Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Max

Statt nach Ostereiern sucht unser Autor

nächste Woche lieber nach bunten Events. Dazu wird er zum Beispiel im Lost Weekend, in der Unterfahrt oder im Kyeso fündig.   

Es
ist Ostern. Doch statt nach Eiern und Osternestern suche ich nächste Woche nach
Events. Und stelle mit Freude fest: Auch am Osterwochenende geht in München
richtig viel.

Sogar
am Karfreitag. Gleich morgens nutze ich den stillen Feiertag, um mir die
Ausstellung “Wildlife
Photographer of the Year
” anzusehen. Die Wanderausstellung
des prestigeträchtigen Wettbewerbs ist noch bis zum 28. Mai im Museum Mensch
und Natur zu Gast. Abends hab ich’s dann schon ein bisschen schwerer. Wenn
wegen des Tanzverbotes sogar der Night Club im Bayerischen Hof “Geschlossen” hat, dann hat man auf
der Suche nach wilder Feierei ein echtes Problem. Also gibt’s diesen Freitag
eben Kultur. Wie gut, dass gleich zwei Münchner Chöre Werke von Johann
Sebastian Bach aufführen. Der Münchner Motettenchor singt die Johannes-Passion, der Münchener Bach-Chor
die Matthäus-Passion.

Auf
den Samstagabend freu ich mich schon. Denn endlich gibt es eine
Plattform für Leute wie mich. Leute, die nicht aufhören können, ihre Umwelt mit
ausgelatschten Flachwitzen und mehr oder weniger tiefsinnigen Wortspielen zu
beglücken. “Awkward
Silences – Open Mic Comedy
” im Lost Weekend – für mich ein
Pflichttermin. Und weil ich danach natürlich bis aufs Höchste belustigt sein
werde, geht’s noch weiter zum Feiern. Als Fan von Partys abseits der
elektronischen Musik bietet sich für mich die “Freak Out!
Alternative Party”
im Backstage an.

Ausschlafen
ist am Sonntag leider nicht drin. Ich muss schleunigst heim zur Familie,
sonst verpass ich den Osterbraten. Und abends muss ich ja schon wieder in
München sein, denn das IsarFlux-Festival steht an. Im Gasteig geben
sich unter Anderem Ni Sala und die Monday Tramps die Ehre. Nebenbei gibt’s auch
noch Ausstellungen verschiedener Künstler. Und das Ganze für umsonst! Auch
wenn’s wehtut, dafür lass ich doch glatt die Jamsession in
der Unterfahrt
mal ausfallen.

Nicht
so schlimm, denn in die Unterfahrt komm ich am Montag noch. Heute spielt
dort die Earforce
Bigband
.
Eigentlich im Funk- und Fusion-Bereich angesiedelt, präsentieren sie am
Ostermontag zum ersten Mal ein lateinamerikanisch angehauchtes Programm. Mehr
Jazz, um genau zu sein Swing, aus den 20er und 30er Jahren, gibt es gleichzeitig
auch noch in der NachtKantine, wo die US-amerikanische Jazz-Combo Good Co zu Gast ist.

Die
Osterfeiertage sind vorbei, doch dass München auch an Werktagen was zu bieten
hat, ist ja eh klar. Eine Attraktion am Dienstag ist Carlo Drechsel.
Unter dem Motto “Chase Your
Dream

spricht der Abenteurer im Bahnwärter Thiel über seine achtzehnmonatige
Afrika-Expedition. Dass er mit seinem Programm in anderen Städten schon Hallen
mit hunderten Leuten gefüllt hat, lässt großes erwarten.

In
der Containerburg des Bahnwärters könnte ich gleich übernachten, denn am
Mittwoch
verschlägt es mich schon wieder dorthin. In der Serie “Schienen-Bus-Konzert” gibt es heute Blues
und Rock mit The Curl, Shilo Gold und dem Veranstalter der Konzertreihe selbst,
Martin Lidl.

Am Donnerstag
zieht es mich zunächst ins Kino. Das Event “Kino der Kunst” ist eine Mischung aus
Filmfestival und Kunstausstellung und untersucht das Verhältnis von bildender
Kunst zu Film. Würde es mir heute nicht gerade gut passen, hätte ich sogar noch
bis Sonntag die Chance, Filme aus einem der zahlreichen
Programmpunkte
zu sehen. Am Abend muss ich mich dann entscheiden –
zwischen zwei Münchner Bands. Im KYESO ist die aufstrebende Indie-Truppe Peak To Peak am Start, während
gleichzeitig Flonoton und
Ama Pola

das Mellow bespielen. Immer diese Zwickmühlen…

Gerade
die eine Entscheidung getroffen, da steht auch schon die nächste an. Am Freitag
beschließe ich, das Versäumnis vom stillen Feiertag letzte Woche nachzuholen
und mal wieder richtig die Sau rauszulassen. Aber wo? Im Gegensatz zum letzten
Freitag sind die Angebote zahlreich. Drum’n’Bass mit Sustain! im Corleone, Hip Hop mit Solemafia im Crux, Keith Carnals Techno im MMA, oder doch
die alternative Party “Geh tanzen” im Ampere?

