Inneres nach außen

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Wir porträtieren an dieser Stelle bis zur Vernissage alle 20 mitwirkenden KünstlerInnen unserer Ausstellung
“10 im Quadrat Reloaded”
 im Farbenladen – mal Fotograf, mal
Modell. Heute: Fotografin Alina Cara Oswald.

Bekleidet, nackt oder sogar beim Orgasmus. Das sind die drei
Optionen, zwischen denen die Models beim Shooting mit Alina Oswald, geboren
1992, wählen können. Auf die Körper ihrer Modelle projiziert Alina mit einem
Beamer noch zusätzlich Muster und Farben. Vor dem Shooting unterhält sie sich
mit ihnen und gemeinsam werden die Muster ausgesucht. Es geht ihr darum, was
innen ist, nach außen zu tragen. Das Muster soll deshalb zum Charakter
des Portraitierten passen. Am liebsten fotografiert Alina die Models bei einem
Orgasmus. Am sexuellen Höhepunkt kann niemand mehr steuern, wie er aussieht. In
diesem Moment sind Menschen wahrhaftig
und verletzlich zugleich. Da ihr jedoch
bewusst war, dass sich nicht alle für den Orgasmus entscheiden würden, wollte
Alina ein Überkonzept formulieren. „Es ist schwierig, wenn man sich noch fremd
ist, zu sagen: ‚Fotografier mich bei meinem Höhepunkt!‘“, sagt Alina.

Bereits in ihrer Fotoreihe „Moments“ hat Aline etliche
Menschen unterschiedlichen Alters bei ihrem Höhepunkt fotografiert. Die
Fotoreihe sorgte für Aufsehen: In vielen Zeitungen, Zeitschriften und Webseiten
war sie Thema. Außerdem stellte Alina „Moments“ sehr oft aus. Sie hat eine
Ausbildung zur Kommunikationsdesignerin gemacht. Ein Jahr lang setzte sie
außerdem freie Projekte um. Nun holt Alina das Abitur nach, um danach studieren
zu können. Mit der Fotografie möchte sie den Teil des Inneren eines Menschen
zeigen, den er normalerweise nicht offenbart, weil er es nicht gewöhnt ist oder
ihn verstecken muss. „Ich fotografiere außergewöhnliche Merkmale, Narben,
Dinge, die in der Gesellschaft als nicht ästhetisch gelten“, erklärt Alina. Für
sie sind Menschen, die ihre Makel oder Verletzlichkeit zeigen, wahrhaftig und
authentisch. „Es macht einen Menschen stark, wenn er all seine Seiten zeigen
kann“, sagt sie.

„Ob man beim Shooting Kleidung trägt und wenn ja, wieviel,
und mit welcher Körpersprache man sich zeigt, liegt in der Entscheidung des
dargestellten Künstlers“, sagt Alina. „Ich habe alles mir Entgegengekommene
eingefangen und festgehalten. Ich denke, so war alles ausführbar und
wundervoll.“

Text: Lena Schnelle

Foto: Larissa Nitsche

Von der Natur inspiriert

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Zeichnest du noch oder lebst du schon: Ein Stoffmuster von
Lena Maier, 21, gibt es bald in einem schwedischen Möbelhaus.  

Skandinavisch, designorientiert, qualitativ hochwertig und unverwechselbar – das waren die Vorgaben der schwedischen Designfirma Bemz. Die Lehrerin der Designschule München am Sendlinger Tor gab ihren Schülern zudem den Auftrag, eine exotische Blüte oder Pflanze mit in den Unterricht zu bringen. Lena Maier, 21, hat sich für eine Artischocke entschieden. Der Kontrast zwischen den groben Außenblättern und dem feinen Inneren hat ihr gefallen. Für das Design, das nun nach dem Online-Voting im Finale des Bemz-Design- Award 2016 steht, hat Lena die Artischocke jedoch von ihrer ursprünglichen Form und Farbe abstrahiert.

Für die äußeren grünen Blätter hat sie Papierschablonen angefertigt und diese mit einem Schwamm auf das Papier aufgetupft. Die gelben Fasern sind mit einem Schilfrohr gestempelt. Und für die orangefarbenen Blüten bastelte Lena eine Konstruktion aus Strohhalmen und einem Ast. Mit der hat sie dann die Blüten auf das Papier gekratzt. Die Farben entsprechen nicht eins zu eins denen einer echten Artischocke. Lena hat sich dennoch bewusst dafür entschieden. Sie findet, dass die Farben Grün, Gelb und Orange das Skandinavische gut widerspiegeln.

