In wenigen Tagen ist Stadt Land Rock 2017. Hier geben wir Einblicke
in die Tiefen des diesjährigen Kosmos aus Britpoppern, Traumwandlern und
Chartstürmern. Heute im Kurzportrait: KLIMT.
Singer/Songwriter
gibt es ja zuhauf in München. Genau so eine ist auch Verena Lederer alias KLIMT. Mit dem entscheidenden
Unterschied: Verena spielt Klavier, nicht Gitarre. Und das, obwohl es recht
banal klingt, bringt eine ganz neue Facette in die Münchner Pop-Szene. Auf
ihrem Keyboard stellt sie einen puren Klaviersound ohne viel Schnickschnack ein
und spielt melancholische Melodien à la Amélie darauf, nur in anspruchsvoller.
Diese paart sie mit ihrer souligen Stimme, die in ihren sehr guten Momenten an Norah Jones denken lässt. Nichts weiter.
Und das gibt es so keine zwei Mal in München – so verspielt ist die restliche
Szene zumeist, so sehr dem Reiz der vielen Möglichkeiten der Klangkreierung
erlegen. Damit steht sie in der Tradition eines Billy Joel oder Tom Waits,
klingt aber natürlich trotzdem grundlegend anders. Allein, weil sie nicht
morgens um vier in einer zwielichtigen Spelunke herumgrölen wird. Zumindest
kann man sich das bei ihrer zarten Erscheinung nur schwer vorstellen.
Das Stadt Land Rock Festival findet dieses Jahr vom 29. Juni bis
zum 1. Juli statt, täglich von 19 bis 22:30 Uhr in der Half Moon Bar auf
dem Sommertollwood. Klimt spielt am 29. Juni zusammen mit Jordan Prince, Chuck Winter und Nikolaus Wolf.
Die bayerische Heimat als Sehnsuchtsort. Bei der Songwriterin Eva klein ist das keine kitschige “Musikantenstadl-Musik”, sondern eine zugängliche Mischung aus Jazz, Country und Chanson. Dabei erinnert sie auch immer wieder an die Tragik einer Edith Piaf und die jazzige Leichtigkeit von Norah Jones.
Das mit der Volksmusik ist so eine Sache. Im englischsprachigen Raum hat die zum Beispiel einen enorm guten Ruf: Folk konnte sich als sich immer wieder erneuerndes Genre etablieren, das dadurch jung blieb und die abgehalfterte Kitsch-Reproduktion der Volkstümlichkeit nur einen kleinen Teil des Stils ausmachte. Auch in Frankreich hat das Chanson einen besseren Ruf – auch bei der Jugend, die sich im Normalfall ja ganz gerne von der älteren Generation abgrenzt. In Deutschland war das, was man Volksmusik nannte, lange gleichbedeutend mit einer gewissen Fernsehsendung, die künstlich inszeniert und seltsam jovial von einem längst vergangenen süddeutsch-geprägten Idyll erzählt. Gerne wird belächelt, dass sich der „Musikantenstadl“ gerade umbenannt hat. Doch es ist auch symptomatisch für das, was mit der Volksmusik passiert: Wenn versucht wird, mit dem neuen Titel „Stadlshow“ einer Glamour-Pop-Kultur hinterher zu kommen, die eigentlich auch schon wieder überholt ist, während Bands wie Kofelgschroa dem Stadl in Sachen authentischer Volkstümlichkeit den Rang abgelaufen haben.
Die Songwriterin Eva Klein (Foto: David Friedmann) kommt auch vom bayerischen Land. Und sie hätte mit ihrer Stimme, ihren melodischen Einfällen und ihrem Gitarrenspiel wunderbar an Claudia Koreck und ihren Mundart-Songwriter-Pop anknüpfen können. Der war zwar nicht ganz so weit vorne wie besagte Oberammergauer Blaskapelle, aber für das Musikantenstadl doch zu rau. Doch Eva Klein interessierte sich mehr für die Folk-Musik anderer Kulturen. Und die hat sich schon viel besser in der hiesigen Popkultur durchgesetzt.
So verbindet die Songwriterin Jazz, Country und Chanson zu einer eben durchaus sehr zugänglichen Mischung. Denn die Zugänglichkeit – wenn Hörer der Musik einfach folgen und schnell darauf einsteigen können – ist vielleicht eines wenigen Kriterien der Folk-Musik, das immer noch uneingeschränkt gilt, weil es die Musik von der Kunstmusik abhebt. Bei Eva Klein kommt hinzu, dass sie sich, obwohl sie nach der Jugend auf dem oberbayerischen Land in Regensburg studiert hat und mittlerweile in München lebt, immer das Ideal des ländlichen Idylls bewahrt hat und dieses als Sehnsuchtsort behält. Die Musik dient ihr so auch dazu, dieses Idyll für sich selbst festzuhalten und zu beschreiben und damit an eine breite Öffentlichkeit zu gehen. Mit ihrem Debüt-Album „Nothing to add“, das 2014 erschien, bündelte sie diese sehr zeitgenössische Vorstellung von Folk. Das trägt eben die Tragik einer Edith Piaf genauso in sich wie die jazzige Leichtigkeit von Norah Jones. Und mit ein bisschen Balkan-Rhythmik und Wechselschlägen wie in ihrem Song „I was Wrong“ kann sich das tatsächlich eine ganz volksnahe Wirkungsweise bewahren.
Von der Songwriter-Musik der zahlreichen Open-Stages ist sie damit weit entfernt. Ihre Musik, die sie live im Trio mit dem Kontrabassisten Flo Streitwieser und dem Gitarristen Tim Turosov präsentiert, ist gesetzt, etwas brav, ja erwachsen. Diese Musik klingt eher in einer gediegenen Bar als in einem Indie-Club. Doch auch das passt zu dieser Neuauffassung von Volksmusik. Denn das ist eine ähnliche Funktion, die früher Blaskapellen in Wirtshäusern übernahmen. Dabei spricht sie eine Generation an, für deren musikalische Sozialisation der Neo-Bayern-Beat, den LaBrassBanda auf den Plan brachte, zu jung ist. Doch für diese Hörerschaft hat sie mit dem Aufgreifen und Abbilden einer gegenwärtigen Popkultur eine Musik geschaffen, die man getrost als Volksmusik ohne Folklore bezeichnen kann; und die 60 Jahre Popkultur und Globalisierung genauso vereint wie die leichte und unaufdringliche Zugänglichkeit, die Volksmusik braucht.