Albumkritik: Lester – Die Lüge vom großen Plan

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Die Deutsch-Punker von
Lester veröffentlichen ihr Debütalbum Die Lüge vom großen Plan – eine
bodenständige Platte aus zehn soliden Songs, mit treibenden Grooves,
anspruchsvollen Texten und Mitgröl-Refrains.

“Warum schreibt ihr ein Lied über das
Zoofachgeschäft in der Müllerstraße 17?” Das ist wohl die erste Frage, die man Lester
stellen würde, hätte man endlich eine Kopie ihres Debütalbums Die Lüge
vom großen Plan
erstanden. Die Wahrheit: An der dubiosen Adresse im
Glockenbachviertel gibt es gar kein Zoogeschäft, sondern nur einen
Schönheitssalon, das Bistro “Kartoffelglück” und die Sunshine-Bar.

Lester machen Deutsch-Punk, oder wie sie es
nennen, Heavy Pop. Ihre Songs sind simpel gehalten: einfache Harmonien, wenig
Melodie ohne virtuose Ausbrüche, aber dafür immer mit einem treibenden Beat am
Schlagzeug – ganz Punkrock eben. Dennoch sind die Texte nicht wie im Punk
politisch-provokant, sondern handeln viel mehr vom Leben der einfachen Leute,
vom Aufbruch, dem Streben nach Glück, von verwirklichten und unverwirklichten
Träumen. Deshalb Pop – sie holen ihre Hörer da ab, wo sie stehen. Mitten im
Leben.

Auf ihr erstes Album packen die Jungs nun zehn
energiegeladene Songs plus einen Bonustrack. Mit besagtem Zoofachgeschäft,
Müllerstraße 17
und dem zweiten Track Blickdicht kommen die
Highlights direkt am Anfang, wobei der stadionhymnen-ähnliche Refrain von
Blickdicht unweigerlich an die Toten Hosen erinnert – wahrscheinlich auch durch
die kratzige Stimme von Sänger Andy, die der von Campino doch recht ähnlich
ist.

Danach lässt das Album an Druck nach. Die
treibenden Beats bleiben, doch das Mitsingpotenzial lässt nach. Eine Ausnahme
bildet die Halftime-Nummer Sieben Zoll, die mit der Mitgröl-Zeile “sich
verliern in vier Akkorden, ist alles was du brauchst” wohl die letzte
Gemeinsamkeit der heutigen Popmusik mit dem Punkrock thematisiert. Auch die
Leitmotive “Welle” und “Licht”, die über das ganze Album verstreut immer wieder
eine Rolle spielen, werden hier besonders deutlich. Der balladenhafte Song Sekundenschlaf
leitet den Schluss der Platte ein, bevor mit Dackelblut und dem
Bonustrack Helden nochmal Vollgas gegeben wird.

Lester verzichten in der Produktion auf sämtliche studiotechnische Spirenzchen.
Die vier Jungs mit Gitarren, Bass und Schlagzeug werden ausschließlich im
Schluss von Dackelblut von einem Bläsersatz unterstützt. Freunde
musikalischer Abwechslung werden deshalb wohl nicht komplett auf ihre Kosten
kommen, aber diese Reduktion aufs Wesentliche ist vor allem eins: ehrliche,
handgemachte Musik. Und das ist im Jahre 2017 nun mal eher die Ausnahme als die
Regel.

Deshalb klingen Lester auf der Platte genauso
wie live. Und dass sie live eine echte Sensation sind, haben sie ja bereits auf
dem letzten Freundschaftsbänd-Abend bewiesen. Wer sich davon nun selbst
überzeugen will: Die Band feiert am Donnerstag, den 01. Juni die Albumtaufe der
Lüge vom großen Plan im Feierwerk.

Text: Max Mumme

Foto: Lester