Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Sandra

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Bevor unsere Autorin ihrer Heimat für einige Zeit den Rücken zuwendet, will sie noch eine ordentliche Ladung Kultur, Nachtleben und Streetfood aus München tanken. Sie besucht das Lost Weekend, geht auf ein Giesinger Straßenfest und sammelt verschiedene Eindrücke.

Der September hat begonnen und damit offiziell das Sommerende eingeläutet. Guckt man aus dem Fenster bleibt nur ein hoffnungsloser Seufzer und der Gedanke, dem zu entfliehen. Dieser Gedanke wird für mich schon bald Realität, ich verabschiede mich vorerst von meiner Heimatstadt München und werde deshalb in den nächsten Tagen noch alles mitnehmen, was geht. 

Am Freitag statte ich dem Lost Weekend, an dem ich die letzten Semester fast jeden Morgen vorbei gelaufen bin, einen Besuch ab und höre als erstes einen Landsmann meiner neuen Wahlheimat, um dann zwei Münchner Bands, nämlich Trails, die sich zuvor schon als El Rancho einen Namen gemacht haben, und Freddy Gonzalez zu lauschen.

Die Tage, die man draußen verbringen kann, sind gezählt, deshalb heißt es heute am Samstag noch einmal eine Runde durch Giesing drehen, wo das Straßenfest im Rahmen von Ois Giasing stattfindet. Schon ab 11.30 Uhr kann man hier hauptsächlich lokale Rapper oder Ragger hören. Als Schmankerl gibt es sogar einige Essensstände, wie zum Beispiel vietnamesisches Streetfood.

Als vielleicht coolster Pub im Münchner Süden bezeichnet sich der/die/das (?) Pigalle. Das muss es nun aber mit der Open Stage Night am Sonntag beweisen.

Am Montag probiere ich einen Food-Trend aus Amerika: ungebackener Teig! Zwei Münchnerinnen eröffnen heute den Teiger Pop-Up-Store im Container Collective, wo man Keksteig zum Löffeln kaufen kann. Alle, die jetzt Mamas Stimme im Ohr haben (”Von rohem Teig bekommt man Bauchschmerzen!”), können sich beruhigt zurücklehnen – der Teig wird ohne Ei gemacht und kann dadurch auch keine Salmonellen enthalten.

Wer die letzte Fotoausstellung im Cafe Kosmos verpasst hat, kann dies nun im Salon Irkutsk nachholen: Ab Dienstag werden die Bilder des Münchners Ecco Meineke der Serie “Traveller” gezeigt, die auf den Reisen quer durch Deutschland entstanden sind und andere reisende Künstler an Bahnhöfen festhält. 

Mittwoch gibt es dann noch einmal Musik passend zu meinem nächsten Zielland: Der Nord-Ire Ryan McMullan zeigt seine Songwriter-Künste und verzaubert das Publikum mit seinen Geschichten der irischen Idylle. Mein Seufzer von letzten Freitag entwickelt sich nun von hoffnungslos zu verträumt…

Zu lange kann ich jedoch nicht in meinen Gedanken schwelgen, am Donnerstag will das Event “Kleine Läden in der Nacht” den lokalen Einzelhandel fördern und bietet bis 20 Uhr Spätshopping in verschiedenen Läden an. Wer abends nicht immer nur durch die großen Ketten laufen will, ist hier genau richtig!

Der Freitag rundet dann eine etwas kuriose, aber schöne Woche ab. Zum Schluss wird es noch richtig spannend: Das Techfest vereint Hacker, Designer und Coder auf einem festival-ähnlichem Event, das auch für Nicht-Nerds interessant ist. 

Von: Sandra Will 

Foto: privat

Fremdgänger: Heiß, sehr heiß

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Über das Wetter reden ist eine der bekanntesten Smaltalkstrategien überhaupt. Darin sind wir Deutschen gut. In England scheint das eine Methode der Verarbeitung zu sein.

