Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Theresa

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Unsere Autorin hat gerade ihre Bachelor-Arbeit abgegeben und ist völlig begeistert von ihrer neugewonnen Freizeit, ein Wort, dass es für sie in den letzten Wochen nicht gab. Ihre Tipps für die nächste Woche führen zur Ausstellung The Future is this – at a different time, zum Konzert G.Rag und die Landlergeschwister an einer Eisenbahnbrücke, zu Songwriter Matthew Austins und ins Milla, wo Sängerin Lilié die Veröffentlichung ihres ersten Albums feiert. 

Das mit dem Sommer ist ja so eine Sache in diesem Jahr. Wahrscheinlich ist es auch schon total langweilig über das Wetter zu sprechen oder zu schreiben. Deshalb lasse ich das bleiben, indem ich es doch tue. Oder tue es, obwohl ich es eigentlich bleiben lasse?
In jedem Fall lasse ich mir weder Laune noch Lust noch Kreativität von etwaigen Sommergewittern, -stürmen, -ausbrüchen, -überfällen und was dieser Tage nicht sonst noch so alles möglich ist, verderben.
Denn: ich habe vor ein paar Tagen meine Bachelor-Arbeit abgegeben und muss mich derzeit noch jeden Morgen von Neuem an den Gedanken gewöhnen, dass kein 12-Stunden-Tag in der Bibliothek oder am heimatlichen Schreibtisch vor mir liegt, sondern die Möglichkeit, völlig frei zu entscheiden, was ich wann und wie mit meiner Zeit anfangen will. Beängstigend ist diese Freiheit für ein kleines Planungsmonster wie mich, deshalb schnappe ich mir meinen Kalender und organisiere frohen Mutes meine Woche.

Den Freitag starte ich bei gutem Wetter gegen 11 Uhr mit einem kleinen Abstecher beim Friseur, der mir meinen Pony wieder auf eine annehmbare Länge stutzt. Mit völlig freier Sicht auf die Welt mache ich mich auf zu einem Schaufensterbummel durch die Maxvorstadt. Dort haben in den letzten zwei Monaten zwei neue Eisdielen aufgemacht und so schlemme ich mich durch den Nachmittag. Gegen 18 Uhr trudle ich im Köşk in der Schenkstraße ein, um der Vernissage von Michael Pfitzner und David le Viseur beizuwohnen. The Future is this – at a different time. „Es geht um Kunst. Zufall. Zukunft. Lachen. Medien. Leid. Politik. Spiel. Und Kunst.“ – Heißt es. Na da bin ich ja mal gespannt.
Zu etwas fortgeschrittenerer Stunde ziehe ich weiter zur Fuckin Yeah DJ-Night ins Polka. Yeah man – fuck any thoughts about Bachelorarbeitsnotenbekanntgaben. Ich tanze mich ins Jetzt, das tut gut.

Deshalb muss ich am Samstag erstmal lange ausschlafen, was für mich routinierte Frühausteherin schon eine echte Herausforderung darstellt. Ich bin fast ein bisschen froh, dass ich gegen 14 Uhr für die super+ Unholzer Open Ateliers aufgehübscht sein muss. Hier gibt es Kreativität aus den Bereichen Bildhauerei, Design, Architektur, Mode und Filmkunst in einer ehemaligen Trachtenfabrik zu bestaunen. Außerdem verspricht die Einladung nicht nur Essen von Ruffs Burger, sondern auch einen Swimmingpool, eine Hüpfburg und eine rauschende Afterparty bis 4 Uhr morgens.
Immer wieder muss ich mich, während ich fröhlich auf der Hüpfburg Richtung Morgen hüpfe, daran erinnern, dass es völlig egal ist, wann ich zuhause ankomme, solange ich es noch schaffe, einen Geburtstagskuchen für meine Mama zu backen, die am Sonntag Geburtstag hat.

Backen geht aber immer und so hülle ich unsere Küche im Morgengrauen am Sonntag in eine süß duftende Wolke aus Zimt, Erdbeeren und Mascarpone. Am Nachmittag wird gechillt. Punkt.

Den Montag lasse ich langsam angehen. Ich lese sogar wirklich akademischen Anspruch. „Displacement and Dispossession in the Modern Middle East“. Meine Gehirnwindungen dürfen nicht rosten und man kann nicht zu wenig informiert sein, was Flucht und Migration angesichts der aktuellen politischen Debatten angeht.
Am Abend gönne ich mir dagegen ein etwas leichteres Programm, denn G.Rag und die Landlergeschwister spielen an der Braunauer Eisenbahnbrücke. Und irgendwie fand ich die schon immer gut.

Am Dienstag lösen meine Schwester, mein Papa und ich unser Geburtstagsgeschenk ein und entführen die Mutter in die „Star Wars Identities“-Ausstellung. Ja, SIE wollte da hin – ich nur ein gaaaaaanz kleines bisschen.
Wir verlieren uns in der Unendlichkeit der Galaxien und ich hoffe insgeheim, dass sich irgendwo ein Fenster in Raum und Zeit öffnet und mich endlich nach Naboo befördert.

Allzu traurig bin ich jedoch auch wieder nicht, als ich am Mittwoch wieder in meinem eigenen Bett lande und nicht neben Anakin Skywalker. Denn so kann ich mich am Abend auf den Weg ins awi in der Müllerstraße machen, um einmal wieder in den Genuss von Matthew Austins süßer Songwriting-Kunst zu kommen, den ich zum ersten Mal auf dem letztjährigen Stadt-Land-Rock Festival gehört hatte. Träumen und Schwelgen, das geht hier wunderbar – und das bei freiem Eintritt.

