Essen gut, alles gut

Im Interview: Felix Homma, 23, der die Aktion „Welcome Dinner“ zusammen mit sechs Kommilitonen

organisiert

. Beim Welcome Dinner laden verschiedene Gastgeber Flüchtlinge zum Essen ein. Wir haben mit ihm über das Projekt gesprochen. 

Freising – Felix Homma, 23, studiert in Freising Molekulare Biotechnologie und ist einer der insgesamt sieben Gründer von Welcome Dinner München. Das Stipendienprogramm der Bayerischen Eliteakademie, dem alle sieben Studenten angehören, hat ihnen die Aufgabe gestellt, ein Projekt mit sozialem Mehrwert ins Leben zu rufen. Als im vergangenen Sommer der Flüchtlingsstrom kein Ende nahm, entschieden sie sich dafür, das Projekt „Welcome Dinner“ aus Hamburg nach München zu holen. Gastgeber laden bei dieser Aktion Flüchtlinge zum Essen ein.

SZ: Das Projekt funktioniert auf Vertrauensbasis. Wie schwer ist es, an die Menschen heranzukommen?
Felix Homma: Direkt in der Flüchtlingsunterkunft erleben wir eigentlich nur positives Feedback. Die meisten freuen sich, dass es Interesse an ihnen gibt. Der einzige Kritikpunkt, den wir bekommen, ist, dass die Zuverlässigkeit nicht sehr hoch ist.

Auf Seiten der Gäste oder der Gastgeber?
Leider vermehrt auf der Flüchtlingsseite. Das liegt aber zum einen daran, dass sie manchmal den Standort wechseln. Manchmal liegen ein bis zwei Monate zwischen der Kontaktaufnahme und dem Matching. Das ist sicher auch ein Fehler unserer Seite, daran arbeiten wir momentan. Vertrauen ist weniger das Problem, eher die Zuverlässigkeit. So scheint es zumindest zu sein.

Woran liegt es, dass so viel Zeit zwischen Kontaktaufnahme und einem „Matching“, also der Einladung liegt?
Das Interesse der Münchner ist recht hoch, den Engpass haben wir gerade eher bei Gästen. Hätte ich anfangs persönlich auch nicht gedacht. Wir müssen ja auch die passenden Gäste finden.
Passende Gäste?
Prinzipiell kann bei uns jeder mitmachen. Wenn der Wunsch kommt, dass die Gastgeber gerne eine Familie mit ein bis zwei Kindern als Gast hätten, ist das für uns ein bisschen schwerer zu organisieren. Auch wechseln öfter die Telefonnummern. Dann müssen wir erst wieder neue Gäste finden. Außerdem sind die meisten Gastgeber auch berufstätig, sprich: Die haben nur wenige freie Termine. Und Sprachkenntnisse sind natürlich auch ein Riesending.

Können viele Flüchtlinge aufgrund fehlender Sprachkenntnisse das Angebot gar nicht wahrnehmen?
Das kommt auf die Herkunftsländer an. Viele afrikanische Flüchtlinge können ziemlich gut Englisch. Deutsch können auch einige, zumindest ein bisschen. Viele sprechen aber bis jetzt nur Arabisch. Die fallen momentan raus. Es geht ja auch darum, dass eine Kommunikation möglich ist.

Habt ihr oder eure Gäste auch mal schlechte Erfahrungen gemacht?
Ist uns nichts bekannt.

Merkt ihr, dass weniger Flüchtlinge nach München kommen?
Flüchtlinge gibt es genug in München. Allerdings sind einige wichtige Ansprechpartner weggefallen. Dadurch ist ein Ungleichgewicht entstanden. Es gibt also nicht zu wenig Flüchtlinge, sondern nur momentan mehr Gastgeber-Anfragen.

Wer sind die Gastgeber?
Es sind einige Studenten dabei, aber auch junge Familien und ältere Ehepaare. Aber wir hatten auch schon zwei Frauen, die über 50 waren. Es ist also recht gemischt.

