250 Zeichen Wut: U-Bahn fahren

Einsteigen und Handy aus der Tasche holen, bloß keinen Augenkontakt. Unser Autor stört sich an diesem täglichen Ritual und wünscht sich etwas mehr Zwischenmenschlichkeit…

Die U-Bahn ist ein fahrendes Wartezimmer. Keiner spricht. Wir haben 900 Freunde auf Facebook, 700 Follower auf Instagram. Ausgerüstet mit Smartphones, Kopfhörern und Büchern bestreiten wir unseren Weg mehrmals täglich von A nach B. Wir flüchten uns in Musik, Nachrichten und drei-minütigen Videos. Dann befinden wir uns in unseren eigenen geschaffenen Welten. Und diese durchdringt nicht viel.

Vergisst du deine Ausrüstung, so bleibt dir der Blick ins Leere als Abwehr vor Zwischenmenschlichkeit. Eine beklemmende Stille macht sich breit. Vielleicht sind wir gar nicht mehr in der Lage aus der eigenen Blase auszubrechen. Wenn du Glück hast, wird der Zustand der Isolation durch lautes Kindergelächter unterbrochen. Dann atme ich auf. Wir sind noch lebendig.

Text: Eser Aktay

250 Zeichen Wut: Wehret den Milchbauern!

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Das Pendlerdasein taugt zu so mancher Wutrede, alltäglicher Verkehrswahnsinn macht schließlich aggressiv. Schön, wenn ein echter Grund zur Empörung dann doch auch den genervtesten Fahrer zähmt.

Wer pendelt, kennt das: jede Minute zählt und jede Schlafmütze vor einem macht wütend. So wütend, dass die Leute morgens auf dem Weg von Starnberg nach Weilheim drängeln, quengeln und aggressiv überholen. Heute Morgen allerdings unmöglich, weil Wut Wut besiegte: dutzende Traktoren hielten den Verkehr auf, schlimmer denn je. Sie waren auf dem Weg zum Milchbauern-Protest nach München. Und ihre Wut zähmte die der Pendler, die jetzt befürwortend die Milchbauern grüßten und ganz artig blieben.

Text: Friederike Krüger