München-Model: Verena Sedlmeier

Verena Sedlmeier hat sich die Haare schneiden lassen – für einen guten Zweck. Sie hätte ihren Modeljob verlieren können. Das war ihr aber egal.

Sie hätte ihren Job als Model verlieren können, aber das war Verena Sedlmeier, 20, egal. „Mach die Haare so kurz, wie du magst“, hat sie zu ihrem Friseur gesagt. Am Ende hatte er ihre langen braunen Haare um dreißig Zentimeter gekürzt. Die Jobaussicht war ihr in diesem Moment egal, sie wollte etwas Gutes tun.Die Haare hat sie an eine Organisation gespendet, die sich um krebskranke Kinder kümmert. 

Die Haare sind ab, auch wenn die Frisur jetzt auch nicht superkurz ist. Jetzt hofft Verena, andere Model-Jobs zu bekommen als bisher: „Ich fände es super, wenn ich anders als mit langen Haaren für Jobs gebucht werden kann, die nicht in die klassische Beauty-, sondern in eine ausgefallene Richtung gehen.“ Mit dem Modeln hat Verena im Juli begonnen, nachdem die Agenturen über Instagram auf sie aufmerksam wurden. Seitdem war sie in der Photovogue zu sehen, hatte eine Modestrecke im Fogs-Magazin und mehrere Shootings von unterschiedlichen Fotografen. Um sich auf das Modeln konzentrieren zu können, hat sich Verena nach ihrem Abitur ein Jahr Auszeit genommen, bevor sie mit ihrem BWL-Studium beginnen möchte. Doch auch wenn sie das Modeln zur Zeit als Hobby ansieht, kann sie sich vorstellen, es hauptberuflich zu machen: „Mein Traum ist es, für Dolce & Gabbana auf dem Laufsteg zu sein und viel zu reisen.“
 Von so einer Aussage darf man sich nicht täuschen lassen. Wichtig ist Verena Natürlichkeit. In ihrem Instagram-Profil lädt sie Selfies ohne Make-up hoch. Abseits des Modellebens bevorzugt sie legere Kleidung. „Mir ist es
wichtig, dass ein Mensch ehrlich und authentisch ist. Jeder Mensch ist auf
seine Art und Weise perfekt und eine Retusche ist in der Regel auch nicht notwendig.“

Foto: Stephan Rumpf

Text: Serafina Ferizaj

Zufallsstudium: Graue, nette Männer

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Eigentlich dachte
unsere Autorin, dass sie in einer Gesundheitsökonomie-Vorlesung sitzt. Aber warum fängt die Vorlesung viel zu spät an? Und wieso kommen plötzlich Männer in
grauen Anzügen in den Vorlesungsraum?

„Sind Sie schon so weit?“, fragt die Professorin mit Stick in der
Hand in meine Reihe hinein. Schnell schaue ich weg, frage mich aber, was genau
diese Frau von mir möchte und wünsche mir einfach nur, dass die
Vorlesung jetzt dann anfängt.

Es ist mittlerweile schon halb drei und immer noch reden die
Studenten bunt durcheinander. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, als ich
zwanzig Minuten vorher durch das Treppenhaus der LMU lief und mich an die
Fersen einer jungen braunhaarigen Frau heftete. Tatsächlich gab es nicht
besonders viel Auswahl, da die Studentin der einzige Mensch in diesem
Treppenhaus zu sein schien, was mich verunsicherte – gibt es überhaupt
Vorlesungen, die um 2 Uhr anfangen? Als ich meine Überlegung der Frau gegenüber in
Worte fasste, erklärte sie mir, dass es die schon gäbe. Den Namen der Vorlesung, in die sie
gehen wollte, verstand ich tatsächlich auch nach zweiter Wiederholung nicht,
irgendwas mit Wirtschaft. Ein Stockwerk höher, meinte sie noch, sei eine
Vorlesung zu Gesundheitsökonomie. Und da das irgendwie ausgefallen und
interessant klang, beschloss ich, ein Stockwerk höher zu schauen.

Gesundheitsökonomie. Ich habe tatsächlich keinerlei
Vorstellungen, was man in diesem Fach bespricht, aber das, was auf dem Beamer
zu lesen ist, habe ich definitiv nicht erwartet. Da steht irgendetwas über
Vernetzung der unterschiedlichen Bereiche der SWM. Und langsam verstehe ich
auch, wieso sich der Vorlesungsbeginn so herauszögert. Offensichtlich sollten
die Studenten sich selbst Konzepte zu diesem Thema überlegen. Die Frau ganz vorne scheint die fertigen Powerpoint-Präsentationen dann auf den Stick zu
ziehen und vermutlich müssen die Studenten ihre Konzepte daraufhin vorstellen. Als
dann auch noch Männer mit Anzug in den Raum kommen, vermute ich, dass sie von
der SWM sind und sich die Konzepte anhören wollen. Meine Vermutungen
bewahrheiten sich nach weiteren fünf Minuten, in denen die Frau die letzten
Präsentationen einsammelt.

