Ein Abend mit: Julian Riegl

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Auf unserem letzten WG-Konzert gab Julian Riegl, 28, als Teil des Duos Blue Haze alles. Wenn er nicht gerade auf der Bühne steht, geht er gerne in Bars und holt sich danach
„handgeschnitzte Pommes”. Wo es die gibt, erfahrt ihr hier.  

Hier beginnt mein Abend:

Im Rennsalon; sympathische Leute, einzigartige
Einrichtung, wechselnde Monatsbiere und am Wochenende sogar DJ-Sets!

Danach geht’s ins/zu:

In das X in Schwabing; ich denke, David Lynch
würde es dort auch gefallen

Meine Freunde haben andere Pläne. So
überzeuge ich sie vom Gegenteil:

Schon einmal ein Terrarium in einer Bar gesehen?

Mit dabei ist immer:

Mein Aufnahmegerät, um Sounds für neue Songs zu
sammeln

An der Bar bestelle ich am liebsten:

Einen Hopfensmoothie

Der Song darf auf keinen Fall fehlen:

Joy Divison – Transmission

Mein Tanzstil in drei Worten:

Dezentes, rythmisches Kopfnicken

Der Spruch zieht immer:

Was ist das für 1 Frage?!

Nachts noch einen Snack. Mein Geheimtipp
ist:

Handgeschnitzte Pommes im Harlekin, einer netten
Boazn in der Maxvorstadt

Meine
dümmste Tat im Suff war:

Bands zu gründen, die nur eine Nacht lang existieren

Das
beste Frühstück nach einer durchfeierten Nacht gibt`s im/bei:

Das Frühstück auslassen und gleich in das „Hanoi in
der Augustenstraße – Glasnudeln und dazu ein Weißbier!

Diesem
Club/dieser Bar trauere ich nach:

In den 70ern das Yellow
Submarine in der Leopoldstraße. Angeblich von einem mit Haien(!!!) besetzten
Aquarium umgeben. Allerdings war ich damals noch nicht einmal geboren…

Foto: Sophie Wanninger

Nebel im Hochsommer

Es ist heiß. Sehr heiß. Die Leute schwitzen – aber jeder bleibt sitzen und hört fasziniert zu: „Blue Haze“ spielen ein WG-Konzert in Untergiesing

Von Jacqueline Lang

Nebel, viel Nebel. Und rote Grablichter auf dem hellen Laminat. Im Mittelpunkt zwei Gestalten ganz in Schwarz. Sie im kleinen Schwarzen, dazu Ankle Boots mit hohem Absatz; er in Hemd und Jeans, dazu spitz zulaufende Lederstiefel. Diese zwei Gestalten sind Rosa Kammermeier und Julian Riegl, beide Mitte 20. Zusammen sind sie die Münchner Band Blue Haze. Passend zum Ambiente klingt ihre Musik etwas düster, Elektro-Pop mit Rock-Einflüssen, beeinflusst von Regisseur und Musiker David Lynch, wie sie sagen.

Zu Gast ist die Band am Samstagabend in einer WG in Untergiesing. Gastgeberin und Gewinnerin des WG-Konzerts der Junge-Leute-Seite ist Sina Lena Schneller, 26. Eigentlich wohnt die quirlige Blondine hier mit drei Jungs – die sind aber alle ausgeflogen. Macht nichts, denn die selbstgebaute Holz-Kühltruhe haben sie da gelassen. Die steht auf der schmalen Empore, an die der Balkon angrenzt. Man muss also nicht jedes Mal in die Küche laufen, wenn man ein Bier, einen Cider oder eine Matcha-Limonade möchte. Anders Blue Haze: Die Band hat seit dem frühen Nachmittag ihr ganzes Equipment und mehrere Kästen Augustiner die schmale Wendeltreppe mühsam hoch geschleppt. Inklusive Nebelmaschine. Das Bier hat Sinas Chef gesponsert. Der Inhaber des Rennsalons ist an diesem Abend sogar selbst zu Gast. Und auch sonst hat man das Gefühl, dass die halbe Belegschaft versammelt ist, um Blue Haze live zu erleben. Kaum verwunderlich, denn schließlich ist auch Rosa keine Unbekannte in der Bar im Glockenbachviertel. Regelmäßig legt sie dort mit Freundin Sina unter dem Namen „The Underground Girls“ auf. Entsprechend durchgemischt ist aber auch das Publikum an diesem Abend: Anfang 20 trifft auf Mitte 40, barfuß trifft auf Stöckelschuh, Rocker-Kluft trifft auf Blümchenkleid.

