Fragen über Fragen – Luca Imberi

„Ich denke für jeden Künstler ist es wichtig immer wieder neue Menschen und Dinge aus den verschiedensten Bereichen kennen zu lernen, daher kann mehr Vernetzung nie schaden“, sagt Luca Imberi, der für unsere Ausstellung “10 im Quadrat – Reloaded” als Fotograf mitgewirkt hat. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt.

 Worum geht es bei deinem
Konzept? / Wie bist du darauf gekommen?
Alle Models wurden in
komplett abgedunkelten Räumen mit einer roten und einer blauen LED-Röhre in
weißen T-Shirts und im gleichen Bildausschnitt fotografiert. Also alle mit
gleichen bildgestalterischen Voraussetzungen. Trotzdem sollte jedes Foto
irgendwie einzigartig werden. 

Auf die Idee kam ich durch den neusten Star Wars Film und ein Rapvideo an dem
ich mitgearbeitet habe.

Wie war es, so viele unterschiedliche
Leute für eine Bild-Serie zu fotografieren?
Am Anfang etwas verwirrend, da ich keines der Model kannte und man bei der
Terminfindung für’s Shooting echt den Überblick behalten muss. Es war für mich
ungewohnt, fremde Menschen nacheinander für ein Foto in ihrer privaten Wohnung
zu besuchen.
Aber es hat bei jedem sofort entspannt und super funktioniert.

Welche Begegnung hat dich am meisten
beschäftigt?
Alle gleich viel.

War es schwieriger, z.B. einen
Schauspieler/Musiker zu fotografieren (also selbst “Künstler”), als
professionelle Models und wenn ja, inwiefern?
Nein fand ich gar nicht. Alle waren ganz locker und sie selbst und haben
nicht versucht irgendwie zu posen oder so, das fand ich gut und so macht mir
das sogar am meisten Spaß.

Bist du auch mal an deine Grenzen
gestoßen? / Musstest du deine Vorstellung/ dein Konzept über den Haufen werfen,
weil es schlichtweg nicht ausführbar war?
Eigentlich nicht. Mir kamen nur manchmal ein paar andere Konzeptideen, die
ich vielleicht doch lieber in diesem Projekt umgesetzt hätte. Doch im Endeffekt
bin ich wirklich happy mit den Resultaten.

Nimmst du die Szene dieser Stadt nach
dem Projekt anders war? Braucht es mehr Vernetzung?
Ich fand es extrem interessant, auf diesem Weg diese neuen Kontakte zu
knüpfen. Ich denke für jeden Künstler ist es wichtig immer wieder neue Menschen
und Dinge aus den verschiedensten Bereichen kennen zu lernen, daher kann mehr
Vernetzung nie schaden

Foto: Selbstportät/Luca Imberi

Mein München: Hackerbrücke

Niklas Gutheil, 19,  fotografiert gerne das Urbane. In “Mein München” zeigt er die Hackerbrücke in diesem Stil: kalte Farben,  wenig Schärfe und keine Menschen. 

Im Hintergrund, im Lichtkegel des Autos, ist sie noch ganz leicht zu erkennen: die S-Bahn-Station Hackerbrücke. Niklas Gutheil, 19, zeigt die Hackerbrücke aus einem besonderen Winkel. Das Geländer führt durch das Bild und verbindet Vorder- und Hintergrund miteinander. Es ist nur an einem Punkt scharf, ein Stilelement von Niklas: „Ich mag es, wenn nur eine Ebene scharf ist.“
 

Die Bilder von Niklas kommen mit wenigen Farben aus und sollen das Urbane zeigen. Bilder mit kalten Farben, mit wenig Menschen und viel Struktur. Diese Komposition gelingt am besten bei Nacht, das Bild von der Hackerbrücke entstand um 23 Uhr: „Nachts sieht einfach alles besser aus“, sagt Niklas, „ich schätze das Spiel von Licht und die Reflexionen.“ Dieses Spiel hat er auf der Hackerbrücke so festgehalten: Die Kamera liegt auf dem Geländer und belichtet länger als das menschliche Auge. Er übertreibt aber nicht wie bei üblichen Bildern, die durch Langzeitbelichtung entstehen und auf denen oft nur noch Lichtstrahlen zu erkennen sind.
 