Nur verwirrt mich noch ein wenig, was das alles mit Gesundheitsökonomie zu tun haben soll.
Doch auch dieses Rätsel lüftet sich, als ich am Ende der Vorlesung meinen
Banknachbarn anspreche und erfrage, in was für einer Vorlesung ich eigentlich
sitze. „BWL“, erklärt der mir entgegen meiner Erwartung, und dass heute der Schwerpunkt Marketing ist und
sie im Moment praxisbezogene Vorlesungen haben, „nächste Woche ist dann
BMW dran“. Ziemlich cool und spannend, denke ich mir.

Und so sind auch die Vorträge der Studenten ziemlich
interessant: Das erste Konzept wird von den SWM-Menschen auch gleich mit dem
Satz: „So machen wir’s, danke für die Anregung“ sehr positiv angenommen. Die Gruppe will ein Punktekonto für alle Dienstleistungen der SWM, also MVG, Strom,
Bäder etc. einrichten, auf dem der Kunde bei Nutzung der Leistungen Punkte
sammeln und dafür Prämien oder die Möglichkeit zu spenden erhalten soll. Die Gruppe hat sogar schon einen Finanzplan und ein
sehr durchdachtes Werbekonzept entwickelt.

Vorschläge anderer
Gruppen werden dagegen kritischer aufgenommen, nicht jedes Konzept ist schon so
gut ausgearbeitet. Andere Ideen sind zum Beispiel Kombitickets für
MVG und Bädereintritt, SmartHome-Software, eine ganzheitliche Abrechnung aller
Leistungen am Ende des Monats oder eine SWM-Kundenkarte, über die man monatliche
Gesamtpakete buchen kann.

Am Ende fragt mich mein Banknachbar, ob ich jetzt gerne BWL
studieren möchte. Eine Zeitlang denke ich über diese Frage nach und komme
zu dem Schluss, dass BWL wohl tatsächlich auch ganz spannend und weniger
trocken sein könnte, als ich dachte.


Text: Mariam Chollet

Foto: Lukas Haas

Wissen für alle

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Sebastian Waic, 24, will dem Projekt “JUMS” hochwertige BWL-Abschlussarbeiten, die bisher in den Ablagen der Unis gelandet sind, publik machen.

Egal ob Bachelor-, Master- oder Diplomarbeit, eines haben all diese Abschlussarbeiten gemeinsam: In jede wurde viel Zeit und Mühe investiert. Die Abschlussarbeit krönt und beendet das Studium zugleich. Und doch landen all diese Werke letztlich in den Ablagen der Universitäten.

Allein im Fach Betriebswirtschaftslehre werden jährlich etwa 100 000 Abschlussarbeiten in Deutschland, Österreich und der Schweiz geschrieben. „Selbst wenn man nur ein Prozent der Arbeiten veröffentlichen würde, wären das bereits 1000 Arbeiten, deren Wissen es sich lohnt, für die Gesellschaft zugänglich zu machen“, sagt Sebastian Waic, 24, Mitgründer von Junior Management Sciene GbR (JUMS).

JUMS ist ein gemeinnütziges Projekt, das es sich zum Ziel setzt, die wissenschaftlich wertvollsten BWL-Arbeiten ausfindig zu machen und diese in dem eigens gegründeten Journal zu publizieren. Damit sollen die besten BWL-Arbeiten weltweit frei zugänglich gemacht und entsprechend gewürdigt werden.

Gegründet wurde das Projekt von den Professoren Dominik van Aaken und David Florysiak sowie dem BWL-Masterstudenten Sebastian Waic an der LMU in München. Die ursprüngliche Idee für das Projekt stammte von van Aaken, ehemaliger Seminarleiter von Waic, der in ihm das Potenzial eines möglichen Mitbegründers sah. „Ich war öfter mit meinen Projekten neben der Uni beschäftigt, als dass ich mich regelmäßig dort blicken ließ“, sagt Sebastian, 24. Genau dieses Engagement für Projekte neben den Vorlesungen und Seminaren machte offensichtlich Eindruck. Als ehemaliger Stipendiaten-Sprecher der Konrad-Adenauer-Stiftung setzte sich Sebastian zusammen mit einem Team von Studenten ehrenamtlich für Projekte ein. Auch in der Jungen Union ist er schon lange ein aktives Mitglied. Nach erfolgreichem Bachelorabschluss gründete Sebastian ein gemeinschaftliches Gastro-Projekt in seiner Heimat, der Pfalz.