Obwohl Rosa und Julian ihre gemeinsamen Live-Auftritte bislang an einer Hand abzählen können, wirken sie sehr routiniert. Mit anderen Bandprojekten wie Kafkas Orient Bazaar und Lilit and the Men in Grey konnten sie in dieser Hinsicht auch schon reichlich Erfahrung sammeln. Dennoch lächelt Rosa bei jedem Applaus ein klein wenig verlegen.

Getanzt werden kann nicht, weil der Platz dafür schlicht nicht ausreicht, doch das gesamte Publikum wippt entweder mit Kopf oder Fuß zu den mal schnelleren, mal langsameren Beats. „Das war gerade ,No Love‘, aber hier ist sehr viel Love“, sagt Julian nach dem zweiten Song und lächelt kurz. Dann blickt er wieder konzentriert auf die zahlreichen Schalter zu seinen Füßen. Den Kopf wirft er dabei immer wild nach oben und nach unten, während er in die Saiten greift. Seine schwarze Haarmähne wirbelt durch die Luft und steht Rosas damit in nichts nach – im Gegenteil.

Nach dem vierten Song sind trotz des schwachen Kerzenlichts schon deutliche Schweißtropfen auf Rosas und Julians Stirn zu erkennen, auch das Publikum schwitzt im Stehen. „Ich hoffe, ihr habt vorher nicht geduscht“, sagt Julian, lacht und nimmt einen großen Schluck von seinem Wasser. Trotz der stehenden Luft im Raum drückt Rosa immer wieder auf den Schalter der Nebelmaschine. Was tut man nicht alles für eine gute Show?

Der letzte Song, jemand drückt versehentlich auf den Lichtschalter und alle lachen leise. Nachdem der letzte Ton verklungen ist, sind trotzdem alle froh, dass endlich wieder Türen und Fenster geöffnet werden dürfen. Das sei hier ja wie in der Sauna, sagt jemand auf dem Weg an die frische Luft. Gastgeberin Sina macht eine Ansage: „Jetzt kann man wieder atmen. Und rauchen. Bier ist im Kühlschrank.“ 

Für Bandmitglied Julian gibt erst einmal eine Runde Belohnungsküsschen von der Freundin. Und einen Dürum-Döner. Der hat schon die ganze Zeit neben dem Laptop auf ihn gewartet. Die restlichen Personen versuchen, sich einen Platz auf dem kleinen Balkon zu ergattern. So auch Rosa. Erschöpft und zufrieden nimmt sie einen Zug von ihrer Zigarette. Dann lehnt sie sich zurück und atmet langsam ein. Luft, endlich Luft. 

Fotos: Käthe deKoe

Neuland: Blue Haze

Die David Lynch-Liebhaber Rosa Kammermeier und Julian Riegl treten seit Neuestem gemeinsam als Blue Haze auf. Kennen dürften sie die meisten schon als Mitglieder der Bands Lilit and the Men in Grey und Kafkas Orient Bazaar. Mit Blue Haze gehen sie nun in Richtung düsterer Elektro-Pop und experimentellem Rock.

Bei David Lynch denkt man vermutlich an erster Stelle an „Mullholland Drive“ oder „Lost Highway“. Dass der US-amerikanische Kult-Regisseur jedoch auch selbst Musik schreibt und singt und spielt, ist nur besonderen Liebhabern bekannt. Rosa Kammermeier und Julian Riegl, beide Mitte 20, stellten fest, dass sie beide solche Liebhaber sind, und ließen sich von David Lynchs düsterem Elektro-Pop mit experimentellen Rock-Einflüssen inspirieren.

Die Musiker, die normalerweise in den Bands Lilit and the Men in Grey und Kafkas Orient Bazaar zu hören sind, haben sich vor ungefähr einem Jahr zusammengetan, um in Julians Zimmer einige Songs aufzunehmen. Nach nur vier Monaten gibt es mit „Moon“ nun schon die erste EP zu hören. Rosa und Julian nennen sich Blue Haze und arbeiten derzeit an ihrem ersten Live-Set. Am 25. April werden sie als Support von Radiation City im Ampere zu hören sein. Ein Termin für eine Release-Party ihrer EP steht allerdings noch nicht fest. Das geplante Musikvideo „sollte schon etwas Ausgefallenes sein“, sagt Julian – auch hier ganz in David-Lynch-Manier.  

Foto: Sophie Wanninger

Von: Theresa Parstorfer