Band der Woche: Swango

Der Münchner Rapper Manekin Peace verbindet für sein neues Projekt Swango Stepptanz und Live-Musik. Die Schritte sorgen gleichzeitig für Takt und Bewegung auf der Bühne. Jetzt ist die erste Single “Life is too short” erschienen. 

Im hochklassigen US-Pop sind spätestens seit den Neunzigerjahren Tanz und Musik eng verknüpft. Zu Michael Jacksons Einzigartigkeit trug sein Tanzstil in ebenso großem Maß bei wie seine Stimme. Und auch die Boygroups in ihrer Hochphase kurz vor dem Millennium mussten mindestens ebenso gut in Formationstänzen sein wie im Säuseln. Nach dem Jahrtausendwechsel ließ diese Tanzfixierung in der Popmusik schließlich nach: Die Instrumente rückten wieder in den Vordergrund. Es war wichtiger, eine gut spielende Band auf der Bühne zu haben, als eine Horde wild kostümierter Hampelmänner. Mittlerweile aber will man im Pop schlicht alles: Band, Tänzer, Bühnenshow und Visuals – Rihanna oder Beyoncé fahren live mit allem auf, was das Pop-Show-Arsenal so zu bieten hat.

Der Münchner Rapper Manekin Peace verbindet für sein neues Projekt Swango nun ebenfalls Tanz und Live-Musik. Doch er reduziert den Größen-Anspruch der Mainstream-Pop-Shows auf eine charmante Lo-Fi-Ästhetik. Dafür nutzt er einen Clou, der tatsächlich noch relativ neu ist in der Popmusik. Denn er bedient sich mit dem Stepptanz eines der wenigen Tanzstile, die gleichzeitig Tanz und Musikinstrument sind. Zum Klacker-Beat der metallbeschlagenen Schuhe spielt bei Swango nun eine Akustik-Gitarre, während Dan Robb alias Manekin Peace mit langem Rausche-Bart und Holzfäller-Hemd in bester Waldschrat-Ästhetik darauf rappt.
 

„Life is too short“ heißt die erste Single, die diese so ungewöhnlich besetzte Band nun veröffentlicht hat. Doch wie man das von den vorherigen Projekten des Münchner Rappers schon gewohnt ist, verbirgt sich dahinter noch eine ganze Menge anderer Irrsinn als die bloße Kombination von Stepptanz und Hip-Hop. In dem aufwendigen Video stapft Manekin Peace in Godzilla-Größe durch München, gefolgt von einem aus Laser-Augen schießenden und als Astronaut verkleidetem Hund. Das ist bildsprachlich der Surrealismus des 21. Jahrhunderts. Und auch musikalisch wirkt das nicht minder absurd: Manekin Peace, der amerikanischer Muttersprachler ist, rappt in feinstem US-Hip-Hop-Flow, sein jüngerer Bruder Tim Robb, alias Skill-Gott Heron, tanzt dazu den tief in der US-amerikanischen Kultur verwurzelten Stepptanz – in seinem Anzug-Outfit wirkt er allerdings mehr wie ein Betriebswirt, während Gitarrist Ahmet Tanar in Althippie-Manier die Lagerfeuergitarre dazu zupft.
 

Doch gleichzeitig klingt diese Musik erstaunlich rund. Der Flow stimmt, der Song rollt, das ist kein Klangexperiment. Swango macht Musik, die zugänglich und hörbar bleiben soll. Tatsächlich fand man sich zu dieser Formation auch in einer Lagerfeuer-Situation und nicht in einer Kunsthochschule zusammen: Die beiden Brüder trafen den Gitarristen Ahmet an der Isar. Sie begannen zu jammen. Als Dan alias Manekin Peace eine Konzertanfrage bekam, beschloss er, mit seinen beiden neuen musikalischen Kumpanen aufzutreten; es folgten Konzerte auf dem Chiemsee-Summer-Festival und dem Splash-Festival, aus dem losen Jam-Projekt wurde Swango.
 

Doch dann stand die Band vor ganz andere Schwierigkeiten: Ein Album wollte man machen, aber wie nimmt man die Stepptanz-Percussion adäquat auf? Über Experimente und Versuche entstanden schließlich im vergangen Jahr zwölf Songs, die gerade auf der LP „Knocking on the Wood“ erschienen sind. Und trotz der rasend-hektischen ersten Single ist das Album insgesamt doch eher ruhig, ja fast melancholisch: Ahmet begleitet Dans Raps gelassen, sein Bruder setzt einzelne Stepp-Akzente darauf, die in dieser weniger hohen Anschlags-Frequenz auch von einem anderen Percussion-Instrument erzeugt werden könnten. Ein besonderes Flair umgibt diese Musik trotzdem. 

Stil: Akustik-Hip-Hop
Besetzung: Manekin Peace (Raps), Skill-Gott Heron (Stepptanz),
Ahmet Tanar (Akustik-Gitarre)
Aus: München
Seit: 2015
Internet: www.facebook.com/
helloswango

Von: Rita Argauer

Foto: David Weichelt