Perser in Lederhosen: Die beiden Moslems Hamed Ghahremani und Deniz Sevengül haben im Glockenbachviertel ein bayerisches Fastfood-Bistro eröffnet. Zurzeit arbeiten sie an dem bayerischen Pendant zur Döner-Box.
Seit Mitte April haben der Iraner Hamed Ghahremani, 25, und der Türke Deniz Sevengül, 24, (Foto: Stephan Rumpf) in der Müllerstraße den bayerischen Imbiss „Bazis Schlemmerkucherl“ aufgemacht. Die Wände sind mit Holzverkleidung verziert, Wiesn-Hits schallen einem entgegen – überall herrscht die heimische Farbkombination: weiß-blaue Rauten. Dann blickt man auf die Besitzer mit Hipster-Vollbart und Cap hinter dem Tresen – und wundert sich. Bei Weißwurst, Obazda und Leberkäsesemmel schließen die beiden eine Nische in der Stadt, denn ein bayerisches Fastfood-Bistro, das am Wochenende sogar bis fünf Uhr morgens geöffnet hat, gab es in München noch nicht.
SZ: Wie kommen ein Iraner und ein Türke dazu, einen bayerischen Imbiss zu eröffnen?
Hamed Ghahremani: Ich liebe bayerisches Essen. Wenn ich mit meinen Freunden essen gehe, dann gehen wir eigentlich ausschließlich bayerisch essen. Ich bin in Teheran im Iran geboren und mit zwei Jahren nach München gekommen. Aufgewachsen bin ich in Feldmoching, nach meinem Realschulabschluss habe ich eine Ausbildung zum Restaurant-Fachmann im Ratskeller gemacht. Da musste ich auch ein halbes Jahr in die Küche. Schon damals in der Ausbildung habe ich mir überlegt, selbst etwas in der Gastro aufzuziehen.
Warum einen Imbiss? Wieso hast du nicht gleich ein bayerisches Restaurant aufgemacht?
Hamed Ghahremani: Mir wurde dieser Laden hier angeboten. Die Größe, die Lage und vor allem das Publikum hat bestimmt, dass es ein Imbiss wird.
Und warum gerade bayerisches Essen? Schweinsbraten und Muslim? Geht das zusammen?
Deniz Sevengül: Ich bin Moslem und glaube an Gott, aber ich halte mich nicht an die Regeln. Ich trinke, feier – und ich esse gerne Schweinefleisch.
Hamed Ghahremani: Als wir die Location sicher hatten, bin ich die Müllerstraße hoch und runter gelaufen und habe mir angeschaut, was es da alles gibt. Nichts wäre mir fremder gewesen, als noch eine weitere Dönerbude oder einen asiatischen Imbiss aufzumachen – kein Standard-Fastfood eben. Und weil ich eben absolut gerne bayerisch esse, kam mir dieser Einfall. Wir leben in München, aber noch niemand ist hier darauf gekommen, bayerisches Fastfood zu verkaufen.
Bayerisches Fastfood. Wie darf ich mir das vorstellen?
Hamed Ghahremani: Gerade arbeiten wir an dem Pendant zur Döner-Box.
Woran?
Hamed Ghahremani: Es gibt doch für asiatisches Essen die To-go-Boxen. Und eben die Döner-Boxen. Wir wollen Blaukraut, Fleisch, Miniknödel und Bratensoße in Boxen verkaufen. Bayerisch to go. Die Miniknödel sollen so groß sein, dass man sie gleich mit einer Pommes-Gabel rausstechen kann.
Deniz Sevengül: Und wir wollen Eisbecher mit Obazda-Kugeln verkaufen. Praktisch, um es unterwegs zu essen.
Habt ihr Angst, mit eurer Idee zu scheitern?
Hamed Ghahremani: Absolut nicht! Wenn es nicht läuft, räumen wir noch mal um. Aber an dem Konzept wird das nicht liegen. Ich habe bisher nur positives Feedback bekommen. Für mich war klar, dass es schwer sein könnte, wenn ich als Migrant ein bayerisches Lokal eröffne. Ich wusste aber auch, dass es – wenn überhaupt – nur in der Müllerstraße funktionieren kann. Die Ecke hier ist speziell und die Leute offen. Die nehmen mich so an: als Perser in Lederhosen.
Gab es denn schon mal Probleme mit Rassismus?
Hamed Ghahremani: Rassismus ist so ein hartes Wort. Unterschwelligen Rassismus, würde ich sagen. Es ist mal jemand reingekommen, hat die Speisekarte gelesen und mich dann gefragt, ob es Döner gibt. Ich habe ihm dann Obazda zum Versuchen gegeben. Seitdem ist er Stammkunde.
Stefanie Witterauf