Für seine Bilder zieht Niklas einmal in der Woche mit einem Freund durch München – während andere feiern gehen. Währen der Aufnahme seien viele Gruppen feiernder Menschen über die Brücke zur S-Bahn gelaufen. Die Brücke wirke auf sie so wie das Foto, wie Niklas erzählt. Wenig Schärfe, ein Geländer zum festhalten und im Hintergrund verschwommen das Ziel vor Augen.

Von: David-Pierce Brill

Foto: Niklas Gutheil

Spirituelle Disco

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Freising – Anja Mayerhofer, 25, leitet seit sechs Jahren den Arbeitskreis „Sonntag“, der die Korbinianswallfahrt mitorganisiert. Wer sich nun schwitzende Mittvierziger auf einem langen Pilgermarsch vorstellt, der liegt falsch. Es sind ausschließlich junge Christen unterwegs. Der Fußweg ist nicht unbedingt wichtig oder gar notwendig. Man kann auch mit Bus oder Bahn anreisen. Wichtig ist die Ankunft am Wallfahrtsort: der Dom in Freising.

SZ: Was ist der Sinn, der hinter einer solchen Wallfahrt für Jugendliche steht?
Anja Mayerhofer: Zum einen können die jungen Menschen sehen: Hey, da gibt es noch andere junge Menschen, die an Gott glauben. Religion ist eben nicht nur langweilige Orgelmusik, sondern hat ganz viele Seiten. Sie haben also die Möglichkeit, sich mit ihrem Glauben auseinanderzusetzen und sich dabei mit Gleichaltrigen darüber auszutauschen.

Es nehmen also nur Jugendliche teil, die gläubig und katholischer Konfession sind?
Nein. Also die meisten schon, ja. Aber es ist auch eine Chance für alle anderen interessierten jungen Menschen, sich über das Thema Glauben zu unterhalten. Hier sind alle sehr offen. Sowohl die Teilnehmer als auch die Organisatoren. Man kann zu jedem hingehen und einfach auch mal fragen: Warum glaubst du eigentlich an Gott, denn ich tue es nicht! Aber die meisten Teilnehmer kommen aus katholischen Pfarrgemeinden, das stimmt.

Ein Wallfahrtswochenende mit der Pfarrgemeinde klingt für die meisten jungen Menschen nicht nach großer Spannung. Außerdem sinken seit Jahren die Mitgliederzahlen der Kirche. Merkt man das auch bei Korbinianswallfahrt?
Nein, überhaupt nicht. Die Wallfahrt nach Freising hat eine lange Tradition. Und es gibt immer viele Teilnehmer. Die meisten Organisatoren sind selbst noch jung und können die Kirche dann auch so präsentieren.

Wäre es nicht eher sinnvoll, dass Jugendliche sich für politische Themen interessieren, auf Demos gehen?
Die Kirche ist durchaus politisch. Man organisiert sich in Jugendverbänden der Kirche. Dort engagieren sie sich ja für wichtige Themen. Es ist also kein schlechter erster Schritt, wenn man erst mal in der Gemeinde aktiv wird. Viele Jugendliche kommen so im zweiten Schritt zur Politik.

Unter der Überschrift „Licht an“ wird den Jugendlichen eine Orientierungshilfe versprochen. Veranstaltet ihr nach dem Gottesdienst eine Jobmesse?
So ähnlich. Es gibt den sogenannten Markt der Möglichkeiten. Da präsentiert sich die Kirche als Institution, aber auch als Arbeitgeber. Da kann es schon passieren, dass der eine oder andere nach Hause kommt und ein Interesse an einem pastoralen Beruf mitbringt.

Was hast du von deinem ersten Wallfahrtswochenende besonders in Erinnerung behalten?
Bei meiner ersten Wallfahrt nach Freising war ich zunächst total erstaunt, wie viel Spaß man haben kann. Vor allem die Party am Freitagabend – mit Band und DJ – war einer der Höhepunkte. Auch dieses Jahr hat es diese Party gegeben, allerdings wie immer ohne Alkohol.

Also doch eher Party als religiöse Besinnung?
Nein, das nicht. Es gibt auch sehr spirituelle Momente bei der Veranstaltung, beispielsweise der große Gottesdienst am Sonntag, bei dem immer eine ganz besondere Stimmung herrscht. Aber an sich kann jeder junge Mensch sich das Wochenende ganz nach eigenen Vorstellungen gestalten. Die einen suchen eher die spirituellen Momente, die anderen machen lieber bei den geplanten Aktivitäten mit.

