Upcycling: Dominik Sedlmayr bastelt aus Dosen und anderen Gegenständen Musikinstrumente
Das WG-Zimmer von Dominik Sedlmayr, 24 (Foto: Kerstin Rothkopf), lässt keinen Zweifel offen: Hier lebt ein begeisterter Musiker. An den Wänden kleben Plakate der Münchner Band The Dope, neben dem Bett steht auf dem Nachttisch ein altes Grammofon, über dem Schreibtisch liegen die dazugehörigen Schellackplatten. Auf der anderen Seite des Raumes hängen zwei Banjos an der Wand – und in der Ecke des Zimmers stehen ein wuchtiger Bass und davor Instrumente, die sich von den gewöhnlichen Holzkonstruktionen unterscheiden. Ein silberner Bass, eine gelbe Gitarre und eine rote Ukulele – allesamt mit Blechkorpus. Marke: Eigenbau.
Dominik stieß vor fünf Jahren auf einen Zeitungsartikel, der von „armen Menschen, die aus allem möglichen Dingen Instrumente bauen“ handelte. Beeindruckt von dem Gedanken, aus Alltagsgegenständen seine eigenen Musikinstrumente herzustellen, machte sich Dominik ans Werk. Seitdem er 16 Jahre alt ist, hilft er seinem Vater regelmäßig bei der Arbeit in der Zimmerei. Er verfügt über handwerkliches Geschick, doch der erste Versuch, einen Bass zu bauen, scheiterte. „Es war doch schwieriger, als ich gedacht habe“, sagt Dominik. Der dritte Versuch klappte: Er baute einen Bass aus einer Dose, auf dem er bis heute bei den Auftritten mit seiner Band Good Cpt. Jak spielt.
Gerade bastelt Dominik seine erste Ukulele – eine Auftragsarbeit. „Am Anfang habe ich einfach einen Blechkanister, ein Stück Holz genommen und Saiten drauf gespannt. Das hat erst mal nicht so gut geklungen“, sagt Dominik. Er hat sich auch ein Buch über Gitarrenbau gekauft, doch darin konnte er nicht so viel lernen, denn für seine Art von Instrumenten gibt es keine Anleitung. „Besonders gefällt mir der Gedanke des Upcyclings – also Gegenstände, die schon anders genutzt worden sind, in meine Instrumente einzubauen und ihnen so einen anderen Zweck zu geben“, sagt er. So wird aus einem Stück Lattenrost ein Gitarrenhals, für die Saitenbefestigung werden Gabeln verbogen und mit Abflusssieben die Schalllöcher verschlossen. Nicht alle Ideen stammen von dem fertig studierten Anglistik- und Kulturwissenschaftsstudenten, Inspiration findet sich in der Bluesszene. Dort sei es üblich, sagt er, Gitarren aus Zigarrenboxen zu bauen.
Anfangs ist er über Flohmärkte gelaufen und hat in Supermärkten nach Dosen gesucht. Mit dem Knöcheln klopfte er gegen das Blech und hat geprüft, ob der Sound stimmt. Heute weiß er, wie was klingt und bestellt gezielt im Internet. Seine Banjos baut er aus Catbury-Schokoladen-Dosen. Gitarren, Ukulelen und Bässe stellt er aus alten Ölkanistern her.
Mit dem Gedanken, hauptberuflich Instrumentenbauer zu werden, hat Dominik gespielt, als er für ein Erasmus-Semester nach Irland gezogen ist. In Dublin lernte er viele Instrumentenbauer kennen – und verwarf die Idee. „Ein Großteil der Leute kann davon nicht leben. Sie reparieren Instrumente von anderen. Außerdem gehst du in Vorkasse – die Materialen legst du aus, und wenn du fertig bist, ist die Gitarre auch noch nicht verkauft“, sagt Dominik. Deswegen bleibt es für ihn ein Hobby. Momentan arbeitet er als Kulturmanager in einer Agentur in München, die Livekonzerte mit jungen Bands veranstaltet.
Nicht nur Dominik und sein Gitarrist haben auf seinen selbst gebauten Instrumenten gespielt. Auch der Australier John Bulter spielte schon auf so einer Gitarre. Bei seinem Konzertaufenthalt in München im vergangenen Frühjahr interviewte Dominik den international erfolgreichen Musiker für den Radiosender M94.5 und drückte ihm seine Gitarre in die Hand. Beeindruckt schlug er die Saiten an und lobte den jungen Musiker für so viel Geschick und Kreativität.
Stefanie Witterauf