Schweiß bildet sich auf meiner Stirn. Ein wenig verzweifelt überlege ich mir, was ich noch ausziehen könnte, ohne völlig nackt am Schreibtisch zu sitzen. Aber so besonders viel ist da nicht mehr übrig, denn da sich die Temperaturen in Oxford seit mehr als einer Woche im 30-Grad-Bereich aufhalten, trage ich mittlerweile ausschließlich die leichtest möglichen Sommerkleider und berufe mich regelmäßig auf mein Hitze-Mantra: „Englisches Wetter rockt.“ Das wirkt nach wie vor erstaunlich gut. Denn auch wenn ich persönlich keinesfalls der enthusiastischste Hitze-Fan bin, erweist es sich als erfrischende Genugtuung, meinen Freunden in München Fotos zu schicken, von Bootsfahrten durch englische Parklandschaften im Bikini.

Während meines Bachelorstudiums in München verbrachte ich den Großteil meiner Sommer über Seminararbeiten schwitzend in gut klimatisierten Bibliotheken in der Innenstadt. Deshalb handelt es sich bei den helleren Streifen, die sich mittlerweile auf meinen Schultern zwischen leicht gebräunter Haut abzeichnen, schon um eine kleine Sensation. Vor ein paar Wochen habe ich mein Studium offiziell abgeschlossen und somit zum ersten Mal seit Jahren Zeit, mit einem Roman im Park zu sitzen, Fahrradtouren zu romantischen Palästen zu unternehmen oder mich in einer weiteren Oxford-Tradition, dem Punten (Stocherkahnfahren), zu üben.

Vor einem Jahr, bevor ich zu meinem England-Studium aufbrach, war der zweithäufigste Kommentar, gleich nach: „Oh je, das englische Essen …“, den ich mir anhören musste, ein Verweis auf das angeblich grauselige britische Wetter. Sicherlich, Stimmen munkeln, 2016/17 sei ein besonders mildes Jahr im Vereinten Königreich gewesen. Von daher könnte ich einfach nur Glück gehabt haben. Allerdings halte ich Wetterfragen im Allgemeinen für relativ und die universale Verunglimpfung des englischen Wetters für mehr als übertrieben und deshalb unangebracht. Ich verstehe meine Freunde aus Kalifornien oder Singapur, für die der Winter hier mit Sicherheit eine schockierende Umstellung dargestellt haben muss. Jedoch muss ich ausgehend von meiner deutschen Perspektive zu Bedenken geben, dass es in Oxford weder tagelange Regenfälle gibt, die Keller unter Wasser setzen, noch Schneestürme, die den öffentlichen Nahverkehr lahmlegen, wie ich es von zu Hause nur allzu gut kenne.

Interessanterweise scheinen es jedoch insbesondere Engländer selbst zu sein, die mir gegenüber ihre Frustration angesichts des Wetters aussprechen. Des Öfteren unterhalte ich mich mit meinem Mitbewohner Barney über unvorhergesehenen Sprühregen und dichte Nebelbänke. „I wish there would be more sun in England“, sagt er immer und immer wieder. Besonders für ihn freue ich mich deshalb über diesen strahlenden Sommer. Doch an einem dieser Tage finde ich Barney erschöpft auf unserer Küchen-Couch sitzen. Verzweifelt fragt er mich: „Why is it so hot?“ Zuerst bin ich aufrichtig verwirrt, aber dann fällt mir ein anderes unserer Gespräche ein, während dem er mir erklärte, dass die englische Taktik, mit dem Wetter umzugehen, genau darin bestehe, darüber zu sprechen. Vielleicht ist demnach das Sich-über-das-Wetter-Beschweren schon so etwas wie kulturelle Umgangsform und gar nicht unbedingt an die tatsächliche Grausamkeit eben jenes geknüpft. Darauf möchte ich Barney in diesem beschwerlichen Moment jedoch nicht aufmerksam machen, denn für den einzig passend erscheinenden Kommentar fällt mir keine dem englischen Höflichkeitsethos entsprechende Übersetzung ein: „Euch kann man es wohl auch nicht recht machen.“

Text: Theresa Parstorfer

Foto: Privat