Der Monat ist schon wieder fast um
und er hat uns musikalisch einiges Neues gebracht, aber wir haben natürlich
auch einiges Altbekanntes gehört oder wiederentdeckt. Ob es nun britische
Folkrocker sind, Minimal-Electro Künstler oder Pop-Rock aus Bayern, auch diese
Playlist ist wieder sehr vielfältig geworden. Und Radiohead ist auch drinnen,
muss also gut sein…
Mumford & Sons – Awake my Soul
Wenn
ich dieses Lied höre, dann stehe ich wieder in der Olympiahalle und höre Mumford and
Sons: Awake my Soul heißt der wunderschöne Song. Da standen sie auf der Bühne,
das Licht gedämpft, und überall im Raum schwirrten kleine Lichter umher, die
aussahen, wie große Glühwürmchen. Zaghaft beginnt Marcus Mumford, der
Frontsänger, begleitet nur durch seine Gitarre. Dann. Stille. Und acapella:
“In these bodies we will live, in these bodies we will die. Where you
invest your love there you invest your life”. Seine Stimme vermischt sich mit denen der anderen
Bandmitglieder so gefühlvoll melodisch. Ich bin immer wieder so verzaubert von
diesem Lied. Und habe das Gefühl, das Lied hätte gerade erst angefangen, als
sie den letzten Akkord singen…
Stephanie Albinger
Parcels – Herefore
Sommer,
Sonne, meine erste Festivalentdeckung des Jahres: Parcels. Retro-Synthi-Sounds,
Funk-Rhythmen und tighter vierstimmiger Gesang präsentiert von fünf nach Berlin
ausgewanderten Australiern ergeben eine wunderbare Synthese aus Erinnerungen an
die letzten fünf Popmusik-Jahrzehnte, einem Ausblick in deren Zukunft,
Hauptstadt-Hipstertum und Down-Under-Surfer-Gelassenheit.
Katharina Würzberg
Dope
Lemon – Uptown Folks (Angus Stone)
Unter
dem neuen Pseudonym „Dope Lemon“ produziert Angus Stone neue Musik. Der Song
„Uptown Folks“ passt super zum wechselhaften Wetter diese Tage: bei
Sonnenschein läuft er nebenher und zaubert einem ein Grinsen ins Gesicht und
bei Regen treibt er einen an doch das Haus zu verlassen und an der Welt teil zu
haben.
Richard Strobl
LEA – Kennst du das
LEA- das ist eine außergewöhnliche Stimme, schöne Melodien auf Klavier, mit leichten Indie und Elektro Sounds und poetischen, deutschen Texten. Dass man deutsche Songtexte wieder hören kann, ohne Schlagerfan zu sein, haben Annenmaykantereit längst bewiesen. LEA, die Wunderstimme aus Berlin schafft in ihren Texten Tiefgang und Emotion, die berühren und weit über das gewohnte Silbermond-Weichspül-Gefühl, das einen bei deutschsprachigen Songs normalerweise automatisch ergreift, hinausgeht. Die junge Künstlerin hatte mit 15 ein Video von einem Selbstgeschriebenen Song auf Youtube veröffentlicht. Über Nacht hatte es 50.000 Klicks erreicht. Inzwischen wird sie von Fourmusic gemanaged, im Mai hatte sie ihre erste Tour und ihr erstes eigenes Album “Vakuum” erschien. Wenn LEA komponiert, ist sie wie in einem Vakuum, nur das Klavier und sie existieren noch. Sie verarbeitet dann, was sie beschäftigt und freut sich, dass sie mit ihren Liedern Menschen berührt und ihnen die Möglichkeit gibt, ihre eigenen Empfindungen hinein zu interpretieren. “Kennst du das” hat sie in Brasilien an einem Klapperklavier in einer Favela geschrieben, an dem sie Kindern das spielen beibrachte. Sie verarbeitet darin ihren Schock über die dortige Armut. Oder ist es doch nur ein schnulziges Liebeslied?
