Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Hubert

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Unser Autor erlebt diese Woche eine bunte Kultur-Mischung. Auf dem Plan steht ein Besuch im MMA, die Eröffnung von The Lovelace und anerkennendes Nicken im Container Collective.

Freitag – Ich
scrolle. „Wir verlosen 3×2 Freikarten“  –
Ich scrolle weiter. „Wir verlosen Gästeliste-Plätze – zum Mitmachen einfach diesen
Post teilen oder kommentieren“. Übliche Posts in Facebook-Events. Nichts könnte
mir gerade egaler sein. Nicht, weil ich noch nie etwas gewonnen habe, sondern
weil ich mir sofort reflexhaft die überteuerten Vorverkaufskarten gesichert
habe. Schon vor Monaten. Kode9 kommt nach München. Es wäre ungerecht den
Hyperdub-Gründer einem Genre zuzuordnen, versucht er doch sich stetig neu zu
erfinden. Bassmusik fasst sein Spektrum aber recht treffend zusammen. In
irgendeinem meiner 37 offenen Tabs läuft seine Musik via Youtube-Autoplay. Ich
stelle mir vor, wie er zehn Jahre später in einem Interview von seinem
legendären Auftritt in München erzählt, von Jungs in weißen Hemden und in der
tobenden Meute eingequetschten Damen in Highheels.

Der Griff nach dem weißen Hemd scheint am Samstag schon nachvollziehbarer. In inszenierter Hotel-Umgebung feiert
The Lovelace“ sein „Grand Opening“. Meinen Beinen ist nach gestern nicht mehr
nach Hüpfen. Paulaner Spezi im Anschlag, ich verschwinde in einer Ecke und
verfolge das Programm: In einem halben Dutzend Räumen finden Akustik-Konzerte,
DJ-Sets, „Celebrity Ping Pong“ und Standup-Comedy statt.

Es ist Sonntag
und ich habe endlich den Kickflip auf dem Skateboard raus. Meine Beine quälen
mich. Ich schalte die Playstation 2 aus und schleppe mich zum Container
Collective. Der Skateboarding München e.V. veranstaltet heute einen „Cash For
Tricks Jam“.
Insgesamt 1000€ Preisgeld gibt es für die besten Tricks zu gewinnen.
Hier und da nicke ich den Skatern nach ihren Tricks anerkennend zu, so wie ich
es auch immer mache, wenn ich Leuten hochkonzentriert beim Schachspielen
zusehe. Ich habe keine Ahnung von Schach.

Im Kino am Isartor findet schon seit dem 6. Und noch bis zum
17. September das „Fantasy Filmfest“ statt. „Fantasy steht hier nicht für
Drachen, Feen und verwunschene Wälder, sondern für Fantasie, Innovation und
Skurrilität“. Der verzweifelte Versuch der Veranstalter nicht wie eine
Freakshow zu wirken. Stattdessen verspricht das Programm am Montag atemlose
Thriller, obskure Sci-Fi Träumereien, harte Horrorschocker und gefühlvolle
Arthausperlen. Ich stehe in einer breiten Schlange vor Kinosaal 2. Meine
Strumpfhose zwickt etwas im Schritt. Vorsichtig sehe ich mich um. Es lohnt sich
Facebook-Events gründlich durchzulesen. Ich bin der Einzige im Elfenkostüm.

Ich scrolle und scrolle. Leider weiß ich weder Dienstag noch Mittwoch etwas mit
mir anzufangen. Facebook schafft es auch nicht mich zu inspirieren. In den
vergangenen Tagen habe ich sowieso viel mehr Geld ausgegeben, als ich sollte.

Um
keinen Preis darf ich mir am Donnerstag den
Freier-Eintritt-bei-Zusage-Deal für Rant & Rave im Harry Klein durch die
Lappen gehen lassen… Mein Häkchen ist gesetzt.

Freitag. Wie
schafft das MMA es, so kontrastreiche Veranstaltungen unter ein Dach zu
bekommen? Obscure Shape ist heute gebucht. In der Youtube-Kommentarsektion wird
der Newcomer gern als „The best thing in techno at the moment“ gehandelt. Meine
Freunde treffen sich zum Vorglühen.

Ich sitze derweil schon seit einer Stunde im MMA und lausche
der Oper Carmen
. Richtig: In den selben Räumlichkeiten, in denen es gleich aus
den Lautsprechern scheppert, führe ich mir Georges Bizets Werk zu Gemüte. Im
Carmen-Ensemble spielen und singen Asylsuchende Künstler Seite an Seite mit
professionellen Opernsängerinnen und -sängern. Auch ein Chor aus
Flüchtlingskindern singt. Fang jetzt nicht an zu heulen, deine Leute wollten
jeden Moment auftauchen…

Bei jedem Versuch meine Kumpanen statt dem Vorglühen zur Oper
zu motivieren hatte ich nur Spott geerntet. „Der Elias hat ne neue Anlage, wie
kannst du dir das entgehen lassen?“ Ich frage mich, ob ich die Zeit nicht doch
mit meinen Freunden hätte verbringen sollen.

In der Halle bricht Klatschen aus. Mein Handy vibriert: „Kommen
nicht rein, Einlass-Stop“.

Auf dem Weg nach draußen antworte ich: „Wie könnt ihr euch
das entgehen lassen?“. Zwar werde ich Obscure Shape heute auch nicht mehr
spielen hören, aber die genervten Gesichter meiner Freunde heitern mich nach
dem Drama um Carmen wieder auf.

Text: Hubert Spangler

Foto: Privat