Rauf auf die Burg! Jessica Schober wird Burgenbloggerin – und zieht dafür in die mittelrheinische Pampa.
Mit Rheinblick, hohen Zinnen und Schießscharten thront sie auf einem Felsen: die Burg Sooneck im Mittelrheintal. Vom 1. Mai an wird das Jessica Schobers neue Heimat sein. Die junge Journalistin ergreift demnächst einen ungewöhnlichen Beruf: Sie wird Burgenbloggerin im Mittelrheintal. Jessica hat sich damit gegen 700 andere Bewerber durchgesetzt. Ausgeschrieben wurde die Stelle von einer Zeitung, einer Entwicklungsagentur und einer Kultureinrichtung – wohl, um Werbung für die strukturschwache Region Mittelrheintal zu machen.
SZ: Du hast die Deutsche Journalistenschule in München absolviert und arbeitest seit 2012 als freie Journalistin. Und jetzt ziehst du für ein halbes Jahr in die Pampa, um in einer Burg zu wohnen?
Jessica Schober: Es ist ja Premium-Pampa. Ich fand die Idee charmant, auf einer Burg zu leben und Geschichten zu erzählen. Das klang für mich nach dem perfekten Anschlussprojekt nach meiner „Wortwalz“.
Wortwalz?
Ich bin vergangenes Jahr durch deutsche Lokalredaktionen gewandert, in Anlehnung an die Tradition des Gesellenwanderns.
Und jetzt die Burg. Wuchtige Steinwände, hohe Zinnen, Blick auf den Fluss: Das sieht ja erst mal nach Rheinromantik aus. Aber bietet das Mittelrheintal genug Stoff, um jeden Tag darüber zu schreiben?
Es kann nicht nur um die Burg gehen, sondern vor allem um die Menschen. Da gibt es viele interessante Fragen: Warum hat der letzte Bäcker im Dorf zugemacht? Warum gibt es keine Busse, die den Hang hochfahren? Warum ist das Touristenziel gleichzeitig eine strukturschwache Region? Es gehört zu diesem Experiment dazu, sich für ein halbes Jahr in eine Region reinzuwerfen.
Der nächste Ort liegt drei Kilometer weg und hat nicht mal einen Supermarkt …
Die Herausforderung für mich besteht eigentlich nicht darin, in die Provinz zu ziehen, sondern mal sesshaft zu werden. Ich habe in Eichstätt studiert, das ist die kleinste Uni Deutschlands. Vergangenen Sommer war ich bei der „Walz“ ständig unterwegs. Jetzt werde ich mich mal darauf einlassen, ein halbes Jahr dort zu bleiben. Einsam wird es dort nicht, es haben sich viele Freunde angekündigt.
Wie bist du dort untergebracht?
Ich wohne nicht im historischen Teil der Burg, den man sich bei einer Museumsführung anschauen kann. Mein Domizil ist eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung über der Burgschänke.
Wie schaut es mit Internet aus?
Dass das klappt, ist die Hauptbedingung! Aber ich bin da guter Dinge.
„Die Welt“ nannte das Mittelrheintal eine „Traumlandschaft zum Davonlaufen“. Die Region ist strukturschwach, viele Bewohner ziehen weg … Als Burgenbloggerin wirst du von der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz gesponsert. Darfst du da überhaupt kritisch sein?
Es ist wichtig, sich diese Transparenzfrage zu stellen, auch auf dem Blog. Ich bin meine eigene Chefredakteurin, ich habe einen Freibrief, über alles zu berichten. Außerdem werde ich nicht nur darüber schreiben, wie schön es ist, auf der Burg zu leben. Das hat sich schnell auserzählt. Es gibt neben der Burg – sehr symbolisch – einen riesengroßen Steinbruch, der tierisch laut ist. Es gibt Licht und Schatten. Und vieles, wo man kritisch hingucken muss.
Bei deiner Wortwalz hast du ja auf Laptop und Handy verzichtet, um möglichst authentisch auf Gesellenwanderung zu gehen. Was kommt diesmal in den Koffer?
Ich werde mein Akkordeon mitnehmen. Und mein Notizbuch.
Was sagen denn die Freunde dazu?
Ich muss oft darüber lachen, wenn ich ständig Dinge höre wie: „Lässt du dir jetzt die Haare wachsen? Du musst doch Rapunzel spielen!“ Ich werde nach diesem halben Jahr sehr müde sein von allen Ritter-, Burgen- und Dornröschenklischees, aber ich werde sie fröhlich ertragen. Das gehört eben auch dazu.
Interview: Elsbeth Föger
Fotos: Jens Weber
Zu lesen gibt es Jessicas Erfahrungen auf http://www.burgenblogger.de/