Bamesreiter Schwartz Orchestra

Das Bamesreiter Schwartz Orchestra wirkt ein bisschen wie aus einer anderen Zeit. Aber vielleicht genau deshalb begeistert das Orchester mit ihrer Musik, welches sich am Beginn der Unterhaltungsmusik, an Jazz und Swing, orientiert.

Dass Musiker in Anzügen auftreten, ist außerhalb der Klassik längst vorbei. Doch nicht nur deshalb wirkt das Bamesreiter Schwartz Orchestra ein wenig aus der Zeit gefallen. Auch der Name erinnert an ein Tanzorchester der Zwanzigerjahre, das zu Paartanz aufspielt statt zu einzelgängerischem Techno-Gewackel. Und ähnlich gesetzt geben sich auch die beiden Band-Leader und Komponisten Lukas Bamesreiter und Richard Schwartz (Foto: Philip Seybold). Dass die Band, besser: Dass das Orchester dann auch schlicht nach den beiden benannt ist, ist selbsterklärend.
Doch andererseits hat ein derartiges musikalisches Unterfangen im Jahr 2015 auch den Witz, den Inszenierungswillen und den Größenwahn, den erfolgreiche Musikprojekte derzeit brauchen. Und wenn man sich auf die Strenge einlässt, ist diese Musik die konsequenteste Ausführung des Retro-Wahns aktueller Pop-Kultur: Das Bamesreiter Schwartz Orchestra geht ganz zurück zu den Anfängen der Unterhaltungsmusik, als Jazz und Swing einen musikalischen Umbruch einleiteten. So sind die beiden Musiker, die gerade ihren Bachelor an der Münchner Musikhochschule gemacht haben, auch ganz gegenwärtig. Immerhin schreiben sie zeitgemäße Musik für 24 Musiker, die alle Anfang bis Mitte zwanzig sind. Doch die Form, die sich Lukas und Richard dafür ausgesucht haben, ist eine alte; und eine, die nicht ganz unkompliziert ist: „Finanziell ist man mit einem zeitgenössischen Orchester heutzutage eigentlich auf einem unmöglichen Posten“, erklärt Richard. Sein Kollege Lukas beschreibt den logistischen Aufwand, den es bedeutet, wenn man Orchester abseits von Strukturen der Hochschule oder des Klassik-Marktes gründen und erhalten möchte, über ein kompliziertes Gleichnis: Der direkte Weg, nach dem Studium als Musiker in einer Combo zu spielen, wäre etwa, ein Trio zu gründen. Ein großbesetztes Orchester aber ist für Lukas der größtmögliche Umweg, „aber wunderbarerweise lohnt es sich“, fügt er an.
Dass die beiden sich dort zu Hause fühlen, merkt man den Stücken jedoch an: Indie-Gitarren-Riffs treffen dabei auf eine jaulend-klagende Swing-Trompete, ein unsteter Epilog, der vom Ensemble-Einsatz nicht in Lautstärke und Drama getrieben wird, sondern in modern reduzierte, kühle Rhythmik mündet. Gerade arbeiten sie ganz pragmatisch an einem Finanzierungskonzept für ein Album und Konzerte – denn kaum ein Club kann mehr als die Anfahrtskosten für die Band, deren Mitglieder in ganz Deutschland verteilt wohnen, bezahlen. Und nebenbei schreiben die beiden gerade an der Musik für ein Ballett. Ganz als würden sie in einer anderen Zeit leben.  

Rita Argauer

Foto: Philip Seybold

Stil: Jazz / Orchester
Besetzung: Lukas Bamesreiter (Posaune, Dirigat, Komposition), Richard Schwartz (E-Gitarre, Komposition), plus Orchester
Aus: München
Seit: 2013
Internet: www.facebook.com/BamesreiterSchwartzOrchestra