Einmal wollte einer, dass ich Blumen auflege

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Martin Günzel, 21, lässt als Vital Electronica Donkey Kong durch die Münchner Clubs hüpfen. Oder geometrische Figuren im Takt der Musik schwirren. Als VJ projeziert er Clips auf Wände und Leinwände der Discos. Mit der visuellen Unterstützung der Musik möchten VJ’s den Club-Besuch der Nachtschwärmer intensiver gestalten.

Martin Günzel, 21, arbeitet als Lichttechniker und Elektroniker beim Bayerischen Fernsehen und konnte dort die Grundkenntnisse im Videobereich sammeln. Seit 2010 ist er als Vital Electronica in den Clubs in München und Umgebung als Visual Jockey unterwegs. Mit teilweise selbstaufgenommen Videos und verfremdeten Clips kombiniert er den Sound von den DJ mit bewegten Bildern. Am Freitag, 8. November 2013 tritt er als VJ beim “Sound of Munich Electronica” auf.

Was genau versteht man unter dem Begriff VJ?
Ein VJ ist ein Videokünstler. Die Abkürzung steht für Visual Jockey. Er unterstützt den DJ graphisch, das heißt durch Videos und bewegte Bilder. Er arbeitet ähnlich wie ein DJ. Ich bringe auch meinen Laptop mit und stöpsel mich an die Anlage an. Ich leg dann keinen Sound auf, aber visuelle Sachen meistens über Projektoren oder LED Wände. Genauso wie ein DJ habe ich meine Playlisten dabei.

Wie arbeitet ein Visual Jockey?
Nur bei bekannten DJs habe ich eine Playlist vorab, zum Beispiel bei Klangkarussell. Da arbeite ich dann eine Weile darauf hin und lade mir die Musikvideos runter. Oder zur Musik passende Videos. Ich habe eine relativ große Datenbank von Videos und Clips und je nach dem, in welche Richtung der DJ gerade geht, ob es eher minimalistischer, housiger oder funkiger ist, habe ich meine Clips dabei.

Also arbeitest du live?
Ja genau, es wird alles live entschieden. Es gibt sehr wenige Sachen, die vorher produziert werden können. So ein Clip dauert ja meistens nicht länger als 30 Sekunden. Sie werden ständig wiederholt. Ich hör mir zur Vorbereitung Live Mitschnitte oder Podcasts von den DJs an, aber man kann relativ leicht live entscheiden, welche Clips man spielt.

Wie wird man VJ?
Ich kenne die Art aufzulegen schon seitdem ich in der Veranstaltungstechnik tätig bin. Das erste Mal bin ich ins Gespräch mit einem VJ auf dem on3 Festival im Funkhaus gekommen, es war Martin Mayer von sinsynplus. Der hatte dort eine abgefahrene Videomapping Installation. Da richtet man die Projektoren nicht auf Leinwände, sondern auf Gegenstände oder Gebäude. Das ganze ist mit viel Arbeit verbunden. Man schneidet virtuell am Computer diese Bereiche aus und passt so sein Bild dem Gegenstand an. So entsteht der Effekt, dass das Objekt von sich aus leuchtet. Das ist ein optischer Trick. Das Bild kommt entzerrt raus und wirkt durch das Objekt wieder verzerrt entzerrt. Martin Mayer hat mir paar Go’s und No-Go’s als Visual Jockey gezeigt. Dann war ich auf mich selbst gestellt, aber da kommt man schnell rein, wenn man eine gewisse Kreativität mitbringt.

Sind VJs elementar in der heutigen Clubszene?
Ganz eindeutig nur mal in der elektronischen Szene. Es gibt zwar VJs in Clubs wo auch Hip-Hop und R’n’B gespielt wird, aber damit habe ich wenig Erfahrung. Meine Clips sind musikgetaktet und passen deswegen nur auf Electro oder Technopartys. Da liegt die Geschwindigkeit bei 120 bis 133 bpm. Bei einer normalen Houseparty geht das hoch und runter, das macht es unmöglich die Videos daran anzupassen. Es macht mehr her, als die einfachen Lichteffekte wie Stroboskope. Einfach gesagt: Man sieht einfach mehr! Aber die Musik steht trotzdem im Vordergrund. Wir sind da, um die DJ zu unterstützen, doch der Sound ist das Wichtigste an so einem Abend.

Was ist das Skurrilste, was dir bisher als VJ passiert ist?
Ich hab im Harry Klein meine Visuals aufgelegt. Es war ein normaler Abend. Irgendwann kam einer zu mir und hat sich gewünscht, dass ich Clips mit Blumen spiele. Ein bisschen hab ich gestutzt, aber hab dann Videos mit Blumen aufgelegt. Dann ist er richtig abgegangen und hat sich bei mir bedankt. Am meisten Lob gibt es von VJ Kollegen, weil es den meisten normalen Partybesuchern nicht so auffällt, was für eine Arbeit hinter den Videos steckt.

Stefanie Witterauf