissen die Popwelt auf.
So steigt der Song „Strange Normal“ auf ihrem selbstbetitelten Debüt noch recht unaufgeregt funkig-blueshaft ein, dann aber überrascht das Folgestück „Sneeky“ mit einem Orgelsound der nach spacigen Synthesizern klingt und von einem Disco-Offbeat angetrieben wird. Für so viel Experimentierfreude konnten sie das Jazzlabel „Enja“ gewinnen, auf dem schon die ebenfalls studierte Musikerin Monika Roscher ihr Debüt veröffentlichte. Und auch die drängte mit ihren Jazz-Wurzeln erfolgreich wie erfrischend in den Popkontext.
Stil: Funk, Jazz, Blues.
Besetzung: Hansi Enzensperger: Tasten; Ludwig Klöckner: Bass; Manfred Mildenberger: Drums.
Aus: München.
Seit: 2011.
Internet: www.facebook.com/organexplosion.
Von Rita Argauer