Jetzt investiert Sebastian viel Zeit und Mühe in JUMS. „Wir möchten herausragende studentische Leistungen auf dem gesamten Gebiet der Betriebswirtschaftslehre identifizieren und würdigen“, erklärt Sebastian.

Unter www.jums.academy können Studenten ihre fertigen Abschlussarbeiten kostenlos einreichen. Zulässig sind dabei Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten aus allen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre, die in englischer oder deutscher Sprache verfasst wurden und aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz stammen. Ehe der Bewertungsprozess beginnt, werden die Arbeiten von den beiden Gründer-Professoren vorab geprüft und im besten Fall für das weitere Verfahren zugelassen. Durch das sogenannte double-blind-review-Verfahren – ohne dass Name oder Hochschule des jeweiligen Autors genannt werden – begutachten im nächsten Schritt zwei Wissenschaftler die Arbeit nach wissenschaftlichen Qualitätsstandards. Nur wenn beide eine Empfehlung zur Publikation aussprechen, wird diese im JUMS-Journal veröffentlicht.

Bisher erschien das Journal zweimal – beide Ausgaben im Jahr 2016, im Abstand von sechs Monaten. Etwa 50 Abschlussarbeiten wurden pro Ausgabe eingereicht, die sechs besten wurden gekürt. Die Abschlussarbeiten des JUMS-Journal umfassen ein breites BWL-Spektrum – unter den Beiträgen finden sich Abschlussarbeiten, die sich mit Marketing, Unternehmensrechnung, Organisation und Unternehmensethik befassen. Ziel ist es auch weiterhin, die gesamte Vielfalt der BWL in den Journal-Ausgaben widerzuspiegeln. „Man kann sich JUMS vorstellen wie früher das Jugend-forscht-Projekt an der Schule – nur eben auf dem next level für Studenten an den Hochschulen“, erklärt Sebastian.

Dem 24-Jährigen sowie seinen Co-Foundern geht es bei diesem Projekt vor allem darum, Studenten die Möglichkeit zu geben, sich im wissenschaftlichen Diskurs einzubringen, und dieses Wissen für die Gesellschaft zugänglich zu machen. Dabei diene Junior Management Science mehreren gesellschaftlichen Gruppen, sagt Sebastian. Wissenschaftler erhalten einen Einblick in aktuelle Themenstellungen und Methoden, die von Absolventen anderer Hochschulen erforscht werden. Unternehmen erhalten Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen. Studenten, die ihre Abschlussarbeit noch vor sich haben, bekommen einen hochschulunabhängigen Überblick zu den Anforderungen hervorragender Abschlussarbeiten und erhalten den Anreiz, ebenfalls eine sehr gute Abschlussarbeit zu schreiben. JUMS habe es sich zum Ziel gesetzt, engagierte und leistungsbereite Nachwuchswissenschaftler zu entdecken und zu fördern, sagt Sebastian. Dies geschieht nicht zuletzt durch die regelmäßig erscheinende Interviewreihe „JUMS.trifft“.

Ob Sebastian seine eigene Bachelorarbeit auch einreichen wird? „Ja, schon, das habe ich auf jeden Fall vor, aber noch nicht gleich jetzt am Anfang“, sagt er und lacht. „Und wenn sie nicht zu den besten zählt, dann erfährt es auch niemand.“

Das Projekt stehe erst am Anfang, sagt Sebastian. Das Journal und die Homepage www.jums.academy sollen mittelfristig zu einer Plattform für eine virtuelle Akademie erweitert werden. Langfristig sollen eigene, hochschulübergreifende JUMS-Akademien zu wissenschaftlichem Arbeiten angeboten werden. Dies soll im Einklang mit dem Bestreben stehen, exzellente Forschungsergebnisse bereits bei Abschlussarbeiten zu fördern. In Zukunft soll sich das Projekt über Fördermittel von Stiftungen finanzieren.

Die Idee von JUMS scheint zu greifen. Die Zahl der eingereichten Arbeiten steigt, die Infrastruktur breitet sich aus und auch auf „google scholar“ sind die veröffentlichten Arbeiten durch das „Open-Access-Verfahren“ bereits zu finden.