Zum Beispiel?
In diesem Jahr hat es ein Parcours gegeben, den man mit verbundenen Augen bewältigen musste, um nachempfinden zu können, wie es ist, blind zu sein. Oder ein Workshop, der einen mit den Grundlagen der Gebärdensprache vertraut gemacht hat.

Warum hast du damals als 14-Jährige das erste Mal mitgemacht?
Ich selbst bin da eher so reingerutscht. Meine Jugendleiterin hat damals zu meiner Freundin und mir gesagt, dass wir nicht so viel zu tun hätten und einfach mal mitmachen sollen. Mittlerweile bin ich seit sechs Jahren Leiterin einer eigenen Gruppe. Die meisten Jugendlichen, die an am Wallfahrtswochenende zu uns gekommen sind, sind in Jugendgruppen ihrer Pfarrgemeinde und sind deshalb mitgefahren.

Interview: Jennifer Lichnau
Foto: Erzbischöfliches Jugendamt München und Freising

Unanständige Schattenspiele

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Wo Licht ist, ist auch Schatten. Wenn das der verliebten Hannah nur nicht auf der Damentoilette einfallen würde!  

Wo viel Licht ist, ist starker Schatten. Das ist von Goethe. Der wusste das schon Jahrzehnte, bevor Edisons Kohlefadenfunzel salonfähig wurde. Heute sitzen wir im Schein EU-konformer Energiesparlampen an Hannahs Esstisch, trinken uns die Fastenzeit schön und sprechen über das Berufsleben. Geil ist: Bis Papa auf die Idee kommt, das Taschengeld einzustellen, haben wir alle Asche wie Heu. Wenn man nach Hause kommt, hat man einfach frei – keine Seminararbeit, kein Lernen. Und wenn man wie Tobi auch noch an einer Uni arbeitet, gibt es nicht mal einen Dresscode. Nicht so geil: Wenn man abends nach Hause kommt, ist man viel zu müde, um seine neue Freizeit richtig zu nutzen. Und Tobi versteht jetzt, warum Verwaltungsmenschen immer so einen genervten Eindruck machen: Ohne Studenten wäre sein Job schöner. 

Hannah holt ihm noch ein Bier. Für Störfaktoren am Arbeitsplatz hat sie Verständnis. Hannah arbeitet bei einem Autohersteller. Gut bezahlt, dafür mit Dresscode und Störfaktoren soweit das Auge reicht, erzählt sie: Hannah ist die einzige Frau in einem Großraumbüro mit 32 Maschinenbauern. 31 davon gestehen ihr jeden Tag mehr oder weniger lästig ihre Liebe. Einer ist Simon. Er arbeitet in Hannahs Projektgruppe und war ihr schon nach wenigen Tagen so sympathisch, dass sie ihn nach der ersten Ergebnispräsentation mit nach Hause nahm, um das positive Feedback vom Chef gebührend zu feiern. Sie feierten die Nacht, das Wochenende und einmal sogar heimlich auf der Arbeit. Eine Woche später war Hannah verliebt und Simon versetzt. Jemand musste ihre Feierstunde in der Büroküche verpetzt haben.

Umso mehr freute sich Hannah darauf, Simon beim Firmenfasching endlich wiederzusehen. Entsprechend knapp fiel ihr Kostüm aus, das 31 Störfaktoren bei ihrem Auftritt kurzfristig in Schnappatmung versetzte. Bald wurde der Andrang so groß, dass sie in Richtung Damentoilette stöckelte, um sich einen kurzen Moment Ruhe zu gönnen. Sie schloss die Tür hinter sich, atmete durch, schaltete das Licht an – und hätte Goethe in diesem Moment gerne erwürgt. Eigentlich Simon, aber um an ihn ranzukommen, hätte sie vorher die Kollegin wegrammen müssen, mit der er hier gerade unanständige Schattenspiele an die Klowand zeichnete.

Tobi holt ihr noch ein Bier. Hannah spricht einen Toast aus. Auf Simon und darauf, dass dieser bald die Schattenseiten seines umtriebigen Sexlebens kennenlernen möge. Ich mache das Licht aus. Wir trinken auf die Fastenzeit, geregelte Einkommen und Finsternis. Und auf Goethe, der es schon immer wusste.

Lisi Wasmer