Ein Ferienhaus in Schweden, für ganze drei Wochen. Das wäre die Alternative gewesen. Und das hat Ali sausen lassen. Sausen lassen für etwas so Unglamouröses wie einen Schrebergarten in Ostsachsen.
Dort sitzen wir mit meinen Großeltern und trinken das dritte Glas Bowle, während sich die Abendsonne in den Plattenbauten spiegelt. Vor einem Monat hat Ali gesagt, sie freue sich schon so auf Bowle, Schrebergarten und meine Großeltern. Weil das auch irgendwie zu Hause ist.
Ali und ich kommen seit Jahren jeden August hierher. Die Wohnungen, in die wir nach dem Urlaub zurückkehrten, haben mehrfach gewechselt, ebenso wie die Jungs, denen wir Gute-Nacht-SMS schicken. Nur unsere Urlaube bei meinen Großeltern haben sich nie verändert. Wir lassen uns noch immer von den Ziegen im Streichelzoo attackieren und fahren dann auf den Abenteuerspielplatz, obwohl wir längst zu groß dafür sind. Manchmal bleibt Ali in einem Gang stecken, während ich mir in den Metallröhren Arme und Beine grün und blau schlage. Die Kinder hinter uns schauen immer finsterer, weil wir den ganzen Weg blockieren. Dabei haben wir uns schon hier durchgezwängt, als die Kleinen noch im Embryonalstadium waren!
Gegen Mitternacht kehren wir aus der einzigen Studentenkneipe der Stadt in Opas Gartenlaube zurück. Ali serviert zwei Gläser Bowle – und im Bett schmieden wir Pläne für den nächsten August. Dann kriechen wir durch zu enge Röhren und trinken Cocktails. Wie jeden August. Unsere Urlaubsgestaltung werden wir wohl erst ändern, wenn die Jungs vom Abenteuerspielplatz plötzlich alt genug sind, um in der einzigen Studentenkneipe der Stadt auftauchen. Dann müssen wir uns eine neue Bar suchen. Susanne Krause
Jugend: Das bedeutet Nestflucht. Raus aus der elterlichen Einbauküche, rein ins Leben. Nur dauert es dann nicht lange, bis man sich einen Pürierstab zum Geburtstag wünscht – oder Sehnsucht nach Mamas Gulasch hat. Eine Kolumne über das Zuhause, was auch immer das sein mag. „Bei Krause zu Hause“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Beziehungsweise“.
Geboren in der östlichsten Stadt Deutschlands, aufgewachsen in der oberbayrischen Provinz: Susanne Krause musste sich schon früh damit auseinandersetzen, wo eigentlich ihre Heimat ist – etwa wenn die bayrischen Kinder wissen wollten, was sie für eine Sprache spreche und wo „dieses Hochdeutschland“ sei.