Trotz der Erfolgserlebnisse versucht Sebastian nicht abzuheben. Nach den Semesterprüfungen geht es erst einmal für kurze Zeit zurück in die Heimat. Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, denn bei einem Glas Pfälzer Wein lässt es sich bestens über bisherige, aber auch zukünftige Projekte nachdenken.

Text: Laura Schurer

Foto: Robert Haas

Haus gegen Dose

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Bestes Geschäftskonzept aller Zeiten? BWL-Student Philipp Christov (Foto: Schiwani Kakor) möchte mit Tauschgeschäften Reichtum anhäufen. Nicht für sich. Am Ende der Kette steht ein Eigenheim für Flüchtlinge – wenn er es schafft.

Von Theresa Parstorfer

Mit einem Dosentelefon fing alles an. Philipp Christov ist 23 Jahre alt, studiert in München im fünften Semester BWL, hat dunkles, perfekt gestyltes Haar und trägt ein sehr schickes, weißes Hemd. Der Kragen seiner schwarzen Jacke ist allerdings falsch herum eingeschlagen und wenn er lacht, wirkt er ein wenig wie ein kleiner Junge, der von einem Streich erzählt. Aus seiner Jacke holt er zwei Dosen, die mit einer Schnur verbunden sind. „Das hatte ich damals daheim, als mir die Idee kam, Sachen zu tauschen.“

Damals, das war im April dieses Jahres, und die Idee, Sachen zu tauschen, entstand, weil Philipp ausprobieren wollte, ob das „beste Geschäftskonzept aller Zeiten“ tatsächlich funktioniert. Ein beliebiger Gegenstand, eine beliebige Dienstleistung oder sogar eine Lizenz wird gegen irgendetwas anderes getauscht. Etwas von höherem Wert, im besten Falle. 

Diese Idee ist nicht neu. Auch Philipp kannte die Geschichte von Kyle MacDonald, einem 25-jährigen Kanadier, der, angefangen bei einer überdimensionalen roten Büroklammer, ein Haus im kanadischen Kipling ertauschte, in dem er jetzt mit seiner Freundin lebt. Ein Jahr und 14 Tauschgeschäfte hat er dazu benötigt. Das Konzept, das derzeit in Form von MacDonalds Buch „One Red Paper Clip“ um die Welt geht, wurde auch in Deutschland schon kopiert. Der Student Max Raschke aus Osnabrück beispielsweise besitzt mittlerweile ein Cabrio.

Eine Eigentumswohnung in München für sich selbst hatte Philipp sich noch vor dem eigentlichen Projektstart einmal als Ziel gesetzt. Aber dann sei ihm aufgefallen, wie gut es ihm eigentlich geht und wie wenig er eine eigene Wohnung wirklich brauchen würde. „Ich meine, ich kann in irgendein Café gehen und mir was bestellen. Ich lege einen Geldschein aus Papier auf den Tisch und gut. Das kann sich nicht jeder leisten.“ 

Vielleicht wurde dieser altruistische Sinneswandel durch die Erzählungen eines Syrers beeinflusst, den Philipp während eines Sprachkurses in Bulgarien kennengelernt hatte. „Der hat mir Geschichten erzählt, die will man nicht hören“, sagt Philipp und blickt nachdenklich auf seine Hände, „da würde ich schon gerne helfen. Aber das geht eigentlich nur effektiv, wenn man wirklich viel Geld hat. Und das habe ich nicht.“ 

Dietmar Hopp sei sein Vorbild, sagt er. Der 1940 in Heidelberg geborene Unternehmer gilt als einer der reichsten Deutschen, und seine Stiftung unterstützt gemeinnützige Projekte vor allem in der Rhein-Neckar-Region. Philipp stammt aus Walldorf, einer kleinen Stadt in der Nähe von Heidelberg, und die Menschen dort hätten sehr von Dietmar Hopps Unterstützung profitiert. Neben Philipps Realschule gab es eine soziale Einrichtung der Stiftung „Anpfiff Leben“. Mit 17 Jahren hatte Philipp sogar einen Brief an Hopp geschrieben. Mit der Frage, wie man denn so erfolgreich werden könnte. „Ich war damals noch sehr jung, aber ich wollte die Gesellschaft irgendwie effizienter und smarter machen“, sagt Philipp. Auch wenn er sich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern kann, weiß er noch, dass Hopps Antwort „sehr nett und persönlich“ war und lange Zeit als Motivation in Philipps Kinderzimmer hing.

