250 Zeichen Demokratie: Heute mit Topher Lack

Am 24. September ist Bundestagswahl. Wir haben politisch engagierte
junge Erwachsene gefragt, warum es gerade für junge Menschen so wichtig
ist, wählen zu gehen. Heute mit Topher Lack.

“Zwei Kreuzchen zu setzen ist das Mindestmaß an
Dankbarkeit dafür, dass wir in einer Demokratie leben dürfen. Alles weitere
hast auch DU in deiner Hand – Deine Stimme zählt!“

– Topher Lack, Musiker

Foto: Patrice Grosskreuz

„Wir sind die neuen Alten“

John Christopher Lack animiert mit seinem Song “Deine Stimme zählt” zum Wählen.
Ein Gespräch über Politikverdrossenheit, den Umgang mit anderen
Meinungen und den Zusammenhang von Kunst und Politik, gerade jetzt vor
der Bundestagswahl:

Sein Song beginnt groovig und hört sich nach Gute-Laune-Musik an. Das Lied und das zugehörige Musikvideo von John Christopher Lack, Student der Kulturwirtschaft in Passau, der sich selbst „Topher“ nennt, klingen zuerst nach „Love, Peace and Happiness“: Ein junger Mann mit Hippie-Attitüde, Bart und zusammen gebundenem Haar fährt mit seiner umgeschnallten Gitarre Fahrrad. Eine Gruppe gut gelaunter Jugendlicher begleitet ihn bei seinem Sprechgesang. Hinter Tophers Lied steckt jedoch mehr als bloße Unterhaltung. Der Titel des Liedes ist auch sein Programm. „Deine Stimme zählt“ nennt sich der Song des 21-jährigen Münchners. Er soll junge Menschen zum Wählen animieren. Ein Gespräch über Politikverdrossenheit, den Umgang mit anderen Meinungen und den Zusammenhang von Kunst und Politik, gerade jetzt vor der Bundestagswahl.

SZ: Andere Singer-Songwriter schreiben Lieder über Partyexzesse und Herzschmerz, du über Politik. Warum?
John Christopher Lack: Ich mache auch Songs zu anderen Themen. Liebe spielt da immer eine große Rolle, auch gute Abende mit Freunden, Feierei oder Schlagsahne. Auch Mal Dinge, die wenig Sinn machen. Dennoch mache ich gerne Musik, die zum Denken und Handeln anstößt.

Du möchtest junge Menschen zum Wählen auffordern. Wieso mit Musik?
Musik ist meine Sprache. Andere Menschen drücken sich durch Kunst oder Texte aus. Musik ist ein prima Mittel, um gerade junge Menschen anzusprechen.

Wirklich? Mit Zeilen wie: „Weg von später und nie, entflieh der Lethargie“ oder „Lassen wir Rechts-Populisten und Faschisten in die Parlamente rein? – Nein!“ Wie ist denn dieses Lied entstanden?Gar nicht direkt für die Bundestagswahl jetzt, sondern ich wollte grundsätzlich an jeden appellieren, an sich und seine Ideen zu glauben und sich auch einzumischen, denn es ist doch einfach so: Jede Stimme zählt.

Und wie kam es zu dem Video?
Im März war ich bei einer Jugendleiterfortbildung und habe dort meinen Song am Lagerfeuer gespielt. Eine junge Frau hat mir vorgeschlagen, mich bei dem Bundesjugendring zu melden. Die veranstalten immer die U-18 Wahlen. Das habe ich getan. Es folgte eine Aufnahme im Tonstudio und der Videodreh.

Wieso sollten deiner Meinung nach gerade junge Menschen wählen gehen?
Dazu fällt mir dieser Spruch ein: „Die Alten meinen, dass mit ihnen die Welt aufhört, und die Jungen, dass sie mit ihnen beginnt.“ Wenn aber eines von beiden fehlt, entsteht ein Ungleichgewicht. Schließlich sind wir die neuen Alten. Man sollte nie seinen Optimismus verlieren und denken, man sei gegenüber dem Leid der Welt völlig ohnmächtig. Schließlich kann man sich zumindest mit einem Kreuzchen politisch engagieren.

Reicht das aus?
Wählen zu gehen, das ist für mich das Mindestmaß an Dankbarkeit dafür, dass wir in einer Demokratie leben dürfen. Allerdings gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, sich politisch zu engagieren.

Der Jugend ist Politik angeblich egal.
In meinem eigenen Umfeld sind viele engagierte Menschen, die sich ehrenamtlich einsetzen. Allerdings gilt das nicht für jeden. Oft bekomme ich auch das Gegenteil mit, Menschen, die sich mehr Gedanken um ihre Kleidung machen als darüber, wie es den Menschen in ihrer Nachbarschaft geht. Viele junge Leute nutzen ihre Stimme nicht, da ist schon was dran.

Woran liegt das deiner Meinung nach?
Ich denke, dass Politik für viele Menschen einfach unsexy ist. Wenn die Thematik aber gut aufgearbeitet wird, zum Beispiel durch ein künstlerisches Projekt, dann fängt man an, sich darüber Gedanken zu machen und es wird cool. Ein anderer Punkt ist mit Sicherheit die Tatsache, dass in den Augen vieler Leute die Versprechen der Politik zu langsam umgesetzt werden. Dann denkt man: Lass mal die da oben machen!

Wie gehst du mit politischen Meinungen um, die deiner eigenen widersprechen?
Man kann niemandem das Wort verbieten. Wichtig ist, sich nicht vor den Meinungen anderer Menschen zu verschließen. Man sollte nie pauschal abstempeln. Die Konfrontation und das Gespräch sind wichtig, auch wenn man am Ende nach wie vor mit unterschiedlichen Meinungen auseinander geht. Es sollte auch möglich sein, dem Gegenüber mit guten Argumenten entgegen zu kommen, anstatt mit polemischen Parolen.

Hast du darüber nachgedacht, deinen Song aus Werbezwecken an eine Partei zu verkaufen?
Ich möchte mich zwar politisch positionieren, allerdings ohne Parteifarbe zu bekennen. Der Grundgedanke ist: Demokratie stärken und schützen. Dieses Ziel verfolgen viele etablierte Parteien.

Das Musikvideo sieht dennoch so aus, als könnte es eine Werbekampagne sein.
Es entstand in einer Kooperation mit dem Deutschen Bundesjugendring und „jup! Berlin.“ Die beiden Organisationen haben mich finanziell unterstützt.

Und wie waren die Rückmeldungen bislang?
Auf Facebook hat das Video mittlerweile mehr als 16 000 Aufrufe. In den Kommentaren habe ich durchgehend viel Positives gelesen. Menschen haben sich verstanden gefühlt und mich und die Botschaft des Projekts unterstützt.

Interview: Anastasia Trenkler

Foto: Patrice Grosskreuz