Von Freitag bis Freitag München mit Philipp

Life ist too short for boring music – Besser könnte man eine Woche mit Philipp wahrscheinlich nicht beschreiben. Dabei kann man unitechnisch schon mal in Verzug geraten. Um das Bild des vorbildlichen Studenten trotzdem aufrecht zu erhalten, stürzt sich Philipp beim Hausflohmarkt-Besuch ausschließlich auf  Bücher und lässt sich gelegentlich am Institut blicken, wenn auch nur zur Fachschaftsparty.

Ich studiere Politikwissenschaft. Diese Tatsache habe ich die letzten Wochen fast vergessen, bei allem was in München so los war – besonders so musik-technisch! Deshalb habe ich beschlossen, diese Woche wieder seriöser anzugehen und mich mit Dingen rund um mein Studium zu befassen. Doch freitags habe ich frei, also kann ich was anderes machen, ist ja auch noch nicht wirklich „diese Woche“. Eigentlich wollte ich zu diesem Designmarkt gehen, aber da will der Kollege Kirsch ja schon hin. Und ich habe mich immer noch nicht von dem Schock erholt, dass der sich seinen creepy Schnauzer abrasiert hat. Deshalb gehe ich aufs Contact Festival im Zenith und Kesselhaus, wo am Freitag neben Fritz Kalkbrenner auch Lexy & K-Paul auflegen. Die habe ich mal auf einem Festival gesehen und fand sie echt super!

Am Samstag in der Früh schaue ich erstmal die „heute-show“ in der ZDF-Mediathek, irgendwas muss ich ja von meinen GEZ-Gebühren haben. Außerdem läuft das unter politikwissenschaftliche Beschäftigung. Den Tag verbringe ich damit auf Pakete zu warten, die ich im Laufe der CyberMonday-Woche irgendwo bestellt habe, zumindest verkürzt das die Suche nach Weihnachtsgeschenken ungemein. Blöderweise kauft man so einen Haufen Schrott, den man eigentlich gar nicht braucht – aber egal, meine Schwester freut sich bestimmt über fünf Liter „Mobil 1 Leichtlaufmotorenöl“ zu Weihnachten. Abends habe ich dann die Qual der Wahl, entweder ich fahre raus nach Erding, wo The Living mit Unterstützung von The Strayin Sparrows und Never The Less auftreten. Oder ich nehme meinen Vorsatz doch noch ernst und gehe zur Fachschaftsparty der Politikwissenschaften im Geschwister-Scholl-Institut. Soviel Kommittent ist dann fast schon wieder zu viel für mich…

Sonntag schlafe ich erstmal aus. Die letzten beiden Abende waren anstrengend, außerdem konnte ich eine Stunde lang nicht einschlafen, weil ich mir die ganze Zeit dieses „IchhabPolizei“-Video anschauen musste. Hehe. Deshalb lasse ich den Tag erstmal geruhsam angehen und sage mir, dass ich mir die Texte über „Theorien kollektiven Handelns“ auch wann anders zu Gemüte führen kann. Lieber schaue ich mir menschliche Solidarität hautnah an: am Sonntag beginnt im Import Export das Kino Asyl Festival, bei dem junge Leute aus verschiedensten Ländern und Kulturen Filme, aus ihren Heimatländern, präsentieren. Eintritt ist frei, Spenden aber erwünscht. Hier habe ich die Gelegenheit auf der Leinwand Einblicke in Kulturen zu bekommen, die in der Form in München bisher noch nicht möglich waren. Hingehen!

Gestern war ich sehr lange im Kino, am Montag muss ich dann wohl mal was für die Uni machen. Also Bücher rausgesucht, Laptop auf und los geht’s. Allerdings geht das wie immer in die falsche Richtung los: Nach einigen Stunden ziemlich unproduktiven Rumglicken, fällt mir auf, dass ich abends ja auf den Hausflohmarkt ins Provisorium gehen könnte. Bei sowas habe ich es immer besonders auf Bücher abgesehen. Hoffentlich kann ich auch heute wieder was abstauben. Vielleicht ja sogar etwas Politikwissenschaftliches.

Jup, ich habe mir gestern echt viele Bücher gekauft. Logisch, dass ich den Dienstag erstmal mit Lesen verbringe. Da bleibt dann auch irgendwie nicht mehr so wahnsinnig viel Zeit, um irgendetwas Produktives zu machen. Eigentlich sollte ich ja in die Uni gehen. Ich schaffe es dann auch zum letzten Kurs. Dafür gehe ich danach mit Kommilitonen noch auf verschiedene Weihnachtsmärkte. Und irgendwie ist der Tag dann auch schon ganz schnell verbracht…

Nach dem etwas verlorenen gestrigen Tag beginne ich den Mittwoch  zwar latent verkatert, aber doch voller Tatendrang. Tagsüber besuche ich alle meine (beiden) Unikurse. Zur Belohnung geht es danach auf’s Tollwood, da war ich dieses Jahr bisher noch gar nicht! Abends gehe ich dann mal wieder auf ein Konzert, das mich allein schon mit seinem Namen überzeugt: Unter dem Motto „Life is too short for boring music“ spielen Fuck Yeah, The Irrigators und G.rag/ Zelig Implosion eine gemeinsame Show. Insiderwissen zum Angeben: Bei Fuck Yeah spielt der Vater von Bluesrock-Shootingstar Jesper Munk mit.

Die Woche neigt sich mit dem Donnerstag bereits dem Ende zu und ich bin mit meinem Fortschritt was das Studium betrifft insgesamt recht zufrieden. Ich war diese Woche in fast allen Kursen und habe ein paar meiner Texte gelesen. Reicht aber auch mal wieder. Deshalb will ich heute mal was (für mich) neues ausprobieren: Im Gasteig findet das Jazzfest München statt. Eigentlich so gar nicht meine Musik, aber andererseits habe ich Jazz auch noch nie bewusst angehört, einen Versuch ist es also auf jeden Fall wert!