Gibt es Gastgeber, die wiederholt Flüchtlinge einladen?
Die Gastgeberin eines Abendessens, das kürzlich stattgefunden hat, meinte, sie freut sich auf Abende mit genau der Gruppe. Wir hatten aber auch schon Anfragen von Personen, die grundsätzlich sagen, sie würden gerne regelmäßig Abendessen ausrichten – auch gerne mit unterschiedlichen Gruppen.

Mittlerweile gibt es aber schon andere Essensprojekte – war es für euer Stipendium entscheidend, dass es sich um etwas komplett Neues handelt?
Man sollte mit seinem Projekt auf jeden Fall was erreichen können. Zu dem Zeitpunkt gab es nur die Abendesser-Connection in München, die haben sich aber darauf spezialisiert, interkulturelle Abendessen zu veranstalten. Das Thema Flüchtlinge haben wir bei denen nicht gefunden. Die Frage hat sich zum damaligen Zeitpunkt also so nicht gestellt. Ich sehe da aber auch jetzt kein Problem. Wenn es drei verschiedene Projekte gibt und dadurch dreimal so viele Abendessen stattfinden, ist das meiner Meinung nach eine super Sache.

Von: Jacqueline Lang

Foto: Lukas Barth

Das geheime Dinner

image

Antonia Simm, 25, und Laura Veronesi, 27, laden regelmäßig zum „Futterneid“. Was serviert wird, erfährt man erst am Abend. Auch wo es das Überraschungsmenü gibt, wird den 25 Gästen erst kurz vorher mitgeteilt. Das erinnert an die Reihe “Hauskonzerte”, nur geht es hier nicht um Mucke, sondern Mangiare.

Von Elisabeth Kagermeier

Gläserklirren und Tellerklappern? Hier im Wald? Zwischen den Bäumen schimmert das Licht einer kleinen Waldhütte hindurch. In der gemütlichen Stube in der Nähe von Schäftlarn tanzen Schatten im Kerzenlicht über das helle Holz der Einrichtung, die große Tafel wirkt wie für das Treffen einer besonders großen Familie gedeckt. Abgesehen von den Geräuschen, die 25 Leute eben machen, wenn sie zusammen an einem Tisch sitzen, ist es vollkommen ruhig. „Das ist immer der schönste Moment“, erzählt Antonia Simm, 25, und lächelt. „Wenn man das Essen serviert, sind alle erst mal still und genießen. Dann wissen wir: Wir haben es geschafft.“ 

Abgesehen von diesem Moment sind die Abende der beiden Hobbyköchinnen Antonia Simm und Laura Veronesi, 27, alles andere als eine ruhige Angelegenheit. Das Duo nennt sich „Futterneid“. Ihre
Dinner-Abende erinnern ein wenig an die mittlerweile sehr bekannte Reihe Münchner „Hauskonzerte“. Das heißt: wechselnde, oft ungewöhnliche und geheim gehaltene Orte sowie eine Handvoll Menschen, die über soziale Medien von der Veranstaltung Wind bekommen und sich per E-Mail
anmelden: Nur die ersten 25 Leute können kommen. Der entscheidende Unterschied: Bei Futterneid steht Essen statt Livemusik auf dem Programm.

image

Fotos: Ann-Sophie Wanninger

Mit dem negativen Gefühl, anderen das Essen nicht zu gönnen, sollen die Dinner trotz des Namens „Futterneid“ übrigens nichts zu tun haben. „Das Schlimmste sind kleine Portionen, von denen man nicht satt wird“, sagt Laura. „Bei uns gibt es Nachschlag, bis alles leergekratzt ist!“ Im Mittelpunkt steht aber nicht Völlerei, sondern gemeinsames Erleben – das „Essen mit fremden Freunden“, wie es Laura beschreibt. Die Gäste kennen sich in der Regel zwar nicht, aber im Laufe des Abends kommt jeder mit jedem ins Gespräch. „Neben dem Ziel, den Leuten einen schönen Abend zu bereiten, wollen wir auch ein natürliches Netzwerk generieren“, erklärt Antonia.

Ihr Antrieb ist die Liebe zum Kochen.

