Jakob Grahl, 20, studiert an der Filmhochschule in München Drehbuch. Er ist gebürtiger Münchner, Borussia Dortmund-Fan und hat zusammen mit seinem Kommilitonen Jonas Egert, 21, einen Video-Clip über die Fan-Feindschaft zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München gedreht. Anlass war ein vom Dortmunder Verein ausgeschriebener Wettbewerb unter dem Titel „Heimspiel“ – das Video aus München hat gewonnen.
SZ: Wie kann man als Münchner Dortmund-Fan sein?
Jakob Grahl: Mein Vater ist Dortmund-Fan. Er kommt aus Dortmund und er hat meinen Bruder und mich dazu erzogen. Meine Oma wohnt da auch noch. Und so hat es sich ergeben, dass wir, wenn wir sie besuchen, eigentlich immer mindestens einmal ins Stadion gehen.
Gibt es da in München nicht Ärger mit den Kumpels?
Die nutzen natürlich jede Chance aus, um einen zu ärgern. Wie nach dem Champions-League-Finale 2013, da darf man sich schon Einiges anhören. Aber es ist auch total witzig, wenn man dann als Einziger so ein bisschen sticheln kann, wenn es andersrum ist. Als ich in der elften, zwölften Klasse war, 2011/2012, da hatten die Dortmunder eine recht erfolgreiche Zeit und haben alle fünf Spiele gegen Bayern gewonnen. Vor jedem Spiel kam da von meinen Freunden: „Dieses Spiel wird’s aber nicht so sein.“ Im Endeffekt war dann aber doch immer ich derjenige, der am nächsten Tag sticheln konnte.
Was erlebt man mit einem schwarz-gelben Trikot in München?
Das habe ich ja im Film ausprobiert. Das war überraschend zweigeteilt. Da gab es die einen, die blöde Kommentare abgegeben haben. Auf der anderen Seite aber auch ganz viele, die es witzig fanden. Ich habe es doch geschafft, dass die meisten mich doch nicht aggressiv angegangen sind. Und viele haben gemeint, es wäre doch ganz mutig, was ich da mache. Der Jonas, der Kamera gemacht hat, wurde auch einmal von hinten geschubst, obwohl der nicht einmal ein Trikot hatte. Aber der mit der Kamera ist oft derjenige, der mehr Aufmerksamkeit bekommt und quasi der Schuldige ist.
Zum Rückrunden-Start der Bundesliga wurde das Gewinner-Video des Internet-Votings bekanntgegeben und vor 80 000 Menschen beim Spiel Dortmund gegen Ingolstadt gezeigt. Wie waren die Reaktionen der Fans?
Positiv. Auch der Stadionsprecher war angetan von dem Video. Auch, weil München der Rivale Nummer eins ist. Ich glaube, deshalb ist es auch so gut angekommen.
In dem Video wird die Fan-Erzfeindschaft zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern thematisiert. Da wird auch nicht zu einem versöhnlichen Ende gefunden. Die Bayern bleiben die Bösen. Ist das provokant?
Das ganze Video ist eine Provokation. So wie ich früher das Fan-Sein ausgenutzt habe, um zu provozieren. Ich glaube, dass das durch den Sport auf einer gewissen Basis eigentlich ganz gut geht. Ein bisschen Sticheln, das finde ich ganz witzig. Natürlich gibt es da keine Lösung. Ich muss mir da ja auch viel anhören, aber ja … ein bisschen austeilen und einstecken vielleicht.
Andere beim Wettbewerb eingereichte Beiträge thematisieren beispielsweise Integration von Flüchtlingskindern oder auch einfach nur die Stärkung des Heimatgefühls. Warum hat genau euer Video gewonnen?
Ich glaube, dass ein politisches Thema zu groß für so einen einminütigen Beitrag ist. Das ist das, was bei uns so stark ist. Dass da ein Moment festgehalten wird. Außerdem glaube ich, wir haben das Thema Heimspiel ganz gut getroffen. Es wird so interpretiert, dass das kein Ort ist, sondern mehr wie ein Treffpunkt, der aber liegen kann, wo er will.
Wo schaut man als Dortmund-Fan in München die Spiele?
Ich schaue entweder daheim oder in einer Bar am Ostbahnhof, das ist die Dortmund-Bar. Oder auch mit Freunden in einer bayerischen Bar, aber da bin ich dann immer der totale Looser. Außer Dortmund gewinnt, dann ist es nach wie vor witzig, wenn man die ganze Zeit angemacht wird, und am Ende der Einzige ist, der jubeln kann.
Wie geht es mit dem Video jetzt weiter? Ist es das neue Werbevideo für Borussia Dortmund?
Nein, das wurde jetzt einmal im Stadion gezeigt. Ob das jetzt weiter verarbeitet wird, ist unklar. Es ist in dem Sinne auch nicht wirklich Werbung für den BVB, sondern eher eine Momentaufnahme.
Interview: Theresa Parstorfer