Wenn Philipp sagt „ich wäre gerne erfolgreich“, dann klingt das nicht nach Münchner BWL-Student, der von Manager-Boni träumt, sondern einfach wie die objektive Erkenntnis des Zusammenhangs zwischen Geld und den Möglichkeiten, die es eröffnet. Er hätte gerne das Geld, um Dinge bewegen und zum Besseren verändern zu können. Aber dieses Geld hat er nicht.

Allerdings ein Dosentelefon, das hatte er. Damals im April. Oder besser: die Zutaten für ein Dosentelefon – zwei leere Dosen von den Kidneybohnen für das Chili vor ein paar Tagen und eine Schnur. Und dann noch den Mut und die Freude am Experimentieren, einfach auf die Straße zu gehen, und zu versuchen, dieses selbst gebastelte Kommunikationsmittel an den Mann oder die Frau zu bringen. Das hat er auch geschafft. Einen Friseurgutschein im Wert von 95 Euro hat er schon getauscht und wieder vertauscht. Mittlerweile befindet sich der Tauschwert bei 800 Euro, in Form eines handgefertigten, individualisierbaren Rucksacks.

Am Ende der Kette steht jetzt ein Haus für Flüchtlinge. Das wäre der „Traum“, sagt Philipp. „Ziel“ möchte er nicht sagen, weil das „gleich so fest“ klinge. Aber das Aufregende an seinem Tauschprojekt sei das Unvorhersehbare, das Abenteuerliche. Und hier ist er auch wieder der kleine Junge, der gerne spielt. Streiche, aber auch ein bisschen Theater. „Ich finde es super, die Reaktionen der Leute auszutesten, wenn sie auf der Straße einfach so angequatscht werden und ihnen ein Baby-Gipsabdruck-Set zum Tausch angeboten wird. Ich habe da auch keine Scheu.“

Dass er mit seinem Dosentelefon
keinen Krieg beenden wird,
ist Philipp bewusst

Seiner Familie hat er noch gar nichts von seinem Projekt erzählt. „Ich habe immer so viele Ideen. Das wissen die schon. Aber ich will diesmal nichts erzählen, bevor ich nicht wirklich etwas erreicht habe. Ich will nicht, dass es nur eine Idee bleibt“, sagt Philipp und ist auf einmal sehr ernst und sehr ruhig.
Deshalb geht er das Ganze auch sehr professionell an. Das, was er in seinem Studium lernt, hilft ihm dabei. „Der knallharte BWLer“ in ihm würde manchmal schon gerne die Zufälligkeit seines Vorhabens berechnen und vorhersagen. „Ich schreibe sehr gerne Excel-Tabellen und Listen.“ Er lacht nach diesem Satz. Schelmisch.

Auch die Vermarktung beziehungsweise das Finden neuer, potenzieller Tauschpartner will er mittlerweile nicht mehr dem Schicksal oder seiner Überzeugungskraft auf der Straße überlassen, denn es vergeht kein Tag, an dem er nicht darüber nachdenkt, wie er schneller und besser vorankommen könnte.

Facebook hat er persönlich zwar lange Zeit nicht genutzt, aber jetzt, für sein Projekt, hat er wieder einen Account und eine Seite (www.facebook.com/dasdosentelefon) erstellt. Dort wird man auf seinen Blog weitergeleitet und kann sich über den Tausch-Stand informieren. „Hochtauschen gegen Krieg“, ist der Titel. Philipp erzählt dort die Geschichte seines Telefons und ruft dazu auf, ihn bei seiner Tauschjagd nach dem Haus zu unterstützen.
„Ich denke nicht mehr nur von vorne nach hinten, sondern frage mich auch schon, was Immobilienbesitzer so gerne besitzen würden, dass sie dafür eines ihrer Häuser hergeben würden“, erklärt Philipp. Gefragt habe er schon einen und der habe von seiner Leidenschaft für Aston Martin-Autos berichtet. Also wird Philipp wohl bald bei Aston Martin vorbeischauen und fragen, ob man sich dort auf einen Tausch einlassen würde.

Philipp kann sich keinen Tauschbesitz vorstellen, mit dem es nicht weitergehen könnte. Die „Notlösung“, sollte tatsächlich gar kein Tausch mehr zustande kommen, wäre, den Gegenstand zu verkaufen und den Erlös zu spenden. Dass er mit seinem Dosentelefon keinen Krieg beenden wird, wie der Name seines Blogs kühn verkündet, ist Philipp bewusst. Aber einen kleinen Beitrag dazu möchte er leisten.

Weitere Infos: https://www.facebook.com/dasdosentelefon?fref=ts

Foto: Schiwani Kakor