Mensch Maschine

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Der Münchner Georgi Gialamas ist bulgarischer Beatbox-Meister. So unterstützt er beispielsweise auch die Musikerin Sarah Sophie, deren melancholische Popmelodien er mit seiner Stimme untermalt.

Rammon (Foto: Jenny Stern) klingt nicht wie ein Mensch. Die Töne, die er gerade mit seinem Mund produziert, wirken eher wie die eines Computers. „Das war jetzt ein Technosound, für den habe ich sehr lange gebraucht“, sagt er. Der 23-Jährige hat vor knapp zehn Jahren das Beatboxen für sich entdeckt.
Angefangen hat er damit in seinem Heimatland Bulgarien, wo er bereits die
nationale Meisterschaft gewonnen hat. Aus dieser Zeit stammt auch sein
Künstlername Rammon, eigentlich heißt er Georgi Gialamas. Das Beatboxen hat
dort eine weitaus größere Bedeutung als in Deutschland. Trotz der aktiven Szene
in seinem Heimatland kam Rammon vor vier Jahren nach München, um Psychologie zu
studieren. Aus der Münchner Beatbox-Szene ist er mittlerweile kaum mehr
wegzudenken.

Wenn der Künstler, der oft eine gestreifte Wollmütze trägt,
die Beatbox macht, wirkt das sehr souverän. An rhythmische Grundtöne reihen
sich in schneller Folge Klick- und Schnalzlaute, ein Zischen oder Rasseln. Bei
der Erzeugung der Geräusche spielt die Koordination und Kombination der
Zungen-, Wangen-, Kiefer- und Halsmuskulatur eine entscheidende Rolle. Die
meisten Töne entstehen beim Ausatmen, eine kontrollierte und gut trainierte Atmung
ist deshalb unerlässlich. Auch bei Rammon stecken hinter dieser ausgefeilten
Technik jahrelange Übung und Ausdauer. „Anfangs klang es einfach grauenvoll“,
gesteht er schmunzelnd ein. Drei bis vier Wochen habe er benötigt, um den
ersten passablen Ton hervorzubringen. „Von da an ging es richtig los.“
Regelmäßig nimmt er an „Battles“ teil, bei denen Beatboxer gegeneinander
antreten. Innerhalb eines festgelegten Zeitlimits müssen die Teilnehmer ihr
Können vor einer Jury und dem Publikum unter Beweis stellen. Dabei geht es
nicht mehr ausschließlich darum, Geräusche oder Instrumente zu imitieren,
sondern auch, den Gegner zu übertrumpfen. Rammon bereitet sich zwar auf solche
Wettbewerbe vor, improvisiert aber auch: „Du musst wissen, wo deine Stärken und
vor allem Grenzen liegen. Du kannst dich dementsprechend vorbereiten. Manchmal
muss man aber einfach auf den anderen reagieren.“ Wenn ein Gegner zum Beispiel
eine Trompete imitiert, muss man diesen Ton aufnehmen, aber eben um einiges
besser. Durch das Prinzip von Aktion-Reaktion entsteht dann wahrlich ein
einzigartiges Gespräch. Die Beatboxer werden von der Jury dann vorrangig nach
Technik, Stil und musikalischer Originalität bewertet.

Neben den Battles ist Rammon auch in weitere interessante
Musikprojekte involviert. Das Wichtigste ist zurzeit sicherlich die
Zusammenarbeit mit der Singer-Songwriterin Sarah Sophie. Die beiden treten erst
seit knapp einem Jahr gemeinsam auf. Während Sarah Sophie sanfte, oft
melancholische Popmelodien singt und meist von der Gitarre begleitet wird,
übernimmt Rammon den Rhythmuspart und ersetzt mit der Beatbox das Schlagzeug.
Mal schlägt er einfache Rhythmen im Hintergrund an, mal darf er mit seinen
Solos selbst in den Vordergrund treten. Die Musik der beiden wirkt sehr
authentisch, weil der Zuschauer alles sieht, was auf der Bühne passiert, es
gibt keine elektronischen Samples oder andere versteckte Elemente.

Rammon und Sarah Sophie lernten sich im vergangenen Jahr
zufällig auf einer Veranstaltung kennen, auf der beide auftraten. Die Sängerin
war in dieser Zeit gerade auf der Suche nach einem Beatboxer – explizit keinem
Schlagzeuger – und hatte sich bereits ergebnislos in der Szene umgesehen. Von
Rammon war sie an jenem Abend so begeistert, dass sie ihm nach dem Auftritt
eine ihrer CDs geschenkt hat. Dabei lag ein Zettel, auf dem stand: „Wenn du
Lust auf ein neues Projekt hast, kannst du mich kontaktieren.“ Nach wie vor ist
sie sehr angetan von dem Beatboxer: „Im Münchner Raum ist er mit Abstand der
beste und talentierteste, der mir über den Weg gelaufen ist.“

Gute Beatboxer sind in München rar, doch für Rammon bedeutet
die „Community“ Inspiration und Antrieb: „Die Szene ist nicht besonders groß.
Doch die wenigen Beatboxer, die es gibt, sind sehr talentiert“, sagt Rammon.
Einmal in der Woche treffen sich die Jungen und Mädchen in einem Jugendzentrum
zur Jamsession, tauschen ihre neuesten Tricks aus und helfen sich gegenseitig.
Für Rammon ist das Beatboxen eine Möglichkeit, sich auszudrücken: „Das
Beatboxen macht auch einen Teil meiner Persönlichkeit aus“, sagt er. „Es ist
ein Impuls, den ich einfach nicht zurückhalten kann.“

Jenny Stern