Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Marietta

Endlich strahlt die Sonne in der Stadt! Perfektes Wetter, um sich draußen aufzuhalten. Neben einigen Konzerten, besucht unsere Autorin auch den Flohmarkt auf der Theresienwiese.

Die Woche neigt sich mit strahlendem Sommertagen und endlich komplett eintreffenden Frühlingsgefühlen dem Wochenende zu und ich verbringe den Freitagnachmittag erstmal an der Isar. Der Münchner Sommer lässt mich jedes mal wieder neu das strahlende Lebensgefühl dieser Stadt erkennen.
Abends mache ich mich auf den Weg ins Feierwerk. Martin Steer, Mitglied der Band Frittenbude, ist mit seinem neuen Soloprojekt Bad Stream auf Tour. Frittenbude fasziniert mich schon seit dem ersten Album mit ihren facettenreichen Songs und Stilen und auch das Soloprojekt von Martins Bandkollegen Jakob Häglsperger unter dem Namen Kalipo begeisterte mich sofort durch die so andersartige und verträumte Stimmung. Meine Affinität für die Musikerzeugnisse dieser drei so unterschiedliche Art kreativen Jungs lässt mich gespannt auf die Eindrücke von Bad Stream. 

 Am Samstag stehe ich dennoch früh auf, denn ich will auf dem Flohmarkt des Roten Kreuzes auf die Theresienwiese. Wie immer scheitert mein Versuch, einen Flohmarktbesuch systematisch anzugehen. Nach einer sorgfältig durchkämmten Reihe lasse ich mich von doch der Anziehungskraft des riesigen Angebots, wild von in alle Himmelsrichtungen treiben. Ich verliere mich im Irrgarten der Stände, bezaubert von den die letzten drei Generationen durchwandernden Exponaten.
Abends fahre ich dann noch in den besten Vorort von München… Ein Konzert der Münchner Hardcore-Ikonen Emil Bulls steht an, in meiner Lieblings Location jenseits der Münchner Stadttore, der Kantine Augsburg. 

 Am Sonntag komme ich, immernoch erschöpft von der Wucht des Konzerts, zurück nach München, doch nach einem Mittagsschläfchen gehts für mich direkt weiter ins Kulturprojekt von Allach. Das Kollektiv Netzwerk Spinner veranstaltet den Sunday Moonwalk, ein entspannter Sonntagnachmittag, eine Symbiose aus Kunst, Musik und sogar der Möglichkeit, die eigene Kreativität in das Projekt mit einfließen zu lassen. Im zauberhaften, fast magischen Ambiente der Container bekommt man tatsächlich das Gefühl einer anderen Galaxie. Ich lasse mich fallen, hinein ins Wurmloch. 

Der Montag ist geprägt von frühem Aufstehen, Uni und Verarbeitung der so verschieden Eindrücke des Wochenendes.
Abends schaue ich trotzdem noch im cucurucu vorbei. In der Bar der Hauskonzerte-Jungs kann man sich der guten Musik stets sicher sein. HELMUT, der mit seine Loop-Maschine zu fusionieren scheint, habe ich vor ein paar Jahren schonmal gesehen, aber bin gespannt auf Lakedaimon, ein “Sideprojekt” des lokal bekannten Dobré. 

Am Dienstag muss ich mich dann aber wirklich erholen und verbringe den Abend nur daheim. Denn am Mittwoch wartet wieder ein Konzert. Die kanadische Noise-Punk Gruppe Metz präsentiert ihr neues Album und zerlegt das wie immer zu heiße und gut gefüllte Strøm. Man muss die wilden Klänge mögen, aber für jeden Fan des Lo-Fi Kraches, ist der Spaß garantiert.