Anne Gerstenberg
M. Ward – phenomenon
Es
gibt Slowfood. Es wird mittlerweile in Großstädten zu Slow-Mobs aufgerufen. Es
ist also an der Zeit, auf die Bedeutung von Entschleunigung in der Popmusik
hinzuweisen. Wer mal richtig abhängen will, dem lege ich M. Ward ans Herz. Schön melancholisch, schön
langsam – und irgendwie auch schön aus der Zeit. Gut, sein Gesang ist irgendwie
charmant nuschelig – aber damit haben
schon ganz andere Karriere gemacht. M. Ward hingegen ist hier noch relativ
unbekannt, obwohl er gerade sein mittlerweile achtes Album vorlegt. Wird Zeit,
ein bisschen Werbung für traurige Liebeslieder zu machen – aber erst muss ich
noch ein bisschen Pause machen…
Michael Bremmer
Radiohead – Burn the Witch
Ja,
ihr habt es mittlerweile wahrscheinlich alle schon gehört. Und ja, es ist
trotzdem oder gerade deswegen von einer Liste der besten Songs im Mai auf
keinen Fall wegzudenken. Immerhin haben Fans seit fünf Jahren auf ein neues
musikalisches Lebenszeichen von Radiohead gewartet – das dann umso
überraschender kam. Über Nacht verschwanden die Internetauftritte der Band,
bevor sie sich am 3. Mai umso wirkungsvoller mit „Burn the Witch“
zurückmeldete. Wie zuletzt schon bei Beyonce und James Blake gab es kurz darauf
ihr neuntes Album „A Moon Shaped Pool“ erstmal nur im Internet über den
Eigenvertrieb. In der Single „Burn the Witch“ knöpft sie die Gruppe um Sänger
Thom Yorke das gefährliche Phänomen des Gruppendenkens vor – ein Kommentar zur
Flüchtlingskrise, sagt die Band. Schon immer haben Radiohead ein gutes Gespür
für gesellschaftliche Probleme und Trends bewiesen, sie schrieben über
Entfremdung durch die Technologisierung, politischer Apathie und Terrorismus.
Und nun: Flüchtlinge, im Video illustriert von netten Puppen, die eine
Hexenverbrennung spielen. Back to the roots ist nicht nur Motto vom Retro-Video,
sondern auch vom Klang: Zuletzt wurde Radioheads Musik immer elektronischer,
„Burn the Witch“ kommt wieder rockiger daher, kombiniert mit einem Orchester,
das Thom Yorkes zerbrechlich wirkenden Gesang untermalt. Gemeinsam mit dem
treibenden Beat hat die Single eindeutig das Zeug dazu, der nächste
Radiohead-Dauerbrenner zu werden.
Elisabeth
Kagermeier
Poldoore-But
I Do
Mit
diesem Lied wurde die belgische Plattenfirma Cold Busted auf Tom Schillebeeckx,
wie Poldoore mit bürgerlichem Namen heißt, aufmerksam. Der perfekte Mix aus
Funk, Jazz und R&B sowie die soulige Stimme der Sängerin schaffen eine
tiefentspannte Atmosphäre und macht richtig Lust auf Sommer. Genau das richtige
Lied, um mit Freunden an der Isar zu hocken, ein kühles Bier zu trinken und auf
den Sommer anzustoßen
Serafina Ferizaj
Ry X – Salt
Was
die Sonne im Mai verbockt hat, hat die Musik wieder ausgemerzt: Der
australische Sänger Ry X hat im Mai sein Debütalbum „Dawn“ veröffentlicht. Mit
dem Song „Salt“ beweist der Australier einmal mehr seine ruhige und kraftvolle
Stimme. Der stetige Gitarrensound tut sein Übriges, um den Hörer in den Bann zu
ziehen.
