Gebrauchtes Wissen

Die drei Münchner Studenten Daniel Berthold, 25, Katharina Drummer, 23,
und Ben Martins, 24, betreiben ein Portal für Lehrbücher: KnickKnacks. Das ist günstig. Das ist praktisch. Und das ärgert traditionelle Buchhandlungen. 

Ende Oktober, das Wintersemester nimmt für Tausende Studenten Fahrt auf. Das bedeutet auch, dass man so langsam alle Bücher besorgen muss – und das ist nicht immer leicht. Es kann leicht sein, dann ist es aber auch teuer. Und teuer sollte es eigentlich für Studenten nicht sein. Das dachte sich zumindest Daniel Berthold, 25, als er vor zwei Jahren vor dem gleichen Problem stand. Also gründete er kurzerhand zusammen mit Katharina Drummer, 23, und Ben Martins, 24, KnickKnacks, ein Onlineportal für gebrauchte Lehrbücher (Dana Göldner Fotografie). Mittlerweile befindet sich KnickKnacks im vierten Semester. Mit aktuell 3500 registrierten Nutzern und mehr als 4000 inserierten Werken ist die Seite zu Deutschlands größtem studentischen Portal für gebrauchte Lehrbücher geworden. 

Der Medizinstudent Daniel hatte im Sommer 2013 sein erstes Staatsexamen bestanden und wollte seine alten Schmöker wieder verkaufen. Das Problem: Er fand keine Buchhandlung, kein Portal, keinen Flohmarkt exklusiv für studentische Lehrbücher. Das Prinzip von KnickKnacks ist einfach: Die Seite vermittelt zwischen Verkäufern und Käufern. Auf der Internetseite kann jeder seine Lehrbücher – nach Beschreibung des Zustands und Foto des Buches – zum Verkauf anbieten. Der Käufer meldet über KnickKnacks sein Interesse an, und Daniel, Katharina und Ben leiten die Kontaktdaten des Verkäufers weiter. „Im Grunde haben wir weder die Bücher in der Hand, noch direkten Kontakt mit den Nutzern unserer Plattform“, sagt Daniel. 

Alte Lehrbücher in bares Geld umzuwandeln kann natürlich auch anders funktionieren. Viele Fachschaften der Münchner Universitäten organisieren zum Beispiel Flohmärkte zum Semesterstart. „Aus unserer eigenen Erfahrung wussten wir aber, dass der Semesterbeginn für viele zu spät ist, und das Geld aus dem Bücherverkauf oft gebraucht wird, um durch die Semesterferien zu kommen“, macht Daniel deutlich. Der 25-Jährige weiß auch, dass Bequemlichkeit ein Faktor ist: „KnickKnacks erlaubt es einem, Bücher zu verkaufen, ohne die Wohnung verlassen zu müssen – wenn man denn mag.“

Trotzdem gebe es auch viele, die KnickKnacks eben deshalb nutzen, weil sie mit älteren Studenten ihres Studienfachs in Kontakt kommen können. „Meistens verkaufen ältere Studenten ihre Lehrbücher an Erstsemester. Treffen sich Käufer und Verkäufer persönlich zur Buchübergabe, nutzen viele der jüngeren Studenten die Gelegenheit, um sich über das Studium zu informieren“, erzählt Daniel. Beim Verkauf über KnickKnacks kann der Verkäufer seinen Wunschübergabeort angeben. „Da Lehrbücher meist an fachgleiche Studenten verkauft werden, die im gleichen Unigebäude studieren, trifft es sich in der Regel für beide gut“, erklärt der Medizinstudent. 

KnickKnacks konzentriert sich dabei auf Lehrbücher, und der Fokus soll auch in Zukunft dabei bleiben. Ein Grund für den Erfolg der Firma sind die relativ guten Preise, die ein Verkäufer erzielen kann. „In der Regel versuchen die Verkäufer 60 bis 80 Prozent des Neupreises zu erhalten. Da wir jedes Inserat kontrollieren, merken wir, dass bei guter Qualität des Buches diese Preise auch gezahlt werden“, sagt Daniel.

Der Verkauf von gebrauchten Schul- und Lehrbüchern ist ein Trend, den auch Heiner Kroke, Chef der Verkaufsplattform von momox.de, festgestellt hat: „In den Wochen vor und nach einem Schuljahreswechsel ist die Nachfrage besonders hoch“, sagt Kroke. Man habe bei momox.de über den Sommer mehr als 30 000 Schul- und Lehrbücher vorrätig gehabt. Damit haben die traditionellen Buchhandlungen zu kämpfen. „Buchhandlungen, die sich speziell auf Lehrbücher konzentrieren, machen der Reihe nach dicht“, verdeutlicht eine Mitarbeiterin einer Lehrbuchhandlung in Uni-Nähe, die namentlich nicht genannt werden will. Das Problem sei zum Teil dem Kauf von Gebrauchtbüchern, aber auch der Popularität von e-Books geschuldet. „Als Lehrbuchhandlung überlebt man nur noch, wenn man sich auf bestimmte Bereiche wie Jura konzentriert, wo jährlich neue Auflagen erscheinen.“ 

KnickKnacks umgeht das Problem andere Portale, weil sie nur vermitteln, nicht ankaufen. Daniel, Katharina und Ben wissen, dass Lehrbücher nicht unbedingt attraktiv, aber für Studenten ein wichtiger Teil des Studiums sind. „Wir waren alle irgendwann in der Situation, dass wir Bücher zu fairen Preisen kaufen oder verkaufen wollten. Deswegen sind wir überzeugt, dass es anderen Studenten genauso geht. Mit KnickKnacks wollen wir dazu beitragen, dass Käufer und Verkäufer mit dem Geschäft zufrieden sein können“, sagt Daniel. Davon profitieren nicht nur die Münchner Studenten. Stolz erzählt der Medizinstudent, dass KnickKnacks mittlerweile auch in Berlin, Hamburg und Köln viele Bücher vermittelt hat.  Matthias Kirsch