Band der Woche: Snowfall

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Snowfall ist das
Nebenprojekt der Young Chinese Dogs. Der Sound ist dunkler, es wird mehr
Elektronik verwendet, mehr Beat und mehr Sphäre. Birte
Hanusrichter und Oliver Anders Hendriksson wollte eine ganz eigene Version der
Popmusik machen.

Es ist schon erstaunlich, was Quentin Tarantino in der Popmusik angerichtet hat. Denn fast immer, wenn jemand heute modernen Americana-Sound mit zeitgenössischem Popflair machen möchte, dann wird dieser Regisseur zum atmosphärischen Vorbild der Musik erklärt. Am liebsten von Musikern, die in Mitteleuropa aufgewachsen sind und deren persönliche Prägung dementsprechend weit entfernt ist von einer abgewrackten Südstaaten-Kneipe, in der man vom Alter von zehn Jahren an gelernt hat, Whiskey zu trinken und den Blues zu spielen. Tarantino ist in solchen Fällen als stimmungsmäßige Chiffre schon beinahe zum Genrebegriff für einen bestimmten Musikstil geworden.

Mal abgesehen von diesem etwas seltsamen Disziplinen-Übersprung, der geschieht, wenn ein solcher Regisseur zum musikalischen Vorbild erklärt wird, weil er ein gewisses Händchen dafür hat, die Stimmungen seiner Filme mit retrotrunkenen Soundtracks zu garnieren, liegt in dieser Verdrehung aber noch ein zweiter Bruch: Denn bezieht sich Popmusik auf Tarantino, liegt unter der lässigen Haltung eine unverhohlene Romantik. Aus dieser Musik, die im öfter verregneten als schwülen Deutschland entsteht, aber nach der bluesig-gedämpften Lässigkeit von New Orleans klingen soll, spricht auch immer eine Sehnsucht und die damit einhergehenden Verklärung. Denn der Alltag eines semi-professionellen Musikers in New Orleans sieht wohl ziemlich anders aus, als man sich das hier vorstellt. Die Musiker, die in Deutschland solche Musik machen, sind also letztlich so etwas wie die cinemascope-geschulten Romantiker der Postmoderne.

Bei Birte Hanusrichter und Oliver Anders Hendriksson wird dieses musikalisch gewordene Fernweh nach einer fiktiven Version der USA allerdings hochprofessionell umgesetzt. Nachdem deren in Deutschland doch recht bekannt gewordene Band Young Chinese Dogs wegen differenter privater Ziele der einzelnen Bandmitglieder zurückgefahren wurde, gründeten die beiden Snowfall. Ein Duo, das seinen Stil selbst als Pop-Noir bezeichnet. Das erinnert rein begrifflich nicht von ungefähr an den Film Noir, bedient sich also dort schon des Kinos. Den Einfluss Tarantinos lässt die Band dann als sofortige Referenz in der Selbstbeschreibung folgen. Doch Birte, die neben ihrem Dasein als Musikerin auch eine im TV-Deutschland gefragte Schauspielerin ist, kennt sich dementsprechend aus mit der Erzeugung von Atmosphären und dem fiktiven Erschaffen einer Welt, die im Idealfall für den Zuschauer, respektive Hörer zur willkommenen Alltagsflucht werden kann.

Für Birte und Oliver ist Snowfall gerade ein Herzensprojekt: „Mit Snowfall leben wir uns künstlerisch aus“, sagt Oliver. Auf „#1 Gold“, ihrer ersten EP, die am Freitag, 25. August, erscheinen wird und zuvor mit einem Konzert beim Münchner Theatron im Olympiapark am Sonntag, 20. August, auch live vorgestellt wird, beginnt das jedoch erst einmal noch mit „Oh-Oh“-Gesangslieblichkeit. Der Opener „Carry me home“ klingt dabei mehr nach etwas reduziertem Nashville-Pop als nach dem destruktiven Exzess, den Tarantino atmosphärisch unter fast alle seiner Themen zu mischen vermag. Verheißungsvoller kündigt sich da die Single „Cemetry Lovesong“ an, in der der Themenkomplex morbider Liebschaften in experimentellerer Struktur und mit einer Art folkig reduziertem Gothic-Pathos verhandelt wird. Doch erst im letzten Song „Marry Me“ entsteht aus Moll-Akkorden und einem Dur-Refrain, einem Telefoneffekt auf der Stimme, einer anachronistischen Akustik-Gitarre sowie einer verhallten fernen Orgel die atmosphärische Dichte, bei der das Kopfkino illusionsreich anspringt.

Stil: Folk/ Blues/ Pop
Besetzung:
Birte
Hanusrichter (Gesang), Oliver Anders Hendriksson (Gitarre)


Aus: München
Seit: 2016
Internet: www.listentosnowfall.com

Text: Rita Argauer

Foto:
Lennja White

A Home. A Heart. Whatever. (Indie-Folk / Pop / Elektronik)

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Jahr: 2013, Woche: 28

Die einzige Messlatte für die Indie-Band A Home. A Heart. Whatever. ist ihr Anspruch. Doch der ist ausgesprochen hoch. Die Produktion des neuen Albums „Same Same“ klingt nahezu perfekt.