Barbara Forster
The KVB – In Deep
Manchmal
passen zwei Leute einfach gut zusammen, so auch The KVB. Das Duo aus UK schafft
mit minimalistischer elektronischer Produktion ihren eigenen unverkennbaren und
spannenden Sound. Privat ein Liebespaar, harmonieren Kat Day und Nicholas Wood
auch auf der Bühne so sehr, wie ich es bisher bei keiner anderen Band gesehen
habe. Mir haben sie live so gut gefallen, dass ich sie innerhalb von drei Tagen
gleich zweimal in verschiedenen Städten gesehen habe. Die beiden ziehen einen
live nicht nur durch ihre Musik unterstützt durch düster Lichtershow in den
Bann, sondern sind am Ende der Show am Merchstand auch immer für ein nettes
Pläuschchen zu haben.
Gabriella Silvestri
NOTHING — The Dead Are Dumb
Der
rumänische Philosoph Emil Cioran schrieb einst in seinem Erstlingswerk Sur les
cimes du désespoir: „Ich weiß, weswegen ich traurig bin; aber ich wüsste nicht
zu sagen, weswegen ich melancholisch bin.“ Diesen ziellosen Schmerz über den
unwiderruflichen Verlust von etwas, das ich nie besessen oder gekannt habe,
vermögen nur wenige Bands so sehr in mir zu erwecken wie die US-amerikanische
Shoegaze-Gruppe NOTHING auf ihrem neuen Album Tired of Tomorrow. Dazu tragen
vor allem die gleichermaßen wehmütig in der Ferne erschallenden als auch als
regelrechte Wall of Sound über den Zuhörer herein brechenden, stets
genretypisch mit zahlreichen Effekten und Verzerrung versehenen Gitarren sowie
der sanfte Gesang von Frontmann Domenic Palermo bei. Sehr deutlich kommt dies
vor allem im Refrain vom wunderbar getragenen „The Dead Are Dumb“ zur Geltung.
Umso weniger verwunderlich erscheint es dann auch, dass Palermo laut
Interviewaussagen mit Cioran vertraut ist.
Maxime Weber
Rihanna feat. Drake – Work
Fragt
mich nicht warum, aber im Mai hat sich Rihannas work, work, work immer wieder
bei mir eingeschlichen. Zu meiner Verteidigung: Meistens war Alkohol im Spiel.
Aber auch grandiose Tanzeinlagen unterschiedlichster Personen. Eiskoid, wie
manche sagen würden. In diesem Sinne: twerk,
twerk, twerk!
Jacqueline Lang
Carnival Youth – Never Have Enough
Zugegeben,
so ganz neu ist das Lied nicht. Aber für mich – für mich war „Never Have
Enough“ wie ein Augenöffner und ein Augenöffnen zugleich, im (zumindest
wettermäßig) unsteten Mai. Vielleicht hat jeder andere Musikfan die junge Band
aus Riga ohnehin schon auf dem Schirm und ich bin mal wieder die Letzte, die
auf das ungekünstelte und fröhliche Talent der vier jungen Männer aus einem
kleinen Land im Nordosten aufmerksam wird. Darüber denke ich aber gar nicht
nach, denn der melodische Indie-Rock inklusive Klavier, Glockenspiel und einer
sanften, erstaunlich tiefen Stimme lässt mich an grüne Wiesen und Sommerblumen
und Trägerkleidchen – und natürlich Freunde, denken, von denen man nicht genug
bekommt. Egal ob es regnet, stürmt oder schneit. Und immer denke ich dann, dass
ich das Sonnenlicht in deinen Augen schon viel zu lange vermisse.
Theresa Parstorfer
Kings & Queens – Dynamite
Dafür
dass es von Kings&Queens bisher genau einen Song gibt und sie auf dem
StuStaCulum dieses Jahr ihr Debütkonzert gegeben haben, ist die Reife und
Harmonie der Band schon beeindruckend. Klar, die vier Musiker sind alle Profis,
haben schon in unterschiedlichen Bands gespielt. Aber dass die Zuschauer nach
einer Band, die sie vorher nicht kannten, zu einer Uhrzeit, die eher zu
Bierbank und chillen als zum Tanzen einlädt, so lautstark nach Zugaben fordern,
verheißt Gutes. Seit ich das Lied das erste Mal gehört habe, schwirrt es immer
wieder als Ohrwurm in meinem Kopf rum, denn es knallt – like Dynamite!