Am Donnerstag bin ich deshalb auch wieder ausgeruht und voller Tatendrang. Im Kreativquartier findet ab heute beim URBAN das Sommerfest der Münchner Kunst und Kultur statt, bei dem sich „die Utopie des Matriarchats, der partizipative Lehmbau, ein Maschinenraum, der elegisch-folkloristische Rumpeljazz, ein Wegwerfdinner, die Bühnenpoesie“ weder „Ordnung, Angst noch Zwang antun“. Das klingt so spannend, dass ich es kaum erwarten kann, dass die Tore um 15 Uhr geöffnet werden.

Nach all diesen neuen Eindrücken, bin ich am Freitag ein wenig erstaunt, wie voll mein Terminplaner am Ende geworden ist, und das – und diesen Aspekt möchte ich an dieser Stelle besonders hervorheben – ohne ein einziges Mal in die Nähe eines EM-Spieles gekommen zu sein. Ich halte das für eine große Leistung, angesichts der Tatsache, dass es dieser Tage sogar möglich ist, beim S-Bahnfahren life-Zeuge des Elfmeterschießens zu werden.
Ein gebührender Wochenabschluss erscheint mir schließlich noch ein Besuch im Milla zu sein, denn dort feiert die Münchner Sängerin Lilié die Veröffentlichung ihres ersten Albums. Deren sanfte, leicht rauchige Stimme zu erstaunlich vielseitigen Songs zwischen Pop, Blues, R’n’B und Folk sind bunt wie ein sommerlicher Blumenstrauß, so wie meine Sommerlaune in dieser Woche.

Theresa Parstorfer

Foto: Cammy Liu

Mein München – Dachauer Straße

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Mut ist ein wichtiger Begleiter im Leben, auch für Yunus Hutterer. Der 18-Jährige fotografiert leidenschaftlich gerne und hat sich entschieden Foto und Design zu seinem Beruf zu machen. In großen roten Lettern ist der Mut auf seiner Fotografie von der Dachauerstraße zu sehen, wo Stillstand und Bewegeung aufeinander treffen.

Mut ist ein großes Wort. Man braucht Mut, um Dinge zu tun, die vielleicht nicht dem einfachsten Weg entsprechen. Dinge und Wege, die abseits von Gleisen liegen. Mut ist ein großes Wort, das oft im Kleinen liegt.
Auf dem Pathos-Gelände an der Dachauer Straße ist Mut auch ziemlich groß. An der Außenwand eines Gebäudekomplexes leuchtet er den nächtlichen Passanten entgegen.
Künstler können hier arbeiten, ausstellen, ihre Träume verwirklichen und den Mut haben, andere daran teilhaben zu lassen.
Für Yunus Hutterer, 18, ist es ungewöhnlich, ein Foto wie dieses zu machen, bei dem so viel „Ruhe und so viel Unruhe“ zugleich abgebildet ist. Ein Freund von ihm läuft durch das Bild und gleichzeitig sind die Lichter der Straßenbahnlinie und der Autos und vor allem das rote Leuchten des Mutes so fest und so eingefroren.
„Das ist vielleicht ein Bild, das nicht so typisch ist. Generell und auch nicht für mich“, sagt Yunus. Aber genau das habe ihn gereizt. Auch einfach mal etwas anderes zu machen.
Mut ist es vielleicht auch, sich als 18-Jähriger dafür zu entscheiden, „in die Foto- oder Design-Richtung“ zu gehen, ohne zu wissen, ob man davon irgendwann einmal die Miete zahlen wird können. Mut braucht man. Nicht nur kurz vor dem Jahreswechsel, wenn man sich für gute Vorsätze entscheiden muss, sondern das ganze Jahr über. Aber
man kann ja am Anfang mal damit
beginnen, ein bisschen mehr Mut zu haben.

Von Theresa Parstorfer

Neuland

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Fleisch, Macht und jetzt Moos – Esther Zull, 23, studierte Kunstgeschichte. Viel Theorie, wenig Praxis. Macht nichts! Zusammen mit fünf anderen jungen Frauen hat sie ein eigenes Projekt auf die Beine gestellt: Die wals.gallery – ein Kuratorinnen Kollektiv. Kreativraum für junge Künstler schaffen und einen kulturellen Austausch fördern, das ist das Ziel der Jung-Kuratorinnen.

Esther Zull, 23, studierte Kunstgeschichte an der LMU. Ihr Studium hat ihr gefallen, jedoch war es oft sehr theoretisch. Doch in einem Seminar haben die Studenten praktische Erfahrung sammeln und dabei eine eigene Galerie aufbauen können. Zusammen mit Linda Walter, 28, Katharina Oberle, 25, Ann-Sophie Effner, 29, Ann-Kathrin Dübbers, 27, und Sophia Plaas, 27, entwickelt sie aus diesem Projekt die wals.gallery. Jetzt kommt die dritte Ausstellung.
Die jungen Frauen treten nun als Kuratorinnen auf, um jungen Künstlern die Möglichkeit zu geben, in München auszustellen. Gerade in Städten wie München wird nicht nur Wohnraum, sondern auch Kreativraum knapp. Deswegen suchen sie regelmäßig nach Ausstellungsräumen und wollen eine Basis für kulturellen Austausch schaffen. Vom 26. bis 28. November findet nun die nächste Ausstellung statt, diesmal im Kreativquatier in München. Nach den Ausstellungen „Fleisch“ und „Macht“ kuratieren die Studentinnen die Ausstellung „Moos“.
16 Künstler zeigen Arbeiten über die Bedeutung von Geld.
Text: Stefanie Witterauf
Foto: Benedikt Ohm