Zeichen der Freundschaft: Independent-Filme

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Die Liebe zu guten Filmen – das verbindet Theresa und Mira. Milch und Kuchen gehören aber auch dazu. Eine weitere Kolumne aus unserer Reihe “Zeichen der Freundschaft”.

Wir starren auf den Bildschirm. Der Abspann läuft. Dann schauen wir uns an. Mira zieht eine Augenbraue nach oben. Das konnte sie schon immer besser als ich. Also ziehe ich beide Augenbrauen nach oben und sage: „Aha.“ Das Schweigen geht weiter. Ich setze mich aufrechter hin und versuche, das gerade Gesehene zu ordnen. Norwegischer Independent-Film. Original mit Untertiteln. Leise, traurig, ein bisschen verstörend. Selten reden Mira und ich viel, nach einem Film. Oft brauchen wir beide ein bisschen Zeit, um zu verarbeiten
und uns eine Meinung zu bilden.

Drei Stunden zuvor: Es müffelt nach Käsefüßen – das ist der unverkennbare Geruch der kleinen Videothek unseres Heimatstädtchens. Schon zum dritten Mal innerhalb der letzten 15 Minuten sind Mira und ich vor dem erschreckend kleinen Regal gelandet, über dem steht „Auslesefilme“. Das Sortiment ist beschränkt, da unser Heimatstädtchen unsere langjährige Vorliebe für anstrengende, kleine Produktionen, die in deutschen Kinos oftmals nicht einmal gezeigt wurden, nicht zu teilen scheint. Die Auswahl der Auslesefilme reduziert sich noch weiter, da die meisten der vorhandenen Filme entweder sie oder ich
oder wir beide schon gesehen haben.

Trotzdem brauchen Mira und ich oftmals ebenso lang, uns für einen Film zu entscheiden, wie der Film dann letztendlich dauert. Aber das gehört schon zu unserem in unregelmäßigen Abständen durchgeführten Ritual. Mira zerwuschelt ihre dunklen zu einem Undercut geschnittenen Locken – das macht sie immer, wenn sie nachdenkt – und liest noch einmal den Klappentext der DVD-Hülle in ihrer Hand. Der wird es sein, das weiß ich jetzt schon. Norwegisch. Drama. Immer gut.

Eine halbe Stunde später: Mira, ich, zwei Stück Kuchen, zwei Gläser kalte Milch und es kann losgehen. Mit niemandem sonst kann ich mir dermaßen anstrengende Filme anschauen, niemand sonst, den ich kenne hat einen dermaßen hohen Anspruch an Filme und niemand sonst gibt mir das Gefühl, dass ich diesen Anspruch eigentlich auch habe. Niemand sonst kennt mich
schon so lange und so gut und niemand sonst ist so treu und so nah, trotz aller örtlichen und zeitlichen Distanz dazwischen. Wir können uns immer darauf verlassen, dass wir immer einen kleinen, melancholischen Film finden werden über den wir dann zusammen nachdenken können, bei einem Glas Milch und einem Stück Kuchen.

Von: Theresa Parstorfer

Foto: Yunus Hutterer