3 Zimmer, Küche, Bad. Vor allem aber eine Küche. Eine Küche in der immer ein Bier im Kühlschrank steht und in der es immer nach Heimat riecht. Sie war während des Studiums das Zentrum von Jackie und ihren Freundinnen. Ob es so einen Ort in der Zukunft wieder geben wird? Träumen muss erlaubt sein. Eine weitere Kolumne aus der Reihe “Zeichen der Freundschaft”.
Seit zwei Jahren trennen uns mehr als ein paar Wände, manchmal sogar ein ganzer Ozean. Wo steckst du gerade? Indien, aha. Niemand von uns kennt den Typ mit dem du gerade schläfst. Seit wann erzählen wir uns unser Leben nur noch in Anekdoten? Warum hat der Alltag in unseren Leben so viel Platz und die wichtigsten Menschen so wenig? Wir saßen in der Küche und mussten nichts sagen, nichts fragen – und wussten doch alles von einander. Jetzt müssen wir uns jedes Mal erst neu definieren. Manchmal ist das anstrengend. Aber eines zumindest weiß ich: Ihr werdet es immer wert sein. Und vielleicht, ja vielleicht, leben wir irgendwann alle gemeinsam auf einem Bauernhof, bauen unser eigenes Gemüse an, trinken zu viel Wein in der Küche und lachen über früher. Träumen muss erlaubt sein.
Anfangs nur eine Wohnung in einer noch fremden Stadt. Nach drei Jahren Studium mehr als nur 3 Zimmer, Küche, Bad. Und ein Klo. Vor allem aber eine Küche.
Die Ausflusstabelle an der Klotür klärt auf: Bröckelig, grün-schleimig, übelriechend? Im Zweifelsfall hat man wohl einen Fremdkörper vergessen. Haben Sie das schon länger? Dank Eva wissen wir bestens Bescheid. Wir und der ein oder andere Untermieter und Informatiker. Kann schon mal passieren, wenn man nichts ahnend in der Wohnküche sitzt und eigentlich nur Ändys Linseneintopf mit veganen Würstchen und schwäbischen Spätzle genießen will. Irgendwann schlurft dann schließlich auch Sabine durch die Küchentür. Tiefe Augenringe in Kombination mit verlaufener Schminke skizzieren unscharf die Bilder in unseren bleischweren Köpfen. Geht es dir gut? Ja klar, äh nein, ich meine Jein. Kein Abend an dem wir uns für dieses Lied nicht auf die Tanzfläche kämpfen. Auf die Playlist in der CAM ist immer Verlass. Ari kommt, Amaretto und Apfelsaft unterm Arm. Wir werden halt nicht älter, sondern besser. Und selbst wenn nicht, es ist uns egal. Denn wir haben ein Stück Heimat in der Fremde gefunden.
Einen Ort, an dem immer ein Bier im Kühlschrank steht. Für den Fall, dass das Leben grausam ist und wir uns gegenseitig Alkohol als Medizin verschreiben. Oder um auf das beste aller Leben anzustoßen. Ein Ort, an dem es immer nach Essen riecht. Für den Fall, das wir Heimweh bekommen. Oder wenn das Leben unseren Hunger nicht stillen kann. Einen Ort an dem immer jemand auf einen wartet. Für den Fall das man reden oder schweigen, die Welt umarmen oder verfluchen will. Für manche mag es nur eine Küche sein, für Eva, Ändy, Sabine, Ari und mich war es drei Jahre lang das Zentrum unserer Freundschaft.
Von: Jacqueline Lang
Foto: Yunus Hutterer