Umsonst bekochen Laura und Antonia ihre etwa 25 Gäste trotz der freundschaftlichen Atmosphäre allerdings nicht. 50 Euro muss man für Menü und Getränke ungefähr aufbringen. „Wir werden davon nicht reich, aber das wollen wir auch nicht erreichen“, erklärt Laura, die „Futterneid“ wie Antonia nur neben ihrem Beruf in der Freizeit organisiert. Ihr Antrieb ist die Liebe zum Kochen.

image

Wenn man die beiden jungen Frauen nach dem Ursprung dieser Passion und der Idee von „Futterneid“ fragt, ist die Antwort für sie klar: „Zuerst kam die Liebe zum Essen“. Beide antworten gleichzeitig, als sie den gleichen Wortlaut bemerken, lachen sie. Die Liebe zum Kochen sei mit der Zeit entstanden, erklären sie weiter, Italien hat bei der Entdeckung dieser Liebe eine große Rolle gespielt. Laura Veronesi ist südlich der Alpen geboren und zwischen München und Großmutters Küche in der Toskana aufgewachsen. Antonia Simm, die eigentlich aus Uffing am Staffelsee kommt, hat als Kind und im Studium sechs Jahre lang in Italien gelebt und ist im Herzen
Römerin geblieben, wie sie selbst sagt.

“In Italien hat Essen einen ganz anderen Stellenwert. Da wird das einfach zelebriert, frisches Gemüse und tolle Zutaten zu haben.“ Seitdem liebt sie den Kochprozess vom Einkaufen bis zum Gericht im Ofen, wenn sich langsam der Duft in der Küche verbreitet.

image

Kennengelernt haben sich Antonia und Laura in der Schulzeit am Bertolt-Brecht-Gymnasium in Pasing, vertieft hat sich die Freundschaft während des Studiums in München. Das Band zwischen den jungen Frauen war von Beginn an das Kochen, am liebsten entwarfen sie Menüs für Freunde. Vor dreieinhalb Jahren gründeten sie ihren eigenen Catering-Kochservice. Eine kulinarische Ausbildung haben beide bis heute nicht, sie wollten ihre Leidenschaft nie zum tages-unf abendfüllenden Beruf machen.

image

„Was uns am meisten Spaß macht am Kochen, war immer die Freiheit zu machen, was uns gefällt“, begründet Laura. Deswegen gaben sie nach drei Jahren auch das Catering wieder auf. „Wir wollten dabei sein, wenn die Gäste essen und glücklich dabei sind“, erklärt Antonia. „Wir wollten das ganze Paket mitgeben, nicht nur das Essen“, sagt Laura. Die Idee zu den „Futterneid“-Events war geboren, ihren besonderen Charakter der wechselnden Locations erhielten die Dinner aber allein aus der Not heraus. „Wir hatten uns eigentlich einen Ort für unsere Veranstaltungen erträumt: eine eigene offene Küche“, erzählt Antonia.

Ein Dinner im Kunstatelier, ein Abendessen in der Schuhwerkstatt

Obwohl dieser Wunsch noch nicht in Erfüllung ging, wollten sie mit ihrer Idee nicht warten: Warum also nicht wechselnde, besondere Orte für die Dinner wählen, passend zum Trend von Wohnzimmerkonzerten und -kabarett? „Die Leute sind so gesättigt von dem Angebot, das man an jeder Ecke kriegt“, glaubt Antonia. Schon vier „Futterneid“-Veranstaltungen wie im Waldhaus in Schäftlarn haben Laura und Antonia seitdem organisiert. Ein Dinner fand im Kunstatelier zwischen Bildern und Farben statt, ihr allererstes in einer Schuhwerkstatt im Glockenbachviertel – zwischen jeder Menge Pumps und Stiefeln, aber ohne Küche am Ort. Da werden schnell die Camping-Kochplatten zum wichtigsten Accessoire des Abends.

 Bei ihren Events probieren Antonia und Laura immer mehr. Und privat? Da besinnen sich die beiden dann doch am liebsten auf das Einfache und Klassische: Ihre Lieblingsspeisen zu Hause sind Nudeln oder Spiegelei. Ganz schlicht, ganz ohne Musik, Pumps oder Waldatmosphäre.