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Auch bei der Namenswahl hat sie sich für etwas Skandinavisches entschieden. Der Name Artiskok heißt aus dem Dänischen übersetzt nichts weiter als Artischocke. Nach der analogen Arbeit auf dem Papier hat Lena alles abfotografiert und daraus am Computer ein Muster erstellt. Dieses kann nun nach Belieben vervielfacht werden. So ist dann auch der Überzug für das Ikea-Sofa entstanden. Die Designfirma Bemz, die den Wettbewerb zum zweiten Mal ausgeschrieben hat, hat sich darauf spezialisiert, für Ikea-Möbel maßgeschneiderte Überzüge zu entwerfen.

Selbst wenn Lena am Ende den Wettbewerb nicht gewinnt: Ihr Stoffdesign wird von August an Teil der Produktpalette von Bemz sein. Man könnte meinen, dies wäre der Durchbruch ihrer Designkarriere, doch so ganz stimmt das nicht. Lena studiert zwar Design, aber eigentlich nicht Produktdesign, sondern Kommunikationsdesign. An dem Wettbewerb hat Lena nur teilgenommen, weil das Teil ihres Wahlpflichtfachs Pattern war.

Selbst nach dem ersten Erfolg mit ihrem Muster will Lena im Bereich Kommunikationsdesign ihren Schwerpunkt setzen. Ob sie sich das noch einmal überlegt, wenn sie tatsächlich die Prämie von 1000 Euro und die Reise nach Stockholm gewinnt? Vielleicht, gibt die 20-Jährige zu und grinst. Bislang würde sie aber am liebsten nach ihrer Ausbildung in einer Agentur in Regensburg arbeiten. Im Bereich Webdesign. Regensburg deshalb, weil dort viele ihrer Freunde studieren. Das Leben in der Großstadt reizt sie nicht.
 Lena ist ein Landei, das am liebsten in der Natur unterwegs ist. Ihre Kindheit in Neufahrn in Niederbayern hat sie fast immer draußen verbracht. Ansehen tut man ihr das nicht: Lena ist modisch unauffällig gekleidet, wie die meisten jungen Frauen in ihrem Alter. Doch dass sie nicht aus München kommt, hört man sofort. Das Niederbairische ist unverkennbar. Die Naturverbundenheit bemerkt man auch in ihrer Arbeit. Sie ist häufig inspiriert von der Natur. Ein Widerspruch zur Arbeit vor dem Computer? Lena lacht und schiebt eine braune Haarsträhne hinters Ohr: „Am Anfang wollte ich am liebsten Landschaftsgärtnerin oder Landschaftsarchitektin werden.“ Den ganzen Tag nur im Büro zu sitzen? Das konnte sie sich damals noch nicht vorstellen. Auch deshalb hat sie sich für die praktische Variante der Ausbildung und gegen ein Studium im gleichen Bereich entschieden.

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Ob ihr der Schwerpunkt Kommunikationsdesign bei der Umsetzung ihres Designmusters geholfen hat? Sicher ist sich Lena nicht. Aber sie kann sich schon vorstellen, dass sie „vielleicht freier an das Thema herangegangen ist“ als beispielsweise andere Teilnehmer, die reines Modedesign studieren.
So oder so – Lena könnte sich gut vorstellen, dass ihr Design am Ende gewinnt. Schließlich hat bereits bei der ersten Ausschreibung 2014 ein blaues Muster gewonnen. Neben ihrem farbenfrohen Design sind es nun auch in diesem Jahr wieder vorwiegend diverse Blautöne. Nur die Gewinnerin der öffentlichen Ausschreibung hat sich für ein ähnlich buntes Muster wie Lena entschieden.

Gegen die anderen deutschen Teilnehmerinnen von den drei ausgewählten Schulen hat Lena sich nur knapp durchgesetzt – 26 Stimmen Vorsprung waren es am Ende gegen die Zweitplatzierte. Lena ist in jedem Fall froh, dass nicht drei Leute von ihrer Schule weitergekommen sind. Sonst hätte es interne Konkurrenz gegeben, glaubt sie. So hingegen konnten beim Online-Voting alle für sie stimmen.  

Von: Jacqueline Lang

Fotos: BEMZ