Als
ich am Samstag aufwache, bin ich mir sicher: Ich hab die richtige Entscheidung
getroffen. Und auch mit meiner Woche bin ich zufrieden. Denn obwohl man im
Gegensatz zur österlichen Eiersuche niemals all die versteckten Veranstaltungen
finden kann, hab ich mir doch wieder eine gute Sammlung zusammengestellt.

Text: Maximilian Mumme

Foto: Serafina  Ferizaj

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Max

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Wenn es um Jazz geht, ist unser Autor einfach unersättlich. Daher lässt er es sich diese Woche im frühlingshaften München so richtig gut gehen: Mit der Jazzrausch Bigband im Harry Klein oder der Jazz-Jamsession in der Pasinger Fabrik zum Beispiel.

Ach Frühling – endlich bist du da. Endlich nach dem
Spazierengehen die Zehen noch spüren, endlich wieder lieber Fahrrad statt
U-Bahn fahren, endlich das Cabriodach des Autos wieder aufmachen… Halt. Ich
hab ja gar kein Cabrio. Geschweige denn ein Auto. Egal, denn zu den Events
nächste Woche komm ich auch sehr gut mit der U-Bahn. Oder eben mit dem Fahrrad.
Oder zu Fuß.

Am Freitag wird es da gleich mal spannend. Denn
ich konnte ein Ticket für den inzwischen längst ausverkauften Auftritt von Shahak
Shapira
ergattern. Über das Internet erlangte der jüdische Autor
und Satiriker vor allem Bekanntheit durch seine

“Storys vong der holygen
Bimmbel” und das Projekt “Yolocaust”. Wie allerdings seine Live-Show
aussehen wird, das ist mir nach wie vor ein Rätsel. Danach geht’s natürlich
noch weiter. Jamsession in der
Kongress Bar – Pflichttermin!

Den Samstag verbringe ich draußen. Ist ja schließlich
Frühling. Aber auch ein wenig in der Hoffnung, Ryan
Inglis und Freddy González
auf einer ihrer Stationen
quer durch die Stadt über den Weg zu laufen. Die beiden Singer-Songwriter spielen
über zwölf
Stunden verteilt Konzerte an sechs verschiedenen Orten,
um
Spenden für einen guten Zweck zu sammeln.

Am Abend geht’s dann ins (H/M)arry Klein, wo die Jazzrausch
Bigband
auftritt – allerdings passend zum Frauenmonat des Clubs
nur die Mädels der Besetzung. Letzte Station für den Samstag ist die Milla, wo
bei “Can
You Dig It?
” wieder ausschließlich vermeintlich unbekannte Hits
aufgelegt werden. Jeder, der einen Song kennt, bekommt einen Drink aufs Haus.

Aufgrund meiner herausragenden Musikkentnisse fällt der
Kater am Sonntag etwas schlimmer aus. Zum Katerfrühstück geht’s ins
H’ugo’s zum New
York Brunch
. Das tut gut! Noch mehr Essen gibt’s dann abends: Unter
dem Namen “Soulfood
to go
” präsentiert der Münchner Jazzchor
“Catchatune” sein aktuelles Programm im Gasteig. Wenn’s um Jazz geht,
bin ich einfach unersättlich.

Nach einem langen Verdauungsschlaf stehe ich am Montag
erst um 19 Uhr auf. Ich hab schließlich Semesterferien! Gerate dann aber doch
noch richtig in Stress, denn eigentlich wollte ich um 19:30 Uhr beim “Bless
The Mic – Rap meets Poetry
” in der
Glockenbachwerkstatt sein. Rap und Poetry-Slam – zwei Sparten mit vielen
Gemeinsamkeiten. Welcher Rapper wohl am Ende die goldene Winkekatze mit nach
Hause nehmen wird?

Dienstag. Das Wetter ist immer noch herrlich. Deswegen beschließe
ich, den Abend mit grillen – chillen – Bierchen killen zu verbringen. Dank der
Sommerzeit ist es jetzt ja wieder länger hell. Erst bei Einbruch der Dunkelheit
zieht es mich zur Jamsession der
Münchner Jazzschool in die Pasinger Fabrik.

