Die Lyrik in den Lyrics

image

31 Bands haben am vergangenen Samstag beim „Sound of Munich now“-Festival der SZ ihre Songs präsentiert. Verena Simon, 24, hat ganz genau zugehört und sich einige Bands ausgeguckt. Dabei arbeitet sie nicht etwa für ein Plattenlabel – sie ist Literaturbloggerin. Und für ihr neues Projekt „sound so“ auf der Suche nach Bands mit besonders mitreißenden Songtexten.

SZ: Wie gut kennst du dich in der Münchner Musikszene aus?
Verena Simon: Ich bin privat viel auf Konzerten, weil ich die Musik einfach in meinem Leben brauche. Schon immer. Aber was die Kontakte zu den Münchner Bands angeht, die knüpfe ich erst seit ein paar Monaten. Ein paar der Bands, die beim „Sound of Munich now“ gespielt haben, habe ich vorher schon gehört. Aber eigentlich wollte ich völlig unvoreingenommen auf das Festival gehen und mich einfach umhören.

Welche Eindrücke konntest du dann beim „Sound of Munich now“-Festival sammeln?
Die Vielfalt des Programms hat mir total gut gefallen, vor allem weil ich sie auf jeder Bühne finden konnte; egal ob ich in der Hansa 39, in der Kranhalle oder im Orangehouse war. Ich habe mir vor dem Festival Musiker aufgeschrieben, die ich für meine neue Kategorie „sound so“ im Blick habe – 50/50 zum Beispiel -, bin aber auch auf weitere aufmerksam geworden – Julian Heidenreich beispielsweise. Das „Bandroulette" in der Hansa 39 fand ich toll, obwohl ich manchmal auch gerne länger gelauscht hätte. Aber das konnte ich ja dann bei den anderen Bühnen. Das „Sound of Munich now“ hat auf jeden Fall deutlich gezeigt, was München musikalisch so drauf hat und mich darin bestätigt, dass die lokalen Bands sehr interessant für mein Projekt sind und ich sie unbedingt bei „sound so“ dabei haben möchte.

Eigentlich geht es in deinem Blog schreibstation um Literatur. Wie bist du auf die Idee gekommen, ausgerechnet über Literatur zu bloggen?
Das ist eigentlich ganz einfach. Ich war während des Bachelorstudiums freie Journalistin im Kulturbereich. Dann bin ich für den Master in Buchwissenschaft: Verlagspraxis nach München gekommen und habe gemerkt, dass ich ein neues Format für mein Schreiben brauche. In meinem Blog kann ich so lange und so viel schreiben wie ich will. Meinen Blog schreibstation gibt es jetzt seit genau einem Jahr. Ich schreibe Rezensionen, ich berichte über Literaturveranstaltungen und über das, was mir sonst so in der Literaturwelt auffällt. Besonders interessiert es mich, eine Verbindung zwischen Literatur und anderen Künsten zu knüpfen.

Zwischen Literatur und Musik zum Beispiel?
Genau, deswegen gibt es jetzt auch die neue Kategorie, „sound so“, für die ich Musiker zu ihren Songtexten interviewe. Denn auch die sind Literatur.

Gab es einen konkreten Anstoß zu diesem Projekt?
Ich kam in einem Gespräch mit einer Freundin darauf, ziemlich banal. Wir haben uns darüber ausgetauscht, ob wir eher auf den Text oder die Melodie achten, wenn wir auf ein Konzert gehen oder Musik hören. Und ich höre, sicherlich auch wegen meines Literatur-Hintergrunds, wahnsinnig stark auf den Text. Ich habe deshalb auch schnell Songtexte auswendig im Kopf. Meine Freundin meinte dagegen, dass sie viel eher auf die Melodie hört. Da habe ich im Freundeskreis herumgefragt: Wie ist das eigentlich bei anderen? Die meisten haben in erster Linie die Melodie im Kopf – was jemand singt, geht unter. Und genau das ist die Idee, die hinter „sound so“ steckt: Der Songtext soll hier mal im Vordergrund stehen und nicht mehr nur irgendwie „so und so“ gehen, daher auch der Name der Kategorie.

Wie wird „sound so“ konkret aussehen?
Ich will Musiker interviewen, lokale, aber gerne auch internationale. Dabei frage ich zum Beispiel nach dem Schreiben der Songtexte oder danach, welche Bedeutung die Texte für die Musik haben. Es gibt ja zum Beispiel Bands, die ihre Texte nicht selbst schreiben. Das finde ich auch total spannend – wie fühlt sich der Musiker beim Singen, wenn er den Text nicht selbst verfasst hat? Außerdem hinterfrage ich einen Songtext im Gespräch dann genauer. Den schlage ich entweder vor oder die Musiker suchen ihn aus. Ich bin einfach gespannt, herauszufinden, was hinter den Texten steckt. Das ist natürlich teilweise subjektiv, Interpretationssache. Darin sehe ich auch eine starke Verbindung zur Lyrik.

Wann startet das Projekt denn?
Am vergangenen Sonntag hatte ich mein erstes Interview – mit Impala Ray. Den habe ich zum allerersten Mal im September im Atomic Cafe gehört und seine Musik hat mir so super gefallen, dass ich Impala Ray gleich auf meiner Liste hatte. Der erste Beitrag erscheint dementsprechend schon diese Woche. Andere Zusagen für Interviews, zum Beispiel mit der Band boy miez girl aus Augsburg, habe ich auch schon. Ich höre mich aber weiterhin viel um, weil „sound so“ eine langfristige Kategorie auf der schreibstation werden soll. Und dafür kommen mir Veranstaltungen wie „Sound of Munich now“ natürlich sehr gelegen.

Nach welchen Gesichtspunkten suchst du die Bands aus?
Ich suche mir gerade Bands raus, die mir gefallen, und schreibe sie einfach an. An sich ist mein Musikgeschmack sehr vielseitig, ich bin für vieles offen. Besonders gerne höre ich im Moment Folk-Pop. Bisher habe ich extrem coole Reaktionen von den Bands bekommen – ich glaube, für die Musiker hat es einen gewissen Reiz, einmal über die Hintergründe ihrer Songtexte zu sprechen. 

Sind die meisten Songtexte nicht unglaublich banal?
(lacht) Tatsächlich, ja! Das Lustige ist, es gibt beides: Wahnsinnig banale Lyrics, die aber auch unglaublich gut sein können. Und Songtexte, die sehr überlegt sind. Das ist ja auch das Spannende daran, sich mal bewusst hinzusetzen und genau herauszufinden, was die gerade singen. Vielleicht auch zu vergleichen, was man selbst in den Text hineininterpretiert und zu hinterfragen, was der Musiker eigentlich sagen will.

Interview: Katharina Hartinger

Verenas Blog schreibstation findet ihr unter https://schreibstation.wordpress.com/.

Mehr zum „Sound of Munich now"-Festival gibt es unter http://jungeleute.sueddeutsche.de/post/102187645601/klassentreffen zu lesen.