Paula hat ein Handy von anno dazumal und ein geräumiges Auto. Und Paula ist wunschlos glücklich damit. Mehr braucht sie nicht, meint sie. Wenn da nicht ihr Vater wäre, der es nicht nur gut meint, sondern auch besser weiß – oder zumindest glaubt, es besser zu wissen.
Wir sind ja alle voreingenommen. Ist doch so: Junge, gut aussehende Menschen in Cabrios dürfen nicht auf unser Mitleid hoffen. Vor allem dann nicht, wenn Papa die Kiste spendiert hat. Dabei kann es sein, dass sie Mitleid gerade in diesem Fall verdienen. So wie Paula.
Paula war einst stolze Besitzerin eines Kleinbusses, der sie auf eine Südosteuropa-Tour begleitet hatte, und eines massiven roten Handys der Marke „Unkaputtbar“. Ein Auto, geräumig genug, um drinnen zu schlafen, und ein Handy, dessen Tasten groß genug sind, um darauf zu tippen. Was für ein Leben! Was braucht man mehr? Nichts – hätte Paula gesagt. Ihrem Vater ist dann aber doch etwas eingefallen. Deshalb hat Paula jetzt ein Smartphone und ein halbes Cabrio. Ohne sie zu fragen, hat Papa ihren Telefonvertrag umgestellt. Auch nach mehreren Wochen schafft Paula es noch nicht, das Touchpad zu bedienen. Dafür hat das Smartphone bereits einen großen Sprung.
Den Verlust ihres unkaputtbaren Handys allein hätte Paula ja noch verkraftet. Viel schlimmer: Der Kleinbus ist weg. Ihr Vater hat ihn verkauft und seinen beiden Töchtern dafür ein weißes Cabrio spendiert. Ein! Weißes! Cabrio! Für zwei. Paula ist außer sich. Aber nicht vor Freude. Statt eines fahrenden Feriendomizils besitzt sie jetzt – wenn man bedenkt, dass bei einem Cabrio die obere Hälfte fehlt und ihr von der unteren wiederum nur die Hälfte gehört – nur noch ein Viertel Auto. In einem Viertel Auto bleibt kein Platz für Schlafsack und Campingkocher. Ihren geplanten Norwegen-Trip kann Paula erstmal vergessen. Ein weißes Cabrio ist für Rundfahrten durch skandinavische Wälder ungefähr so nützlich wie ein Dreirad. Und wenn sie es doch wagte, damit loszufahren und, sagen wir am Polarkreis, ein Braunbär auf dem Beifahrersitz Platz nähme, tja, dann würde sie es nicht mal schaffen, Hilfe zu rufen. Ihr Smartphone kann sie ja nicht mal bedienen, wenn sie alle Zeit der Welt hat. Arme Paula.
Ja, ja, wir alle sind voreingenommen, aber wenigstens sind wir lernfähig. Ich zumindest weiß jetzt, dass auch für Menschen in Cabrios nicht immer die Sonne scheint. Und auch Paula hat etwas gelernt: Es ist keine gute Idee, Verträge in Reichweite der Eltern aufzubewahren. Insbesondere dann nicht, wenn Papa es gut meint.
Von Susanne Krause