Musik hab ich jetzt wirklich schon viel gehabt diese
Woche. Deswegen lasse ich am Mittwoch (ein bisschen wehmütig) das
Doppelkonzert von Inside
Golden und den Black Submarines
im Unter Deck ausfallen.
Stattdessen widme ich mich einem Blatt Papier. Und zwar genau im Format A5. Das
ist nämlich das Konzept des Abends “1000
Drawings
” im Lost Weekend. Es wird gezeichnet – egal wie,
egal was, Hauptsache auf ein A5-Blatt. Und die besten Kunstwerke werden am Ende
für einen guten Zweck verkauft. Vielleicht entdecke ich ja doch noch den
Zeichner in mir.

Ok, ein Zeichner werde ich nicht mehr. Das denke ich mir
am Donnerstagmorgen. Dann eben Fotografie. Die ideale Inspiration dafür
gibt es heute in der Immagis Galerie, wo Fotograf Marc
Hom
Porträtfotos von bekannten und einflussreichen
Persönlichkeiten ausstellt. Danach aber wieder zurück zu dem, was ich kann:
Musik. Und da gibt’s heute wirklich ein vielfältiges Angebot: Johnny
Rakete
in der Milla, das Beat-Battle “OneBeat
SampleSlam
” im Bahnwärter Thiel oder unser alter Bekannter Ryan
Inglis zusammen mit Julian Heller
im
Kyeso. Ich bin planlos.

War ja klar. Ich war so überfordert von der Flut an
Angeboten, dass ich den Abend letztendlich daheim verbracht hab. Egal, denn am Freitag
steht noch ein Highlight zum Wochenabschluss an. Altsaxophon-Gott Maceo
Parker
kommt in die Muffathalle! Seine Show, die sich
wahrscheinlich am besten als Drei-Stunden-Jamsession auf sehr hohem Niveau
bezeichnen lässt, weckt Frühlingsgefühle bei mir und bei jedem Liebhaber des
Funk und Soul. Auf viele weitere Wochen wie diese im frühlingshaften München!

Text: Maximilian Mumme

Foto: Serafina  Ferizaj

„Wir sind Trüffelschweine des Heavy Metal“

Lennart Hammerer und Konstantin Kárpáty, beide 21, organisieren das Trveheim-Festival für junge und alte Musiker. Damit fördern sie den Nachwuchs einer vom Aussterben bedrohten Szene.

Es scheint die Sonne, aber das interessiert hier gerade niemanden. Herbst 2016, in einer Turnhalle im Süden von München. Hier drinnen ist es dunkel. Überall hängen Kunstnebelschwaden, durch die das bunt blitzende Scheinwerferlicht nur gebrochen die große Bühne erhellt. Ein Spot beleuchtet den Gitarristen, der gerade mit furioser Fingertechnik seinem weißen, pfeilförmigen Instrument virtuose Melodielinien entlockt. Seine langen, verschwitzten Haare wirft er im Rhythmus des Schlagzeugs vor und zurück, sodass sie ihm immer wieder die Sicht aufs Griffbrett zu nehmen scheinen. Das Publikum tut ihm gleich. Fliegende Haare in der ganzen Menge. In der einen Hand ein Bierbecher, die andere zur Faust geballt in die Luft gestreckt.

Ein halbes Jahr später, vormittags in einer Münchner Kneipe. Zwei junge Männer, beide groß, stämmig und mit massiver lockiger Haarpracht, gekleidet in Bluejeans, schwarzem Band-Shirt und Lederjacke, beim Weißwurstfrühstück. Es sind Lennart Hammerer und Konstantin Kárpáty, beide 21 Jahre alt. Sie sind die Organisatoren des Heavy Metal-Festivals „Trveheim“.

Gerade ist Klausurenzeit an der LMU. Lennart studiert Kunst und Multimedia, Konstantin Archäologie. Er kommt direkt aus der Bibliothek nebenan, unterbricht das Lernen nur kurz fürs Frühstück. Dennoch wirkt er entspannt. Die beiden tauschen sich über Organisatorisches aus, es geht um befreundete Bands, um Camping, um Sponsoren. Die Gelassenheit in ihrer Sprache wirkt, als hätten sie bereits jahrelange Erfahrung im Eventmanagement. Dabei findet Trveheim erst zum zweiten Mal statt. Diesmal in Hallbergmoos.