Fazit am Freitag: Ja, das mit dem Jazzfest war eine gute Entscheidung, es hat Spaß gemacht. Aber heute will ich mich wieder meiner Lieblingsmusik zuwenden: Zum Opening des Clap Clubs in den Arri Studiuos spielen die Jungs der großartigen Whiskey Foundation. Sie haben gerade ein großartiges Jahr hinter sich, waren sie doch als Vorband von AC/DC und Deep Purple unterwegs. Und falls ich entgegen aller Erwartungen genug von Musik haben sollte, gehe ich in die HFF, wo drei Filmpremieren gefeiert werden, natürlich standesgemäß mit Aftershow Party!

Megafon und Akkordeon

image

Einmal querbeet durch die Musikwelt: Das Label Gutfeeling hat
beim Sound of Munich now Singer-Songwriter, bayerische Volksmusik und Punk-Rock
auf eine Bühne gebracht.

Das Münchner Label Gutfeeling
lockte die Gäste der siebten Ausgabe des Sound of Munich Now mit einem
bunten Musiker-Mix in die Kranhalle des Feierwerks. Fünf sehr verschiedene Acts
wurden den Zuschauern an diesem Samstagabend vorgestellt – es war jedoch genau
diese musikalische Heterogenität, die den Abend mit den Gutfeeling-Bands
so unterhaltsam machte.

Eingeleitet wurde die
Konzertreihe von G.Rag & Landlergeschwister – ein überwiegend aus
Blechbläsern bestehender Trupp, der mit seiner Mischung aus bayrischer
Volksmusik, Blues und Country die Leute dazu verleitete, das Tanzbein zu
schwingen. Sowohl Publikum als auch Musiker
hatten sichtlich Freude am Auftritt. Interessanterweise wurde nicht durch ein
Mikro-, sondern ein Megafon gesungen. Der Gesang hätte – dank der körnigen
Qualität – gut auf eine antike Blues-Platte gepasst.

Obwohl seitens des Publikums
lautstark verlangt, blieb keine Zeit für eine Zugabe: Es ging Schlag auf Schlag
und der nächste Musiker, Fred Raspail, war der Beweis dafür, dass sich
ein Singer-Songwriter nicht auf Gitarre, Mundharmonika und Stimme beschränken
muss, um authentische Folk Musik zu machen. Man könnte den Franzosen am besten
als eine ‘One-Man-Show’ beschreiben – zusätzlich zu Gitarre und Mundharmonika, hatte
er zwei Trommeln dabei, die er mit den Füßen bediente. Die daraus
resultierenden „dreckigen französischen Folk Songs“, wie Raspail seine
Musik selbst beschreibt, ermunterten das  Publikum
dazu, zu singen, zu tanzen, zu lachen und bis zum Ende seiner Show begeistert
Beifall zu klatschen.

Weiter ging’s mit dem nächsten Highlights
des Abends: G.Rag / Zelig Implosion war wohl eine der skurrilsten Bands,
die im Rahmen des Sound of Munich Now je aufgetreten sind. Das Duo,
bestehend aus einem Gitarristen und einem Drummer, verbindet treibende
Punk-Rock Rhythmen mit gemäßigteren Abschnitten, die sehr stark an repetitive
(doch keinesfalls monotone!) Spoken Word Musik erinnern. Diese Amalgamation, von der Band liebevoll „No Wave Mambo
straight aus München“ getauft, schien zu polarisieren: dir Kranhalle war nur
ungefähr zur Hälfte gefüllt, doch die Leute, die dem Spektakel beiwohnten,
waren hellauf begeistert.

Die vorletzte Band des Abends, Leonie
Singt,
stand ihrem Vorgänger musikalisch fast diametral entgegen: An die
Stelle von lauten, verzerrten Gitarrensounds traten jetzt Kontrabass und
Akkordeon. Das Publikum beobachtete gebannt die Sängerin, als sie zusammen mit
ihrer Band die introspektiven Texte mit melancholischer Instrumentation
ummantelte. Die kontemplative Stimmung, die von der Musik ausgestrahlt wurde,
schwappte auf das Publikum über. Anstatt zu tanzen, setzten sich einige
Besucher vor der Bühne auf den Boden, um zu konzentriert zu lauschen. Vielleicht
die beste Art, diese Musik zu genießen.

Trans Love Energy ist eine
Band, die seit 15 Jahren nicht mehr gemeinsam auf der Bühne stand. Dieses
Jahr ließen sie jedoch die Gutfeeling Label Night mit einer Mischung aus
Ska, Emo und Punk ausklingen. Den Musikern machte es sichtlich Spaß wieder vereint
auf einer Bühne zu stehen, und mit dem Publikum zu interagieren – auch wenn die
Luftsprünge des Gitarristen wohl nicht mehr so hoch waren, wie noch vor 15
Jahren, die Energie, die von dem Ensemble ausging, war
ungebändigt. In der Kranhalle gab es jedenfalls keinen, der nicht tanzte. Die Band
wurde ihrem energiegeladenen Namen gerecht: An Stillstand war nicht zu denken!

Die Gutfeeling Label Night ging
mit einem Schwall Applaus zu Ende. Die Bandbreite und vor allem die Qualität
der Musik, die den Besuchern präsentiert wurde, waren erstaunlich. Das
Feierwerk entließ die Gäste mit einem Lächeln. Und mit der Vorfreude auf die
nächste Ausgabe des Sound of Munich Now im kommenden Jahr. Nicholas O‘Connell

Foto: Jeanmarc Turmes, http://www.jeanmarcturmes.com/