Nach einem Uni-Seminar über Nachhaltigkeit gründeten Aleksandra Kushnirovich, 23, und drei Kommilitonen ein Upcycling-Projekt: Klumpgold. Sie veranstalten Bastelnachmittage und werten alte Sachen auf. Kommerziell wollen sie damit nicht sein. Ihnen ist wichtig den Gedanken in das Bewusstsein der Gesellschaft zu bringen.
München – Carmen Dandrea, 20, trägt eine Brosche aus golden angemalten Kronkorken, auf denen mit schwarzen Edding K und G geschrieben ist. Sie ist mit einer Sicherheitsnadel an ihrem T-Shirt befestigt. Die Buchstaben stehen für „Klumpgold“ – ein Upcycling-Projekt, das Carmen mit Aleksandra Kushnirovich, 23, und Kerstin Metko, 27, nach einem Uni-Seminar gegründet hat, um sich für Nachhaltigkeit einzusetzen.
Die Semesterferien eigenen sich hervorragend, um die anstrengende Prüfungsphase zu vergessen und neue Kraft für die kommenden Referate zu schöpfen. Oder um Seminare in der Spring School der LMU über die eigene Fachrichtung hinaus zu belegen. Vergangenen März wurde ein Kurs angeboten, der sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt. Doch was ist eigentlich Nachhaltigkeit? Und wie konsumiert man überhaupt richtig? Die Studentinnen sehen sich durch die Teilnahme an dem Seminar das erste Mal von der Frage direkt betroffen. Mit dem Kurs für Studenten der Soziologie, Politikwissenschaft und Kommunikationswissenschaft besuchen sie das Second-Hand Kaufhaus Diakonia. Dort werden günstig gebrauchte Möbel, Kleidung, Bücher und Schallplatten verkauft. Jedoch findet nicht alles einen Abnehmer. Zudem werden viele Waren einfach weggeworfen.
Das wollen sie ändern: Aleksandra, Carmen und Kerstin beschließen, etwas gegen den Wegwerf-Mentalität in unserer Gesellschaft zu tun und rufen die Gemeinschaft „Klumpgold“ ins Leben. Bei dem Projekt möchten sie alte Sachen, die sich unter anderem von dem Kaufhaus Diakonia geschenkt bekommen, bei Bastelnachmittagen aufwerten. Aus ausgetragenen Pullovern und Kleidern nähen sie einen Rucksack. Und Schallplatten, die keiner mehr hören will, werden mit Hitzebehandlung zu Schüsseln geformt. Auch an eigenen Sachen wird gebastelt. „Wir sind alles Studenten und besitzen Dinge im Überfluss. Alte Sachen, die man damals unbedingt haben wollte und gekauft hat, aber jetzt in der Ecke rumliegen. Solche Gegenstände wollen wir aufwerten“, sagt Aleksandra.
Einen höheren Wert bekommen die Gegenstände dadurch, dass die Studenten basteln, verändern und kreativ sind. Matthias Schneider, 24, der zu den vier Hauptaktivisten von Klumpgold gehört, hat die Seiten eines Buchs ausgefräst und zu einer Schmuckschatulle umfunktioniert. Mit den Schnipseln beklebt er die Außenseite. Jetzt bewahrt er Stifte und Krimskrams darin auf.
„Klumpgold setzt sich aus Klump und Gold zusammen. Genau was wir bewirken wollen! Aus Schrott wieder etwas Wertvollen machen“, sagt Carmen. Bis jetzt haben sie einen Basteltag beim diesjährigen Bildungscamp veranstaltet. Material und Sachen zur Verfügung gestellt und selbst fleißig Hand angelegt. Nach und nach sind die neugierigen Studenten gekommen und haben gefragt, was das hier soll oder gleich mitgemacht. Die umgestalteten Sachen nehmen sie noch mit nach Hause oder schenken sie zum Beispiel der Fachschaft. Die Aschenbecher aus alten Blechbüchsen sind bereits zum Einsatz gekommen. „Kommerziell sein, also unsere Sachen verkaufen, das wollen wir nicht“, sagt Aleksandra. „Was wir genau mit den Sachen machen, wissen wir noch nicht. Das müssen wir gemeinsam entscheiden. Aber es ist klar, dass wir auch keine zehn Aschenbecher daheim rumliegen haben wollen. Das braucht keiner!“
Die Bastelabende sind öffentlich und werden über ihre Facebook-Gruppe im Internet bekannt gegeben. Willkommen ist dort jeder, egal ob immatrikuliert oder nicht. Doch wichtiger als die gemeinsame Bastelei ist den Studenten, den Gedanken der Nachhaltigkeit weiterzuvermitteln. Sie wollen die Gesellschaft zu einem bewussteren Konsum anregen.
Die Auszubildende Anja Unterseher, 22, wird durch eine Freundin auf das Upcycling-Projekt aufmerksam. Bei einem gemeinsamen Bastelabend funktioniert sie unbrauchbare Kabel und eine Schmetterlingsbrosche zu einem Armband um. „Ich habe nicht so viel Geld zur Verfügung, da ist es schön, für was Neues kein Geld ausgeben zu müssen“, sagt sie.
Momentan herrsche in Deutschland eine Überproduktion, die es nicht geben müsste, sagt Aleksandra. Nach dem Seminar hat sie sich mit dem Thema Tauschwirtschaft auseinander gesetzt. Dies würde den Konsum senken oder sich zumindest auf das Kaufverhalten auswirken. Sie selbst kauft nicht mehr bei schwedischen Modelinien ein, wenn sie ein neues Outfit möchte, sondern besucht Kleider-Tausch-Partys. Wenn sie dort nichts findet, hat sie nun noch eine andere Möglichkeit. Sie näht ihre alten Kleider auf den Bastelabenden um.
Foto: Matthias Schneider
Stefanie Witterauf