Genau wie der Premiere sollen sich auch im August 2017 wieder Legenden des traditionellen Heavy Metal mit dem Nachwuchs der Szene eine Bühne teilen. „Das Ziel ist, jungen Bands eine Plattform zu geben, denn die Macker der Szene machen das eher wenig.“ Eine Problematik, die die beiden bereits am eigenen Leib erfahren mussten. Schon früh teilen Lennart und Konstantin mit dem Heavy Metal eine Leidenschaft. Die Musik prägt ihr Leben, Lennart lernt E-Gitarre, Konstantin Bass. Sie lernen sich kennen, als Lennart mit 17 auf der Suche nach einem neuen Bassisten für seine Band Skullwinx ist: Konstantin. Doch die Band steht bald vor einem Problem: Etablierte Festivals lehnen sie ab, eine Fangemeinde aufzubauen, fällt schwer. Deshalb beginnen sie, eine Sampler-CD zusammenzustellen. „Der Gedanke hinter dem Sampler war: Lass uns doch die Fans der anderen Bands holen. Wenn die uns hören, weil wir mit denen auf der gleichen CD sind, dann bringt uns das doch was. Und den anderen Bands natürlich auch.“

Den nächsten Schritt zu gehen und ein eigenes Festival zu organisieren, „das war ein Traum von uns, das wollten wir schon immer machen“. Doch zunächst sehen sich die beiden der Aufgabe nicht gewachsen. „Der Sampler ist mit Bands anschreiben, GEMA und Design fertig. Aber für ein Festival, da musst du wirklich was tun.“ Erst als sie erfolgreich ein Albumrelease-Konzert für ihre Band organisieren, ist ihr Eindruck: auch ein Festival ist machbar. So findet Anfang Oktober 2016 das erste Trveheim-Festival statt, auf dem neben Skullwinx noch acht weitere Bands der jungen und der alten Heavy Metal-Generation auftreten.

Die Vertreter der alten Generation stammen vor allem aus den Achtzigerjahren. Zu dieser Zeit nahm der Metal der alten Schule seine Ursprünge in Großbritannien, wo er durch Bands wie Iron Maiden oder Judas Priest verbreitet wurde. Nach heutiger Vorstellung erinnert der Stil mehr an Hard Rock als an Metal, denn die heutigen Gesangstechniken Screaming, Shouting und Growling sind im traditionellen Heavy Metal noch nicht vertreten. Nachdem in den Neunzigerjahren der Heavy Metal zwischen Grunge und Industrial nahezu verschwand, wurde er erst nach dem Millennium wiederbelebt.

Diese neue Welle des traditionellen Heavy Metal ist es, die Lennart und Konstantin mit Trveheim unterstützen. Und das mit Leidenschaft. „Es ist normal bei den Festivals in der gleichen Szene, dass die Organisatoren und Promoter sich nie wirklich die Zeit nehmen, den Bands zurückzuschreiben und zu sagen, was das Problem ist, warum sie nicht spielen. Das wollen wir auf jeden Fall ändern.“ Deshalb beantwortet Lennart jeden Tag mehrere Bewerbungsmails mit Zu- oder Absagen und einer Begründung seiner Wahl. Gleichzeitig begibt er sich selbst auf die Suche nach unentdeckten Talenten und längst vergessenen Urgesteinen. „Wir wühlen im tiefen Underground, sind also quasi Trüffelschweine des Heavy Metal. Und wenn wir auf eine Band Bock haben, dann finden wir irgendwie den Kontakt raus.“ Dass Kontaktaufnahme ein Problem ist, lässt sich heute im digitalen Zeitalter nur noch verstehen, wenn man bedenkt, dass es manche der Bands schon seit 30 Jahren eigentlich nicht mehr gibt.

Dass das Festival einen Mehrwert für die Szene bietet, findet auch Alec Trojan. Er ist Bassist der jungen Band Blackslash, mit der er auf der ersten Ausgabe des Trveheim aufgetreten ist. Zwar ist er der Meinung, dass auch andere Festivals gute Nachwuchsarbeit leisten, dennoch ist für ihn „jedes Konzert, jedes Festival eine Bereicherung“. Ihn freut, dass auf Events wie dem Trveheim die junge und die alte Generation des Metal aufeinandertreffen. „Viele ältere Heavys hören uns zum ersten Mal und sagen: ,So was habe ich zuletzt vor 30 Jahren gehört und auf einmal gibt es das wieder, das wusste ich ja gar nicht.‘“

Die Festivalorganisation nach dem Studium zum Hauptberuf zu machen, das möchten beide jedoch nicht. Momentan ist Trveheim nicht profitabel, und das soll auch so bleiben. „Sonst muss ich Bands buchen, hinter denen ich nicht zu 100 Prozent stehe“, begründet Lennart diese Entscheidung. „Ich denke, dass es an Wert verliert, wenn‘s ums Geld geht“, fügt Konstantin hinzu. Und eben dieser Wert ist es, den die beiden auch für zukünftige Generationen der Metal-Szene erhalten wollen.  

Text: Maximilian Mumme

Foto: Stephan Rumpf