 Am Donnerstagabend zieht es mich in die Rennbahn Schwabing. Die kleine, altschwabinger Bar an der Münchner Freiheit war schon zu meinen Schulzeiten eine unserer Stammkneipen. Mittlerweile haben zwei Schulfreunde von mir die Bar übernommen und feiern am Donnerstag nach einer kleinen Pause die Wiedereröffnung. Seit Anfang April kann man sich schon wieder auf den Lederbarhockern niederlassen, aber am Donnerstag leiten die Jungs unter dem passenden Motto “Frühlingsfest / Wir sind wieder da!” die warme Jahreszeit nun offiziell ein. Denn sie haben recht – wenn der Münchner Sommer kommt, sind alle wieder da.

Foto: Privat

Text: Marietta Jestl

Große Themenvielfalt im Farbenladen

Es ist wieder kalt geworden, der Frühling hat sich verabschiedet. Alles ist trüb und grau auf der Hansastraße. Doch der Farbenladen erstrahlt zum Glück als einziger Lichtfleck. Romina Ecker verzaubert das Publikum mit ihren Texten und King Pigeon sorgen für musikalische Untermalung

Zwischen einigen neugierigen Besuchern treffen schon bald
die Jungs von King Pigeon ein. Sie werden später ein Akustik Set spielen.
Vorher muss aber noch aufgebaut und der Sound ausgiebig gecheckt werden: Mikros
werden gerückt und Entfernungen optimal austariert, Dominik platziert eine
Banane neben seinem Cajon, die Nervennahrung darf schließlich nicht fehlen.

Zuvor nimmt aber noch ein zierliches Mädchen mit schwarzen
Zöpfen und roten Lippen an dem kleinen Metalltischchen in der Mitte des Raumes
platz um die Gäste für die nächste halbe Stunde in ihren Bann zu ziehen. Es ist
Romina Ecker, eine junge Drehbuch Studentin der HFF München. Sie wird einige
Texte vortragen, die in ihrer Variabilität sehr gut in den Rahmen der Ausstellung
passen: In so verschiedenen Situationen wie die Models auf den Fotos
präsentiert werden, so breit gefächert sind auch Rominas Themen und Schauplätze.

Ihr erster Text heißt „Tropical Banana“ – der Titel makaber
in seiner Heiterkeit, denn der Text behandelt nichts weniger als dem Kampf mit
dem Tod. Die Erzählung erfolgt in Ich-Form, was den Text umso ergreifender
macht, und ist gespickt von metaphorischen Bildern. Zwischen Knochenfrauen,
Giftbars und Glaskerkern wird die Brutalität deutlich, mit der eine Krankheit
ein Leben beenden kann, und die Unsicherheit, in der so ein Einschnitt die
Personen lässt, wird unterstrichen durch das immer wieder auftauchende Wörtchen
„vielleicht“.

Als Überleitung liest Romina zwischen den Texten je eine
Postkarte vor, und es wird einem schnell bewusst, dass gerade der kurze Text
auf einer Postkarte erneut ausdrückt, wie unterschiedlich  Persönlichkeiten sein können. Der knappe,
dramatische oder gestresste Stil der Karten sorgt bei den Zuhörern für einige
Lacher und trägt somit zur Auflockerung der Stimmung zwischen den schweren
Themen bei. Trotz der Ernsthaftigkeit der Texte ist Rominas Humor überraschend
unvorhersehbar und taucht völlig unvermittelt auf. Die Beschreibungen sind
detailreich und man identifiziert sofort die Drehbuchautorin dahinter, denn es
fällt dem Zuhörer leicht, sich direkt in die Szene hineinzuversetzen. Auch im
letzten  Text „Das 5. Pferd“ sind die
Worte so lautmalerisch gewählt, sodass man sich fühlt, als würde man mit auf
die Kutschfahrt nach Pavia gehen und das Schnauben der Pferde hören.

