Zeichen der Freundschaft: Kurzweilige Dramen

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Unsere Autorin pflegt einen sehr energischen Umgang mit ihrer Kameradin: Sie ist der Meinung, eine Freundschaft, in der gerne die Fetzen fliegen ist eine echte Freundschaft.

Irgendwo in Vietnam laufen wir einen Berg hoch, es hat etwa
35 Grad und es liegen noch einige Stunden Wanderung vor uns. Julia und ich
können sonst eigentlich beide nie unsere Klappe halten, aber gerade ist es
verdächtig ruhig. Wir schmollen und werfen uns Blicke zu, als würden wir gerade
jeweils überlegen, ob wir schon zu alt dafür sind, uns an den Haaren zu ziehen.
Ich halte es irgendwann nicht mehr aus und frage sie etwas angespannt, was los
sei. Julia antwortet nur: „alles gut.“ Aber „Alles gut“ wirkt gar nicht gut
in diesem Fall. Ich frage weiter, bis es dann eskaliert. Wir stehen nun am Fuße
dieses Berges namens Lang Biang und schreien uns für zehn Minuten an. Um uns
herum nur ein paar verwirrte Vietnamesen auf Sonntagsausflug und ein paar
Pferde, die auf der Suche nach einem verdorrten Grashalm sind. Irgendwann
fangen wir beide an zu lachen, es ist einfach so absurd. Wir umarmen uns und
laufen zusammen den Berg weiter hoch. Da wussten wir noch nicht, dass noch vier
Stunden bergauf und eine Begegnung mit einer Schlange vor uns liegen – was im
Nachhinein wahrscheinlich gut war, sonst wären wir niemals weiter
gewandert.

Ich kenne Julia jetzt seit drei Jahren. Es war keine
Freundschaft auf den ersten Blick, aber dafür auf den zweiten. Wir unternehmen
viel, schreiben uns fast jeden Tag und manchmal eskaliert es dann eben. Ich
weiß gar nicht mehr, wann wir uns das erste Mal so richtig in die Haare gekriegt
haben. Und ich weiß auch die Gründe unserer Auseinandersetzungen manchmal zwei
Tage später schon nicht mehr.

Als wir zusammen für einen Monat nach Vietnam geflogen sind,
haben unsere Freunde Wetten abgeschlossen, wann wir uns wohl zerstreiten
werden. Und ein kleines bisschen Recht hatten sie ja – man siehe den Vorfall auf
dem Berg. Aber trotz unserer Streitigkeiten haben wir immer eine unfassbar gute Zeit
zusammen. Und können uns wunderbar nach der ein oder anderen
Diskussion über die unwichtigsten Sachen der Welt
wieder versöhnen. Manchmal, wenn wir uns
zanken, klären wir es auch nicht sofort. Spätestens, wenn dann wieder etwas
Spannendes im Leben passiert und man das unbedingt der anderen erzählen muss,
überwinden wir dann aber unseren Stolz – davon haben wir wohl beide viel – und
rufen die Andere an. 

Und genau das macht unsere Freundschaft aus: dass wir uns
streiten können. Ich wünsche jedem eine so gute Verbündete wie Julia. Was wäre
das Leben schließlich ohne Drama und ehrliche Freundschaft.

Text: Antonia Franz

Foto: Yunus Hutterer