Band der Woche: Muddy What?

Muddy What? liebt die Wurzeln des Blues.

Das Münchner Trio

interpretiert ihn nun auf ihre Weise neu und schenkt ihm junge Akzente. Somit kommen hier nicht nur Blues-Liebhaber sondern auch Indie-Hörer auf ihre Kosten.

Die Unterschiede in der Ausübung von klassischer Musik und Popmusik sind zahlreich. Ganz grundlegend ist dabei wohl ein struktureller Gegensatz: Während die meisten Popmusiker die große Masse an bereits existierender Popmusik als weitgefasste Inspiration begreifen, der man sich in eigenen Songs und einem eigenen Stil annähert, wird in der Klassik in erster Linie interpretiert. Es gibt einen kanonisierten Werkkatalog, die Fähigkeit, diesen zu spielen, eignen sich klassische Musiker an. Oft kommt in solchen Biografien eine starke familiäre Prägung zum Zug. Wenn die Eltern viel klassische Musik hören oder gar selbst spielen, überträgt sich das auf den Nachwuchs, der so von Kind an den Ausdruck und Geist dieser Musik kennenlernt und im Erwachsenenleben dementsprechend sicher weitergeben kann. Popmusik zu spielen ist hingegen öfter eine Rebellion gegen die elterliche Generation und setzt ganz bewusst auf Abgrenzung. Doch mittlerweile ist die Erfindung der Popmusik auch schon die Generation eines Menschenlebens alt – dementsprechend hat sich der Zugriff und das Erlernen der Popmusik verschoben. Besonders bei den Stilen, die zu den Frühformen der Popmusik gehören.

Im Fall der Münchner Band Muddy What? ist das der Blues. Und das Trio, das ursprünglich aus dem fränkischen Schwabach kommt, aber seit einiger Zeit in München lebt, hat auf den Blues strukturell einen ähnlichen Zugriff wie das klassische Musiker auf den Werkkanon der Musikgeschichte haben. Das Geschwister- und Gitarristenpaar Ina und Fabian Spang ist mit dem Blues über die elterliche Plattensammlung aufgewachsen, hat dann begonnen, die Blues-Klassiker nachzuspielen, die Standards dieses Genres. Ganz so wie der Klavierschüler seine Bach-Präludien und Beethoven-Sonaten erlernt. Doch die Schritte vom Erlernen der Spielfähigkeit zur Interpretation und zu letztlich zur eigenen Musik sind ein Weg, den die musikalisch im Elternhaus geprägten Kinder dann doch selbst gehen müssen. Ina und Fabian Spang gehen mit ihrem Schlagzeuger Michi Lang diesen Weg seit 2006. Von Schulfesten, auf denen sie zu Beginn auftraten, Interpretationen der Songs von Son House, Willie Dixon oder Albert Collins und schließlich ganz eigenen Songs. „Neben eigenen Liedern haben wir viele Klassiker und auch weniger bekannte Cover-Songs auf unserer Setlist, die alle sehr eigen interpretiert sind“, erklären sie, doch: „Jeder Song ist bei jedem unserer Konzerte immer wieder irgendwie anders.“

In den unzähligen Live-Konzerten der Band, die in herunter gebrochener Unplugged-Besetzung in kleinsten Stadtteilkneipen genauso stattfinden wie auf Konzertbühnen, zeigt sich dieser in der Popmusik dennoch immer noch etwas ungewöhnliche Zugang. Die Musik rauscht eingängig und genregebunden aber dennoch mit einer gewissen Spannung dahin, das Publikum – von jungen Indie-Hörern bis Blues-Liebhabern der Elterngeneration – aber kennt die Musik. Es erkennt die Standards, die bei Muddy What? eine neue Interpretation erfahren, es erkennt die musikalischen Topoi, die das Trio in den eigenen Songs benutzt. Und es erkennt die technische Versiertheit der Musiker und dessen rhythmisch sicheres Zusammenspiel. So eine Art des Zuhörens ist dann – ganz strukturell gesehen – vom distinguierten Wertschätzen des Klassikpublikums nicht weit entfernt. Doch letztlich erklären die Musiker: Viel über starre Abläufe innerhalb ihrer Musik würden sie nicht nachdenken, und schon gar nicht über ihre Positionierung als zeitgenössische Band, vielmehr spielen sie „einfach so, wie es sich im Moment richtig anfühlt“. Etwa wenn sie am Freitag, 31. März, zusammen mit dem Münchner Harp-Spieler Hubert Hofherr im Kulturkeller Westend in München auftreten. 

Stil: Blues
Besetzung: Fabian Spang (Gitarre, Gesang), Ina Spang (Gitarre, Mandoline), Michi Lang (Schlagzeug, Bass)
Aus: München/Schwabach
Seit: 2006
Internet: muddywhat.de

Text: Rita Argauer

Foto: Hartmut Spang