Nach der Lesung wird direkt angeregt diskutiert. Wie so oft
steht die Frage im Mittelpunkt, wie man als junge Literatin heute ausreichend
Aufmerksamkeit erlangt, besonders in einer Stadt wie München. „Schade, dass
sowas in München immer so am Rande stattzufinden scheint“, sagt auch Romina.
„Man muss die Leute immer erst überreden zu solchen Veranstaltungen zu kommen,
als hätten sie irgendwas zu verlieren. Dabei reden die Leute immer davon, was
alles in München fehlt, aber anstatt einfach mal hinzugehen, und sich
überraschen zu lassen, ziehen sie lieber in eine andere Stadt, in der
vermeintlich mehr los ist.“ Trotzdem ist sie optimistisch, dass ihre Arbeit
auch Aufmerksamkeit erlangt, denn es gibt treues Publikum. Sie empfiehlt die
Webserie „Fett und Fett“, an der sie derzeit mitwirkt. 2019 erscheint die 2.
Staffel, alles frei verfügbar auf Vimeo.

Über die Ausstellung wird natürlich auch noch gesprochen,
denn Alina Oswald, eine der Fotografinnen, ist vor Ort. Mit der Moderatorin
Kathi Hartinger spricht sie kurz über ihre Fotoserie, in der sie Muster auf die
nackte Haut der Models projiziert hat. „Die Arbeit mit den Models war sehr
natürlich und individuell und die Shootings gestalteten sich spontan und
persönlich. Ich habe die Models selbst entscheiden lassen, wie weit sie sich
öffnen wollten.“ Außerdem lobt Alina auch das gesamte Projekt der Ausstellung
„10 im Quadrat“. Die große Diversität an teilhabenden Persönlichkeiten sei eine
wunderbare Gelegenheit für die Entstehung von Vernetzungen in der
künstlerischen Szene Münchens. „Schade, dass sich die Fotografen während des
Projekts nicht so genau kennengelernt haben, aber ich habe mir dennoch viel
Inspiration holen können.“, sagt Alina.

Mittlerweile ist es dunkel vor den großen, einladend
leuchtenden Fenstern des Farbenladens und es hat sogar angefangen zu schneien.
Doch drinnen bleibt die Atmosphäre wohlig warm, denn nun betreten King Pigeon
die Bühne. Obwohl die Band normalerweise zu viert auftritt, scheint es dem
Akustik Set an nichts zu fehlen. Die Gitarrenriffs sind clean, die Stimmen klar
und die Melodien gehen sofort ins Ohr. Der treibende Beat des Cajons verleitet
unvermittelt dazu, mit im Takt zu klatschen und auch wir vom SZ Junge Leute
Team wippen hinter der Bar begeistert auf den Zehenspitzen auf und ab. Ja, die
Musik von King Pigeon macht Spaß und ist durchaus sehr tanzbar. Wer die Band in
voller Besetzung hören will, sollte am 04.04. im Orange House vorbeischauen, da
treten die Jungs als nächstes auf und freuen sich über neue Gesichter.

Doch auch das Akustik Set war für die Jungs sehr lehrreich.
„Es war gar nicht so leicht das zu planen“, sagt Chris. „Wir dachten, wir
treffen uns ein zwei Mal, aber haben im Endeffekt dann fünf mal für den
Auftritt geprobt“. Marius stimmt zu. „Man entdeckt seine eigenen Songs
plötzlich ganz anders. An vielen Stellen muss man variieren und Dinge ersetzen,
wobei man alles nochmal neu überdenkt. Dabei haben wir viel gelernt.“ King
Pigeon bedanken sich bei der SZ Junge Leute Seite für die Einladung und
besonders auch bei dem aufmerksamen Publikum. „Es ist anders, wenn alles hell
ist und man auf einmal ein sitzendes Publikum hat“, sagt Chris. „Da hat man
einfach nicht das direkte Feedback und mit der Situation muss man auch umgehen
können. Das hat für uns aber sehr gut geklappt.“

Auch nach dem Konzert bleiben die Besucher noch lange,
schlendern noch einmal durch die Ausstellung und plaudern mit den Künstlern.
Vernetzungen entstehen, Kontakte werden geknüpft, gemeinsam wird weitergezogen.
Der Samstagabend ist schließlich noch jung und in München ist immer etwas los.

Fotos: privat

Text: Marietta Jestl