250 Zeichen Wut – Semesterferien

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Unsere Autorin hat die Schnauze voll. Von Leuten, die immer gezwungenermaßen eine Nummer cooler sein müssen als der Rest der Welt, und bei denen Urlaub plötzlich nur noch

„Reisen“ genannt wird.

Vorlesungsfreie Zeit ist Urlaubszeit. Da machen sich dann alle auf den Weg. Und egal wohin es geht und ob man stinkreich oder super hip und möchtegern alternativ ist, egal in welchen Kreisen man verkehrt: es gibt immer diese eine Sorte Mensch, die einfach immer cooler ist als du. Und dieser Mensch drückt’s dir dann so richtig rein! „Ich bin nicht im Urlaub, ich bin auf Reisen!“ oder „Wirklich? Nur der Kurztrip nach Spanien? Ich bin zwei Monate in Argentinien. Ohne Handy, ohne alles. Ich muss weg von all dem Mainstream.“ Und noch was von der Sorte: „Mensch, die Klausuren waren so anstrengend, ich fahr mit meinem Freund über’s Wochenende ins Spa. Mein Rücken ist meeeegaa verspannt.“ Schön für euch alle! Toll! Ist ja auch meeeeega entspannt, wenn ihr jedem erst mal beweisen müsst, dass euer Urlaub, pardon, eure Reise so viel toller ist. Wir haben’s verstanden.

Zeichen der Freundschaft: Kippen-Kaffee-Kränzchen

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Aus der regelmäßigen Flucht vor schlechten DJs und Alkoholleichen hat sich die Freundschaft unserer Autorin und ihrer Freundin heraus entwickelt. Mittlerweile sind sie dickste Freunde. Ein bestimmtes Ritual verbindet sie besonders.

„Geh’n wir noch eine rauchen?“ Ich nicke. Irgendwie ganz selbstverständlich. Mechanisch stehe ich auf, und Mimi folgt mir nach draußen zur Tür. Wir schlüpfen in unsere Jacken und verlassen den kleinen Tisch unseres Lieblingscafés, dem Ort, an dem wir uns regelmäßig zum Reden und zur Suchtbefriedigung treffen. Mimi und ich teilen die selben Laster: Tabak, schwarzer Kaffee und gute Gespräche.

Gerne bezeichne ich Mimi als meine Raucher-Freundin. Wahrscheinlich weil damit alles begann. Auf Partys wurde uns das sinnlose Betrinken manchmal zu viel. Und wenn die Alkoholleichen begannen, hin und her zu wanken und sich taktlos und ohne Taktgefühl zu den schlechten Beats des DJs zu bewegen, dann suchten wir zusammen oftmals schnell das Weite. Oder die nicht all zu
weit entfernte Raucherecke. Dort konnten wir stundenlang gemeinsam quatschen und die Welt um uns herum vergessen.

Wir haben uns nicht gesucht und doch irgendwie gefunden. Vielleicht sind wir uns anfangs auch ein bisschen aus dem Weg gegangen. Und doch treffen wir uns mittlerweile ein Mal die Woche auf so eine Art Kippen-Kaffee-Kränzchen.
Da stehen wir nun also draußen vorm Café. Mimi in Chucks und Hippie-Hose. Ich im schwarzen Seidenkleid mit rot bemalten Lippen. Zwei Mädchen, auf den ersten Blick so unterschiedlich und doch verdammt gleich. Ein wenig seelenverwandt. Wir leben in ein und derselben Welt. Einer Welt, die so manch einer nicht verstehen kann.

Zurück am Tisch. Wir schlürfen beide unser schwarzes Glück aus großen weißen Tassen und reden. Denn wenn Mimi und ich reden, dann reden wir auch wirklich miteinander. Nur selten um den heißen Brei herum. Smaltalk, der liegt uns nicht. In jedem Gespräch wird ins Detail gegangen. Die eine erzählt, die andere hört gespannt zu. Wir berichten vom stressigen Arbeits- und
Schulalltag. Wir reden über Beziehungstiefen und Singlehöhen. Ich bringe Mimi Optimismus bei und lerne Pessimismus zu verstehen. Wir reden über den Sinn des Lebens und die Gesellschaft, die wir viel zu oft verfluchen. Wir schimpfen über Leistungsdruck und ständigen Konsum und wir lesen uns gegenseitig unsere Gedichte und Texte vor.

Mimi und ich sind manchmal so unterschiedlich wie Tag und Nacht, hip und Hippie, bunte Muster vs. schwarz und düster, Partynacht vs. neben dem Freund am nächsten Morgen aufgewacht, positive Gedanken vs. Schultern sacken. Und doch sind wir Aliens vom selben Stern, die sich von Kaffee und Kippen ernähren, viel zu gern.

Text: Anastasia Trenkler

Foto: Yunus Hutterer