Man möchte diese Band gerne größer machen. Gerne als die nächsten Indie-Chart-Stürmer sehen und Menschen mit riesigen Kopfhörern diese Musik summen lassen. Mit „Same Same“ veröffentlichte das Münchner Indie-Elektronik-Trio A Home. A Heart. Whatever. am vergangenen Freitag ein Album, das leicht klingt, aber nicht zwanghaft fröhlich wirkt und trotzdem ein wenig Auszeit von alltäglicher Kompliziertheit verspricht.

Diese zutrauliche Wärme hatte das Trio auch schon auf seinem Debüt-Album. Damit wurde die Band durch die verschiedenen Blogs gereicht – Konzerte und Aufmerksamkeit folgten. Doch sich in ein vermeintliches Star-Dasein zu werfen, liegt den Musikern nicht. Und das ist vielleicht exakt der Punkt, warum nun auch das zweite Album so bestechend unkapriziös geraten ist. Sie arbeiten ohne Label und ohne ausufernde Strategien. Die Produktion von Musik über Artwork zu Mischen und Mastern liegt dabei komplett in ihrer Hand. „Und darum geht es uns im Wesentlichen“, erklärt Florian Zabel. Sie verstehen die Band in erster Linie als Hobby – und die einzige Messlatte sei dabei ihr eigener Anspruch. Doch der scheint ausgesprochen hoch zu sein. Denn: Die Produktion klingt erneut nahezu perfekt.

Mit „Let Go“ haben sie nun auch einen Song auf dem Album, das neben der ganzen Ruhe doch etwas mehr drängt. Flirrendes Up-Tempo trifft auf den postpubertären Satz „I won’t listen and I won’t let you go“, die flächigen Synthie-Bässe werden von einem klassischen Gitarrensolo abgelöst. Eine tanzende Club-Menge ist dazu leicht vorstellbar. Schön ist es deshalb, dass sich mit A Home. A Heart. Whatever. eine Band dem do-it-yourself-Gedanken verschreibt, deren Musik sich durchaus kommerzialisieren ließe.

Stil: Indie-Folk / Pop / Elektronik
Besetzung: Tobias Mecklinger: Gitarre, Gesang; Marcus Schreiner: Gitarre, Gesang; Florian Zabel: Synthies, Computer, Glockenspiele.
Aus: München, Weilheim, Augsburg.
Seit: 2007.
Internet: http://www.ahomeaheartwhatever.de
http://ahomeaheartwhatever.bandcamp.com

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

A Home. A Heart. Whatever (Indie-Folk / Pop / Elektronik)

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Jahr: 2011, Woche: 30

Als typisch süddeutsch – so beschrieb ein Blog das Debütalbum von A Home. A Heart. Whatever. Das hat sich wohl seit Notwist und Slut so eingebrannt in den Indie-Köpfen: Alles, was irgendwie Elektronik, Indie und Pop mischt, muss aus Bayern kommen.

Bei A Home. A Heart. Whatever trifft das Klischee zu: Ja, sie kommen aus Weilheim und Augsburg, treffen sich in der vermeintlichen Großstadt München. Und ja, die Musik ist im elektronischen Indie zu verorten. Dass alle drei Musiker auf Erfahrungen in anderen Bands zurückblicken, hört man dem ausgearbeiteten Album an. Da ist kein Ton zu viel, nichts wirkt überladen. Die Mischung aus weichem, unaufgeregtem Gesang und der intelligent arrangierten und dennoch zugänglichen Musik funktioniert. Vor drei Jahren trafen sich Tobias Mecklinger und Marcus Schreiner, beschlossen mit zwei Gitarren und einem Computer gemeinsam Musik zu machen; Florian Zabel, der mit allerhand Synthesizern und Glockenspielen dazu kam, komplettiert die Besetzung. Doch anstand den typischen Bandweg zu nehmen ( erste Konzerte spielen, Demos aufnehmen, mehr Konzerte spielen) verschanzten sie sich für drei Jahre: Und produzierten im Alleingang dieses überraschende Debüt-Album. Der Plan funktioniert: Das Album wird mit Erstaunen angenommen und geliebt; die Konzerte häufen sich. Etwa am Samstag, 30. Juli, auf dem Subkultur-Festival in Fürstenfeldbruck. Oder im November beim „Sound of Munich Now“-Festival der SZ.

Stil: Indie-Folk / Pop / Elektronik
Besetzung:
Tobias Mecklinger: Gitarre, Gesang; Marcus Schreiner: Gitarre, Gesang; Florian Zabel: Synthies, Computer, Glockenspiele.
Aus: München, Weilheim, Augsburg.
Seit: 2007
Internet: http://www.ahomeaheartwhatever.de 

http://ahomeaheartwhatever.bandcamp.com
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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.