Jungkoch Vincent Fricke eröffnet das Pop-up-Restaurant
“Fleischkonsum”. Die Idee dahinter:
Mit jeder Menge Fleisch will er auf den übermäßigen Fleischkonsum aufmerksam machen.
Am liebsten isst Vincent Fricke Herz. Vom Rind. Mit seinem Pop-up-Restaurant „Fleischkonsum“ möchte der Jungkoch den Menschen deshalb zeigen, dass Innereien richtig zubereitet sehr schmackhaft sein können. Er möchte mit jeder Menge Fleisch auf den übermäßigen Fleischkonsum aufmerksam machen. Vor allem aber will er wieder ein Bewusstsein dafür schaffen, dass jedes Stück Fleisch, das bei uns auf dem Teller landet, mal ein Lebewesen war. Und das hatte eben nicht nur saftige Lenden, sondern auch ein weiches Herz. Vom 24. August bis 27. August und vom 31. August bis 3. September kann man sich von Vincent’s Drei- bis Fünf-Gänge-Menüs in den Räumlichkeiten des Nudo in der Amalienstraße überzeugen lassen. Oder zumindest mal eine erste Kostprobe wagen.
Man sollte jedoch gewarnt sein, denn Vincent’s Konzept „from nose to tail“ darf und sollte man wörtlich nehmen: An den ersten vier der insgesamt acht Tage, die das Restaurant geöffnet hat, stehen unter anderem Knochenmark und der Schwanz vom Rind auf der Speisekarte. Weil der gebürtige Sachse aber weiß, dass seine Kreationen zumindest beim ersten Lesen gewöhnungsbedürftig sind, gibt es für seine Gäste auch die bei jedem Metzger erhältliche Rinderbrust. Die Mischung macht’s.
Das Pop-up-Restaurant ist Vincents aktuellstes Projekt, aber nebenbei berät er auch Restaurants und Bars beim Erstellen von kulinarischen Konzepten. In jüngster Vergangenheit kamen so die Bun-Bao-Burger auf die Karte des „Home“. Außerdem hat er ein eigenes Cateringunternehmen, auch wenn er sich hier bislang zumindest in Teilen noch den Wünschen seiner Kunden unterordnen muss.
„Mit den Caterings finanziere ich mir meinen Blödsinn“, sagt Vincent, 30, und streicht sich ein gedankenverloren durch seinen Bart. Immer wieder schiebt er auch seine braunen Haare unter die graue Mütze. Nicht nervös oder gestresst, eher so, als hätte er schon wieder neue Flausen im Kopf. Durch solche Flausen sind auch sein Eintopf-Lieferservice, für den er nun für den kommenden Winter eine vorübergehende Location sucht, sein mittlerweile zweites Kochbuch und sein Supperclub „Sonntagsbraten“ entstanden.
Seit drei Jahren lädt Vincent alle vier bis acht Wochen zum gemütlichen Dinieren am Sonntag ein – wenn möglich, jedes Mal in einer neuen Location. Wie der Name schon vermuten lässt, geht es auch hier um seine Philosophie, weniger, dafür aber bewusster Fleisch zu konsumieren. Ganz auf Fleisch oder sogar gänzlich auf tierische Produkte zu verzichten, ist für den Genussmenschen jedoch keine Option. Eine vegane Ernährung hält er für schädlich. Auch für einen rein vegetarischen Speiseplan isst Vincent zu gerne Fleisch. Aber es soll eben kein Billigfleisch sein, sondern möglichst regional bezogen werden und aus artgerechter Haltung stammen. Das gilt allerdings nicht nur für das Fleisch, sondern alle Produkte, die Vincent in seiner Küche verwendet.
Leidenschaftlicher Koch ist Vincent eher durch Zufall geworden. „Ich wurde teilweise mit Paprika-Rahm-Geschnetzeltem von Maggi vergewaltigt“, witzelt er über seine kulinarische Erziehung. Wie so jemand dann trotzdem Koch wird? Ein damals guter Freund hat sich nach dem Realschulabschluss für eine Ausbildung zum Koch beworben. Aus einer Laune heraus bewarb Vincent sich ebenfalls – und bekam die Stelle. Und obwohl er damals nur weiße Zwiebeln kannte und rote Zwiebeln schälte, bis nichts mehr von ihnen übrig blieb, ist er dabei geblieben.
Seitdem dreht sich bei Vincent alles ums Essen. „Wenn ich nicht koche, rede ich übers Essen oder bin in Restaurants unterwegs“, sagt er und muss über sich selbst lachen. Sein sächsischer Akzent ist nur leicht hörbar, seine Begeisterung fürs Kochen dafür umso mehr.
Diese Begeisterung ist es, die ihn antreibt, immer wieder neue Projekte zu verwirklichen. Ein eigenes Restaurant zu eröffnen, reizt ihn deshalb bislang noch nicht: „Ab dem Zeitpunkt, wo ein Projekt läuft, wird mir langweilig. Und immer dann, wenn einem Koch langweilig ist, sollte er aufhören.“ Im Gegensatz zu Städten wie Leipzig und Berlin macht es einem München manchmal jedoch schwer, so spontan zu sein, wie Vincent es gerne wäre. Trotzdem will er vorerst hier bleiben. Er liebt die Herausforderung. Die Münchner seien zudem fress-affiner als Menschen in manch anderen deutschen Städten, sagt Vincent, lacht und meint das durchweg positiv.
Von: Jacqueline Lang
Foto: Kristin Arnhold